Auf all deinen Wegen - Lene Beckers erster Fall (Lene Becker ermittelt) (German Edition)
Reaktion von Marcs Eltern am Telefon verstanden. Wie schwer musste der Verdacht, ihr Sohn wäre der Täter, auf ihnen lasten.«
Sergeant Edwards hatte sie um eine Identifizierung gebeten und war mit ihnen in die Rechtsmedizin gefahren.
» Und da lag sie, Lene, die Stirn entsetzlich entstellt. Sie hatten versucht, die Stelle für uns abzudecken, aber ich habe das Tuch weggeschoben. Ich wollte mein Kind sehen, wissen, was geschehen war. Es war so ... Ihre Stimme brach. Schließlich leise: »Warum nur, Lene?«
Sam weinte jetzt bitterlich. Dann riss sie s ich zusammen.
» Ich habe noch gefragt, wieso sie uns nicht sofort benachrichtigt hatten. Aber die Antworten blieben ausweichend und unbestimmt. Sam schluchzte auf, gab den Hörer an Will weiter.
» Lene? Das Auto vor ihrer Tür war auf unseren Namen angemeldet. Die Wohnung lief auf unseren Namen. Sie hätten doch unsere Adresse ganz leicht finden können! Stattdessen erfahren wir es neun Stunden später! Die Polizei wurde am Freitag um etwa 22 Uhr benachrichtigt, wir am Sonnabend durch diesen seltsamen Anruf um 7 Uhr morgens. Verstehst du das? Was sind das nur für Menschen?«
Lene sah Bill Edwards vor sich, und es packte sie eine maß lose Wut. Dann war da noch einmal ihre Tante am Telefon.
» Frag nach ihrem Ring, Lene. Ich habe es vergessen. Den hatte ich ihr zum Examen geschenkt. O Gott.«
Lene war das Herz unendlich schwer, als sie das Gesprä ch beendeten. Will hatte noch gefragt, in welchem Hotel sie waren und war ganz enttäuscht, dass sie nicht in einem der mindestens Vier-Sterne-Hotels abgestiegen waren. Er hätte doch die Rechnung bezahlt. Aber Lene winkte ab. Es war so in Ordnung. Sophie war während des Gesprächs aus der Dusche gekommen. Stand da in ihrem Hotelbademantel, das nasse dunkle Haar tropfte auf den Fußboden und die Tränen liefen ihr das Gesicht hinunter. Sie lief zu Lene, fiel ihr in die Arme und schluchzte. Lene hielt ihre Tochter und ließ sie weinen. Tröstete sie nur mit diesen Lauten, die Mütter für ihre kleinen Kinder haben. Fühlte mit ihr, mit Sam, mit Will. Und fühlte sich leer und verloren.
Als So phies Schluchzen leiser wurde und schließlich verebbte, brachte sie sie ins Bett. Sie holte eine Dose Cola aus dem Eisschrank, schenkte sie ihr ein. Dann ein kaltes, nasses, kleines Handtuch aus dem Bad. Legte es Sophie auf die geschwollenen Augen und setzte sich zu ihr auf die Bettkante. Sophie tastete nach ihrer Hand und umschloss sie fest. »Ich bin so froh, dass wir zusammen sind«, sagte Sophie schließlich. Damit war alles gesagt und jede wusste, was gemeint war. »Versuch jetzt zu schlafen.«
Spä ter, als Lene auch in ihrem Bett lag, griff sie zu den E-Mails. Die Erste war von vor zwei Wochen.
20. Mä rz – 6:29 p.m. – p.m. also nachmittags, überlegte sie.
Hi, Soph. (Lene dachte kurz über die eigenartige Angewohnheit der Amerikaner nach, Vornamen bis zur Unkenntlichkeit abzukürzen. Oder Jungmädchenverhalten, das bis heute beibehalten wurde ?)
Nur noch drei Wochen. Ich bin so aufgeregt, wenn ich an die Hochzeit de nke. Nur gut, dass du kommst und mir die Hand hältst, wenn es zu schlimm wird.
Wir haben inzwische n 90 bis 100 Leute eingeladen. Von Marcs Familie haben allein 55 zugesagt, Verwandte und Freunde. Dad hat ja nur euch als Verwandte und noch einige von seinem Vater her aus Iowa, und Moms Familie kommt komplett. Und unsere Freunde.
Marcs Eltern sind so sw eet, I love them. Und dann natürlich John.
O dear, John kann ganz schö n nerven. Er wollte sogar mit, das Hochzeitskleid aussuchen! Tut meist so, als sei es seine Hochzeit. Dann aber hilft er uns so lieb. Man kann ihm einfach nicht böse sein. Obwohl ich Marcs Geduld oft bewundere. Heute hat er uns sogar zum Mittagessen – wir hatten nur 20 Minuten um zusammen zu essen – »überrascht « und uns die Ohren zugequatscht.
Mom ackert nur noch. Sie klingt am Telefon ganz erschö pft. Aber immer fröhlich. Dad hat wohl ein bisschen Angst vor der Hochzeit, du weißt ja, Verlust der Tochter und so. Aber wir werden ihn schon aufheitern. Ich gehe ihm doch nicht verloren!
Lene legte die Mail erst einmal weg und holte tief Luft. Doch, dachte sie, genau das ist passiert. Du bist ih nen verloren gegangen!
Dann las sie weiter.
Und du und Eric? Ich hoffe, wir können dann bald zu eurer Hochzeit kommen. Hat er noch nichts gesagt?
Bis bald deine Jo
Die nächste Mail war vom 23.März – fast Mitternacht
Hi, Soph, das ist ja so blö d, dass Eric dich
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