Auf Befehl des Königs
trank er einen großen Schluck Bier.
"Ich werde mich ungefähr zwei Tage im Kloster aufhalten."
"So lange?"
"Der Besuch in Woodstock hat länger gedauert als geplant, und ich habe mit Godfrey viel zu besprechen. Kommst du mit?"
"Nimmst du Norwyn mit?"
"Nein, er bleibt hier."
"Dann gehe ich auch nicht", entgegnete er. "Schließlich werde ich in Silloth als Geisel gehalten."
"Hat dich das ein einziges Mal davon abgehalten, mich auf eine Reise zu begleiten?" Orrick bemerkte das Funkeln in den Augen des Kameraden und ahnte, was in ihm vorging. "Ich dulde nicht, dass sie gekränkt wird. Weder von meiner Mutter noch von dir."
Gavin wollte entrüstet widersprechen. Orrick winkte ab. "Sie ist nur mir Rechenschaft schuldig und keinem sonst, kapiert?"
"Ja, Orrick. Ich verstehe."
"Marguerite ist zum ersten Mal in ihrem Leben auf sich selbst gestellt, ohne Schutz durch ihren Namen oder ihre privilegierte Stellung. Sie legt es darauf an, ihre Grenzen auszuloten. Du weißt besser als jeder andere, dass auch meine Geduld nicht unendlich ist. Das wird meine Gemahlin gleichfalls erkennen, und zwar bald."
Gavin nickte, und die beiden aßen schweigend. Es gab noch viel zu tun, bevor Orrick sich wieder in den Sattel schwingen würde. Schwierige Probleme standen ihm mit seiner Frau noch bevor. Davor graute ihm, doch er würde sich ihnen stellen müssen. Zunächst hatte er weitere Pflichten zu erfüllen. Ungeachtet seiner persönlichen Miseren. Es galt, sich um die Verwaltung der Ländereien der Abtei und um die profitable Salzgewinnung zu kümmern; Aufgaben, die er nicht vernachlässigen durfte.
Orrick stand auf und nickte Gavin zu, der mit einer Magd schäkerte. Er hatte die Besprechung mit seinem Burgvogt am Abend zuvor verschoben und wollte nun die Bücher prüfen und Anweisungen geben, was in seiner Abwesenheit zu tun war.
Den ganzen Tag, während er mit seinem Verwalter arbeitete, anschließend eine Unterredung mit dem Hauptmann seiner Soldaten führte und später mit den Pächtern über die zu erwartenden Ernteerträge sprach, wanderten seine Gedanken immer wieder zu seiner angetrauten Ehefrau. Gestern Nacht hatte er die Verbindungstür zu ihrem Gemach einen Spalt geöffnet, hatte ihr Schluchzen gehört und gesehen, wie sie weinend vor der Fensterbank kauerte. Ihr Kummer, ihre Verzweiflung hatte an seinem Herzen gezerrt. Er hatte gewartet, bis sie eingeschlafen war, und sie dann behutsam ins Bett getragen und zugedeckt.
Orrick besaß einige Erfahrung im Umgang mit Frauen, aber in Herzensangelegenheiten war er ziemlich unbeholfen. Vergeblich hatte er sich bemüht, ihr Henrys Vorgehen nahe zu bringen und sie zu trösten. Sie liebte den König offenbar so sehr, dass sie nicht wahrhaben konnte und wollte, dass sein Herz und seine Empfindungen, wenn er je tiefe Gefühle für sie gehabt hatte, erkaltet waren. Orrick hatte mittlerweile eine Erklärung dafür gefunden, warum der Monarch ausgerechnet ihn zum Bräutigam für seine abgelegte Mätresse erwählt hatte – seine untadelige Abstammung, seine Königstreue und nicht zuletzt die große Entfernung vom Königshof, die eine Begegnung mit ihr ausschloss.
Orrick wusste, dass es zwischen ihr und ihm keinen Frieden geben würde, solange sie nicht einsah, dass ihr Aufenthalt in Silloth nicht nur vorübergehend war. Seine Burg war ihr neues Heim, daran war nicht zu rütteln. Orricks Chancen, eine glückliche Ehe mit ihr zu führen, hingen davon ab, ob seine Gemahlin ihre törichten Hoffnungen fahren ließ, der König würde sie zurückholen. Leider machte Lady Marguerite nicht den Eindruck, bald Vernunft anzunehmen, und es würde wahrscheinlich noch lange dauern, bis diese störrische Frau zur Einsicht kam.
Orrick mochte zwar nicht viel über die Liebe wissen, kannte aber die Gepflogenheiten der Plantagenets aus Erzählungen seines Vaters, der ein Vertrauter der Familie gewesen war. Er hatte es stets verstanden, sich von Intrigen bei Hofe fern zu halten, wusste allerdings darüber Bescheid. Der König war ein entschlossener Herrscher, und nachdem er sich dafür entschieden hatte, seine ehemalige Geliebte einem anderen zur Frau zu geben, hatte er sie aus seinen Gedanken und seinem Herzen verbannt.
Lady Marguerite musste ihre Lektion lernen, offenbar auf schmerzliche Weise. Das heutige Abendessen würde den Anfang machen.
6. Kapitel
Stolz erfüllte sein Herz, als er den Blick durch die Halle schweifen ließ. Das Gesinde hatte sich redlich darum bemüht, einen guten
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