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Auch unter Kuehen gibt es Zicken

Auch unter Kuehen gibt es Zicken

Titel: Auch unter Kuehen gibt es Zicken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Michalke
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verschwindet hinter schwarzgrünen Zweigen.
    Und dann geht’s bergab.
    Ich habe schon Lastwagen hier rauffahren sehen. Langholz-Sattelzüge mit 580 PS. Alles kann einem hier entgegenkommen. Der Bierfahrer zur Lauber-Hütte.
    Keine Zwischenfälle bis zur Gana-Wies’n.
    Irgendwas riecht entfernt nach Gas hier drin. Ich bremse runter. Gas. Das kann ein reines Phantasiegebilde sein, sage ich mir. Ich schalte sinnlos den Scheibenwischer auf doppelte Geschwindigkeit und fahre millimeterweise um die Kurve. Irgendwie ... gaseln tut’s schon. Aber dann bin ich eh drunten. Mooswies’n-Parkplatz.
    Ich muss kurz stehen bleiben. Kurz die Hände vom Lenkrad klauben und ausschütteln. »Guad is ganga« seufzen.
    Ha, und da kommt schon einer, von unten rauf, und biegt in die Forststraße. Ein weißer Transporter von der Telekom. Ich winke ihm. Der Fahrer sieht verwirrt aus. Zeigt auf mich oder etwas neben mir. Ich stelle das Winken sofort ein. Aber selbst nachdem er schon längst vorbei ist, macht er noch einen Wendehals. Wahrscheinlich ist irgendwas mit dem Hänger. Logisch. Das ist es. Ich reiß die Tür auf. Nachschauen, ob alles okay ist ...
    Und dann seh ich’s auch.
    Eine kleine weiße Wolke. Schwebt von hinter dem Fahrersitz hervor, über den Ganghebel, schmiegt sich für eine Sekunde an mein Knie, schwebt weiter, über das Lenkrad, und will zum Fenster raus.
    Ich kurble. Die Wolke schwebt in den schweren Talregen.
    Motor aus. Der Bus.
    »Du ...!« Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.
    »Hey, Bus! Was war’n das!?«
    Er hat nichts zu sagen.
    Ich muss mein Gesicht kühlen. Ich werde jetzt nicht anfangen, Dinge zu sehen. Ich halte meine Hände in den Regen raus und reib sie über meine Augen.
    Als die zweite weiße Wolke nach vorne schwebt. Weiß, fluffig und kompakt. Nicht diffus und neblig, nicht wie Wasser. Eher – massiver. Und sie stinkt nach Gas.
    Ich springe raus aus dem Bus und renne nach hinten. Im Motor raucht nichts. Keine verbrannten Bremsen. Die Nelly im Hänger macht »Mmmmm.«
    »Alles gut, Nelly.«
    Nass bis auf die Haut krabble ich zurück auf meinen Fahrersitz. Dort schwebt, still und selig, die zweite weiße Wolke. Jetzt sitze ich mittendrin. Ich wähle die Nummer meines Mechanikers. Ich höre Pressluftschrauber, als er abhebt.
    »Ja, hallo?«
    »Hi, Tom. Ich hock im Bus.«
    »Jaa?«
    »Is des g’fährlich wenn a weiße Wolke an mir vorbeischwebt?«
    »Welche Art Wolke?«
    »Schaut fluffig aus. Und stinkt nach Gas.«
    Tom geht weg von den Pressluftschraubern. Ich höre, wie er seine gläserne Bürotür aufmacht, durchgeht und hinter sich wieder schließt.
    »Sog amoi ...«
    Ich sehe im Rückspiegel, wie ich trotzig den Mund verziehe. Ich will keine Fragen. Ich will auch keine Antwort, außer sie lautet: Nein, das macht gar nix. Weiße Wolken im Fahrgastraum sind mitunter völlig normal. Fahr einfach zu.
    »Sog amoi ... wos schmeißt’n du ei, bevor du in dieses Auto steigst?«
    »...«
    Andererseits ist das nicht die schlechteste aller möglichen Antworten.
    »Nix. Is des jetz’ g’fährlich oder ned?«
    »Naa.«
    »Sehr gut«, sage ich und starte den Motor.
    »Wenn was is, rufst’ halt nomoi o.«
    »Yep. Danke.«
    »Jederzeit.« Bevor er auflegt, höre ich wieder die Pressluftschrauber.
    Um Punkt neun Uhr rollen wir bei meiner Tante in den Hof. Wie bestellt.
    Meine Tante nimmt mich gleich in den Arm. »Bist froh, dass d’ da bist, ha?«
    Ich bleibe für einen kurzen Schnaufer an ihr dran gelehnt. Ah. Ja. Froh. Die Nelly ist auch froh.
    » MMMH .«
    Mein Onkel sieht den Hänger und sagt nur: »Hoi.«
    »Gell.«
    »Tua’s glei nei, ganz hint’ neben der roten Kuah.«
    Ich nicke und binde Nellys Halfterstrick los. Mein Onkel lässt anerkennend die Ladeklappe runterschweben. Die Nelly tappst ins Freie, so gut sie kann, nimmt einen Schnapper voll Luft und brüllt: » MMMMUUUHHH !«

    So ist die Nelly also ins Flachland gezogen.
    Die Gaswolken im Bus waren übrigens keine Einbildung. Die Versorgungsbatterie unterm Fahrersitz ist durchgebrannt. Tom hat schweigend eine neue Batterie eingebaut. Er fliegt für drei Wochen nach Alaska. Ich sollte in der Zeit vielleicht keine weiteren Reisen planen, meint er.
    Den Hänger hab ich mit dem Dampfstrahler bearbeitet, bis kein in Fitzel Kuhkacke mehr zu finden war, und hab ihn bei Nacht und Nebel zur Mali zurückgebracht.
    Sie hat auf mich gewartet, mit Schokolade zum Frühstück auf DVD. »Is guad ganga?«
    »Ja«, hab ich gesagt.

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