Auf Befehl des Königs
Eindruck auf die neue Herrin zu machen. Der Boden war gefegt und mit frischer, duftender Streu ausgelegt. Die Tische waren blank geschrubbt, und alle Anwesenden hatten sich gewaschen und Sonntagsstaat angelegt. Sogar Gavin hatte sich rasiert und sah beinahe aus wie ein englischer Edelmann, nicht wie ein wilder schottischer Krieger.
Nun harrte alles gespannt Lady Marguerites Erscheinen. Sie hatte sich zur angekündigten Essenszeit verspätet, Orrick aber wollte nachsichtig sein. Er war bereits beim zweiten Becher Wein, als sie schließlich eintrat.
Das Warten hatte sich gelohnt.
Marguerite trug ein rosafarbenes Kleid, das ihren Teint rosig schimmern ließ. Sie wirkte ausgeruht, schritt selbstbewusst zur Empore und die Stufen hinauf, bis sie vor ihrem Gemahl stand. Gebannt von ihrer Schönheit, musste Orrick sich bezähmen, um nicht über den Tisch zu springen und ihr entgegenzueilen. Gavin, der zu spüren schien, was in ihm vorging, räusperte sich vernehmlich. Orrick begriff, was der Freund ihm damit zu verstehen geben wollte.
Beherrsche dich!
Benimm dich würdevoll!
Zum Teufel damit!
Orrick umrundete den Tisch und schritt auf sie zu. Er hielt den Atem an, als sie in einem artigen Knicks vor ihm versank, ganz wie es einer Ehefrau anstand, die ihrem Gemahl Respekt erwies. Er nahm sie bei der Hand und half ihr, sich zu erheben, verblüfft von ihrer Sittsamkeit, hatte er doch ein mürrisches, abweisendes Gesicht von ihr erwartet. Stattdessen präsentierte sie sich ihm und seinen Untertanen als liebenswürdige Herrin ohne Fehl und Tadel.
Behutsam hauchte er einen Kuss auf die Innenseite ihres Handgelenks, ohne den Blick von ihr zu wenden. Marguerites Erstaunen wurde nur von ihm bemerkt. Während sie sich mit einer halben Drehung an seine Seite stellte, verschränkte er seine Finger mit den ihren und wandte sich an die Anwesenden.
"Ich danke euch allen für eure Mühen, das heutige Mahl zu diesem besonderen Anlass festlich zu gestalten. Ich möchte euch meine Gemahlin vorstellen und bitte euch, sie willkommen zu heißen. Lady Marguerite d'Alençon." Seine Stimme klang ein wenig brüchig, als er seine Gattin präsentierte. Einige der älteren Diener waren schon vor seiner Geburt im Dienste seiner Eltern gewesen. Auch sie waren seltsam gerührt bei seiner Ankündigung.
Marguerite sah ihn fragend an. Er hatte englisch gesprochen und sie gab vor, kein Wort verstanden zu haben, abgesehen von ihrem Namen.
"Mylady, ich habe meinen Leuten dafür gedankt, Euch diesen festlichen Empfang bereitet zu haben. Alle Bediensteten haben sich zur Feier dieses Tages große Mühe gegeben", erklärte er in ihrer Sprache. Dann redete er wieder in Englisch zu seinen Untertanen. "Meine Ehefrau ist unserer Sprache nicht mächtig, doch das wird sich bald ändern. Deshalb bitte ich euch um Unterstützung, damit sie sich bei uns heimisch fühlt."
Im Hintergrund der Halle setzte vereinzeltes Klatschen ein, das sich vervielfältigte und verstärkte. Einige riefen den Namen der neuen Herrin, manche jubelten laut "Hurra! Hurra!" Orrick lächelte sie zufrieden an.
Marguerite neigte anmutig den Kopf zum Dank für die herzliche Begrüßung und strahlte ihn scheu an. Als er sie zu ihrem Platz führte, stellte er erstaunt fest, dass sie kurz bei seiner Mutter verharrte und einen Knicks machte. Diese Ehrerbietung wurde von der Versammlung mit Beifall begrüßt. Bei Gavin zögerte Marguerite kurz und ging grußlos an ihm vorbei.
Nachdem alle schließlich Platz genommen hatten, kamen auf Orricks Wink die Diener mit Wasserschalen und Tüchern, sodass die Tafelrunde sich die Hände säubern konnte. Anschließend wurden große Platten aufgetragen mit gedünstetem Fisch, gebratenem Huhn, Rind und Lamm. Man reichte Körbe mit frisch gebackenem Brot herum, dazu frische Butter. Schüsseln mit gedünstetem Kohl und Erbsen, gewürzt mit Senfsamen und Pfefferkörnern wurden aufgetischt; gekochte, in Zucker glasierte Rüben vervollständigten den ersten Gang. Orrick nickte, und die Gäste legten einander vor. Zur Feier des Tages hatte Orrick die silbernen Servierplatten, Löffel und Gabeln sowie die besten Schüsseln aus dem Familienbesitz für die nachträgliche Hochzeitstafel verwenden lassen.
Während des Mahls gab Orrick seiner Frau die saftigsten Bratenstücke auf den Teller. Eine Bewirtung, welche sie huldvoll entgegennahm. Er bemühte sich außerdem, die Tischgespräche für sie zu übersetzen. Nachdem die Hauptgänge beendet waren, wurde ein
Weitere Kostenlose Bücher