Auf Befehl des Koenigs
gefälligst den Mund!«, befahl der Schurke und zerrte wieder an ihrem Haar. Um sich zu rächen, stieg sie ihm kräftig auf den Fuß.
»Daniel, hol ihr Pferd«, sagte Alec.
»Die Frau soll’s holen«, schrie der Räuber, aber Daniel ignorierte ihn und ging zu Wildfeuer.
Jamie hätte schwören können, dass sie ihn fröhlich pfeifen hörte. Sie wusste, wie wenig die Schotten von den Engländern hielten, aber dieses Benehmen war einfach unglaublich. Verzweifelt bekämpfte sie ihre Angst – eine Aufgabe, die Alec ihr keineswegs erleichterte. Nur ein einziges Mal hatte er ihr einen kurzen Blick zugeworfen und sogar gelangweilt dreingeschaut. Erst seit der Bandit ein Pferd verlangte, wirkte ihr Mann ein bisschen verärgert.
Cholie hat also doch Recht, dachte sie. Pferde bedeuten den Schotten mehr als Frauen. Wäre ihr Magen nicht leer gewesen, hätte sie sich übergeben müssen. Der Kerl, in dessen Gewalt sie sich befand, stank wie ein vergessener Nachttopf. Wann immer sie Atem holte, würgte sie.
Daniel kam zurück, und Alec nahm ihm die Zügel aus der Hand. So nah wie möglich führte er Wildfeuer an seinen Gegner heran.
Was dann geschah, verwirrte Jamie dermaßen, dass sie keine Zeit fand, um darauf zu reagieren. Plötzlich flog sie durch die Luft, und während sie in Daniels Armen landete, hörte sie den Schmerzensschrei des Räubers. Sie sah, wie Alec seinem Feind dessen eigenen Dolch in den Hals stieß, und würgte wieder.
Hastig stellte Daniel sie auf die Füße. Mary rannte über die Lichtung und warf sich auf ihre Schwester. Obwohl die Gefahr gebannt war, schrie sie immer noch hysterisch. Jamie zitterte wie ein welkes Blatt im Wind, und ihre Beine drohten einzuknicken. Sie schloss die Augen und versuchte ihr Herz zu beruhigen, das wie rasend schlug. Schluchzend klammerte sich Mary an sie und presste ihr beinahe die Luft aus den Lungen.
»Jetzt kannst du die Augen aufmachen.«
Sie erkannte die Stimme ihres Mannes, und als sie gehorchte, sah sie ihn dicht vor sich stehen. Seine Augen wirkten nicht mehr so schrecklich kalt. Er lächelte sogar, und das ergab keinen Sinn. Soeben hatte er mehrere Männer getötet – mühelos, ohne mit der Wimper zu zucken. Und nun lächelte er … Sie wusste nicht, ob sie vor ihm fliehen oder ihn erdrosseln wollte.
Während sie ihren Mann anstarrte, hörte sie Daniels ärgerliche Stimme. Er befahl ihrer Schwester, endlich still zu sein, und dann spürte Jamie, wie er Marys Finger von ihr löste. Sie war zu schwach, um ihm dabei zu helfen.
»Es ist vorbei«, sagte Alec sanft.
»Vorbei?«, wiederholte sie und schaute auf den Mann, den er soeben niedergestreckt hatte. Rasch trat er zur Seite, um ihr die Sicht zu versperren, dann hob er ihren Dolch auf.
»Der gehört doch dir?« Die Furcht in ihren Augen, die ihm unvernünftig schien, verwirrte ihn.
»Ich will ihn nicht mehr. Wirf ihn weg. In meinem Ranzen habe ich noch einen.« Sie spähte an ihm vorbei auf den Räuber.
»Er ist tot, Frau. Du brauchst ihn nicht anzusehen, er kann dir nichts mehr tun.«
»Aye, er ist tot. Alec, du hast mich in die Luft geschleudert wie …«
»Wie einen Kiefernstamm?«
Sie nickte. »Und wie du ihn getötet hast – als wäre es ein Kinderspiel gewesen.«
»Wie nett, dass du das bemerkt hast …«
Ungläubig schüttelte sie den Kopf und wich vor ihm zurück.
»Du bildest dir ein, ich will dich loben? Wirf endlich den Dolch weg! Ich möchte ihn nicht mehr sehen.«
»Stört dich der Anblick?« Er verstand ihr Verhalten nicht. Vorhin hatte sie wie eine Tigerin gegen den Banditen gekämpft. Und jetzt benahm sie sich wie ein verschrecktes Kind.
»Das Blut macht mich ganz krank.« Sie war zwar daran gewöhnt, Blut zu sehen, denn sie hatte schon genug Wunden verbunden, aber nicht das Blut, das Sterbende vergossen … Doch sie fand es zu mühsam, das zu erklären. Sie stand immer noch unter der Einwirkung des Schocks, den ihr die Ereignisse versetzt hatten. Es war grausig gewesen, die ungeheure Stärke ihres Mannes zu beobachten, erleben zu müssen, dass er sie dem Banditen bereitwillig überlassen hätte. Ihre Stute bedeutete ihm tatsächlich mehr als seine Frau. Diese Erkenntnis würde monatelange Albträume verursachen.
Plötzlich nahm er sie in die Arme. »Wenn du noch einen Schritt nach hinten machst, wirst du über den Räuberhaufen stolpern.« Seltsam, wie sanft er jetzt mit ihr umging … Kraftlos lehnte sie an seiner Brust.
»Hast du es ernst gemeint, Alec?«, flüsterte
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