Auch wir sind Deutschland: Ohne uns geht nicht. Ohne euch auch nicht. (German Edition)
Absichten als einfach nur Dummheit und Ignoranz. Mich gucken die Leute ja auch blöde an und trotzdem habe ich nicht das Gefühl, dass sie wollen, dass ich gehe. Außerdem kann ich auch gar nicht gehen, denn ich habe ja, wie die meisten anderen auch, um die es in dieser Integrationsdebatte geht, nur einen deutschen Pass. Wir werden nicht gehen. Wir können gar nicht mehr gehen. Deutschland ist unsere Heimat.
Auf der anderen Seite müssen aber auch wir uns verändern. Wir dürfen uns mit der Frage, ob wir gehen sollen, nicht länger beschäftigen.
Der Einwand »Die wollen doch sowieso nicht, dass wir hierbleiben« wird gerne als Alibiaussage missbraucht. Meiner Meinung nach ist das eine Ausrede. Deutschland ist, trotz aller Vorurteile, ein Land, in dem man sehr stark unterscheidet, warum man jemanden nicht hierbehalten möchte. Ist es, weil du ein Schwarzafrikaner bist? Ist es, weil du aus dem Libanon kommst? Oder ist es vielleicht, weil du Heroin verkaufst? Ich glaube, die Deutschen machen da schon einen Unterschied. Zumindest hoffe ich es. Ich kenne auch kein anderes Land, in dem die Polizei oder die Exekutive seinen Bürgern so neutral gegenübertritt, auch wenn ich irgendwann beim Bauamt saß und mir der zuständige Beamte erst mal gönnerhaft erklärte, dass sie hier alle gleich behandeln würden und es nicht an meinen Haaren oder meinem Aussehen liegen würde, wenn mein Antrag ein bisschen länger dauern würde. Ich meinte zu ihm, dass ich das voraussetze. »Soll ich mich dafür bedanken, dass Sie mich genauso behandeln wie alle anderen Deutschen hier?« Ich bin ja so arrogant, ich setze das voraus, dass wir alle gleich behandelt werden, und ich setze das auch mit Recht voraus.
Die schwarzen Schafe, die irgendwo in den Behörden, bei der Polizei oder in der Politik unterwegs sind und das anders handhaben, die gibt es genauso häufig wie die »Scheißkanaken«, die sich nicht benehmen können. Ich glaube, das hält sich die Waage.
Deutscher Hip-Hop – alles anders, alles gleich
Allgemein gibt es ja so ein Bild von Hip-Hop, vor allem vom deutschen Hip-Hop, als ob das ein Ort der Brüderlichkeit, der Toleranz und der Völkerverständigung gewesen wäre damals in den 90ern. Aktive Sozialarbeit mit Beats. Das ist ein schönes Klischee und passt auch ganz gut zum Selbstverständnis der Szene, aber die krasse Wahrheit ist, dass diese deutsche Hip-Hop-Szene gar keine Lust auf Ausländer hatte, und ich habe das schon von sehr vielen Menschen bestätigt bekommen. Falk Schacht, der Moderator von Mixery Raw Deluxe , hat mir mal klipp und klar gesagt, dass er auf Typen wie mich damals überhaupt keinen Bock hatte, und vielleicht hat er es im Grunde seines Herzens immer noch nicht. Natürlich mag er uns und er musste uns akzeptieren, so wie uns letztendlich alle akzeptieren mussten, aber es ist ja ein Unterschied, ob man sich mit etwas abfinden muss oder ob man etwas richtig gut findet. Mein Kollege MoTrip, der viel mit älteren Rappern und alten Szenegrößen zu tun hat, hat mir erzählt, dass diese Leute mich persönlich dafür verantwortlich machen, dass die ganzen »Kanaken« jetzt rappen. Und die meisten sind mir nicht unbedingt dankbar dafür.
Hip-Hop war damals aufgeteilt zwischen den Schwarzen, die das sozusagen qua Geburtsrecht machen durften, und den deutschen Mittelstandsjungs, die sich auf eine sehr ideologische Art und Weise mit der Hip-Hop-Kultur beschäftigt haben. Bei den Schwarzen war es so, dass sie den gängigen Klischees entsprechend gar nichts anderes konnten und können als: Basketball und Rap. Zumindest wird einem das immer so vermittelt. Da fällt mir ein, wie ich einmal bei einem Eishockeyspiel des Mannheimer EHC war. Ich bin ein großer Eishockeyfan und sah das Finale zwischen Mannheim und Berlin und da war ich total geschockt, dass der Torhüter von Mannheim ein Schwarzer war. Total grotesk. Das erwartet man einfach nicht, weißes Eis und schwarzer Torhüter. Schwarze spielen Basketball, machen Rap-Musik und haben einfach nicht Eishockey zu spielen, ansonsten gerät unser Weltbild ins Wanken.
Auf der anderen Seite hatten im Deutschrap die netten deutschen Jungs die Oberhand, obwohl eigentlich von Anfang an viele Ausländer dabei waren. In den Jugendhäusern waren tatsächlich zahlreiche Nationalitäten vertreten, das war lange Zeit wirklich sehr bunt und Hip-Hop war gerade im Bereich der Sozialarbeit weit verbreitet, aber die sogenannten vier Elemente DJing, Breakdance, Graffiti und Rap
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