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Auf all deinen Wegen - Lene Beckers erster Fall (Lene Becker ermittelt) (German Edition)

Auf all deinen Wegen - Lene Beckers erster Fall (Lene Becker ermittelt) (German Edition)

Titel: Auf all deinen Wegen - Lene Beckers erster Fall (Lene Becker ermittelt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Rohde
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genommen hat.«
    » Er war ein sympathischer und gut aussehender Mann. Wie ein Franzose, sagte meine Großmutter immer, hat er ausgesehen. Von ihm hast du deine blauen Augen und das dunkle Haar, da bin ich sicher.« »Und Joanne wohl auch. Wie ging es weiter?«
    » Der Mann, der vorher vier Jungen gehabt hatte, bekam mit Lona vier Mädchen: Dorothea, Elisabeth, Margarethe und Anni. Aber nehmen wir erst einmal die Geschwister von Lona, die, so wie viele Franken damals, nach Amerika gegangen waren. Zumindest ist eins klar. In unserer Familie sind wir nichts Besonderes mit unserem Sprung über den Ozean . Mit lächerlichen nicht mal vierzehn Stunden Flug.«
    » Ja, die Geschwister von Lona - was ist aus denen geworden?«, fragte Sophie.
    Brigitte , die Älteste und Vorreiterin, ist bei ihrer ersten Überfahrt in einen schrecklichen Sturm gekommen. Ihr Segelschiff hat Schiffbruch erlitten und sie musste sechs Tage warten, bis sie von einem anderen Schiff gerettet wurden. Das hat sie so geschockt, dass sie nie wieder nach Europa gekommen ist. Robert, ihr Bruder, der Braumeister war, hatte bald eine eigene Brauerei und die erste Eisfabrik – Eis zum Kühlen, nicht zum Essen – in Philadelphia. Wie in einem Film war er, der in Deutschland alles verloren hatte, ziemlich reich geworden. Es war seine Tochter Beth, die das nächste und zudem grausam berühmte Überfahrtsdrama erlebte. Beth war also die Cousine meiner Großmutter Elisabeth, die wir alle Elise nannten.
    Beth studierte ab 1913 in Deutschland in Leipzig Gesang und fuhr zwischendurch in den Ferien immer nach Amerika nach Hause. Die neuen Schiffe waren zu der Zeit viel schneller geworden, die Lusitania, ein Luxusdampfer wie die Titanic, brauchte nur noch siebeneinhalb Tage. Inzwischen war der 1. Weltkrieg ausgebrochen. Beth war aber dennoch am 1. Mai 1915 wieder in New York an Bord der Lusitania  gegangen - trotz der Warnungen des deutschen Kriegsministeriums an die USA, dass auch Passagierschiffe vor Angriffen nicht sicher seien. Man wusste dort inzwischen, dass auch Waffen und Munition als Beiladung auf Passagierschiffen den Atlantik überquerten. Am 7. Mai, kurz vor der Küste Irlands, wurde das Schiff von einem einzigen Torpedo eines deutschen U-Bootes, der dadurch traurig–berühmten U20, getroffen.
    D ie Passagiere, und mit ihnen Beth, waren gerade beim Mittagessen, als das Schiff von dem Treffer erschüttert wurde. Alles rannte an Deck, aber da folgte als Kettenreaktion eine Kesselexplosion. Zum Entsetzen aller erschütterten weitere Explosionen das Schiff und der Passagierdampfer mit zweitausend Menschen an Bord sank innerhalb von achtzehn Minuten. Denn – was nicht nur die Passagiere nicht wussten: Man vermutet heute noch, dass der ganze Laderaum bestückt war mit Munition und diese jetzt mit dem Kessel explodierte.«
    » Wie furchtbar! Der Untergang war ja noch viel schneller als bei der Titanic. Grausig! Und was wurde aus Beth?«
    » Sie überlebte, aber es hat vier Stunden gedauert, bis die ersten Rettungsschiffe kamen. Sie hatte sich an einer Planke festgeklammert und dann irgendwie hochgezogen oder wurde hinaufgezogen. Sie hat immer gesagt, ihre Musik hätte ihr das Leben gerettet. Sie hat in ihrem Inneren unentwegt gesungen, alle Arien und Lieder, die sie kannte. Und dadurch die Kraft bekommen, durchzuhalten.
    Von den fast zweitausend Menschen an Bord konnten nur achthundert gerettet werden. Besonders schrecklich war es, dass viele Kinder ertrunken sind. Das Wasser hatte nur vier Grad!
    Bis heute weiß man nicht genau, welche politischen Absichten im Verborgenen da mitgewirkt haben. Das Unglück erschütterte damals die ganze Welt und hat dem Ruf der Deutschen sehr geschadet. Es war das erste Mal, dass ein Passagierschiff angegriffen wurde.«
    » Das ist ja auch nicht zu glauben. Einfach grauenvoll. Bewundernswert, dass Beth das ausgehalten hat. Ich mag mir das gar nicht vorstellen. Aber jetzt habe ich genug von Unglücken, bevor ich Angst bekomme, dass wir abstürzen! In bester Familientradition.«
    Sprach ’s, kuschelte sich in den Sitz und war nach kurzer Zeit eingeschlafen.
    Lene sah hinüber zu ihrer Tochter. Versuchte in den im Schlaf entspannten weichen Zügen zu lesen. Wann sie wohl über Eric sprechen würde? Aber sie kannte Sophie, es würde etwas dauern. Gerade weil sie wusste, dass ihre Familie kein Vertrauen in ihn gehabt hatte. Erst in den letzten Wochen hatte sie sich anmerken lassen, dass sie in dieser Beziehung unglücklich

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