Auf Befehl des Königs
was sie nicht riskieren wollte.
"Ich hatte gedacht, dass Ihr zur Einsicht gelangt, wenn Ihr aus Eurer Schwermut erwacht und nach der anstrengenden Reise quer durch England wieder zu Kräften gekommen seid. Doch darin habe ich mich offenbar geirrt. Begreift endlich, dass Henry Euch verlassen hat. Er hat sich – in königlicher Manier – eines Problems entledigt und es mir übertragen."
Marguerite kamen die Tränen. Ein Schlag ins Gesicht hätte sie nicht schwerer verletzen können. Dieser Mann wusste um ihre Ängste und ihre innigsten Wünsche und spielte sie gegen sie aus.
Er gab sie frei und trat zurück. Marguerite senkte den Kopf und wagte erst nach einer Weile wieder aufzuschauen. Als er weitersprach, klang seine Stimme versöhnlicher, aber der Ausdruck seiner Augen blieb hart.
"Marguerite, zwischen uns gibt es einiges zu klären, aber dafür ist später Zeit. Im Augenblick solltet Ihr Euch erfrischen und ruhen." Mit einer Handbewegung wies er zur Badewanne und den Speisen auf dem Tisch. "Kommt zum Nachtmahl in die Halle herunter, damit ich Euch meiner Familie und meinen Leuten vorstellen kann."
Ohne auf Antwort von ihr zu warten, ging er zur Tür. In Marguerites Kopf schwirrten so viele Gedanken und Fragen herum, dass sie nicht wusste, wo sie beginnen sollte.
Nur des einen war sie sich gewiss. Sie wollte nicht hier bleiben und schon gar nicht mit Orrick verheiratet sein. Marguerite sehnte sich an den Hof zurück und wollte das Zerwürfnis mit ihrem König schlichten. Aber im Augenblick blieb ihr nichts anderes übrig, als abzuwarten und Fluchtpläne zu schmieden, um diesem schauerlichen Ort und dieser grässlichen Ehe zu entrinnen.
Orrick öffnete die Tür und rief nach ihrer Zofe, die eilfertig eintrat. Bevor er ging, fing Marguerite einen letzten flüchtigen Blick von ihm auf. Das Mitleid, das sie in seinen Augen las, machte sie betroffen, und sie nahm sich fest vor, etwas dagegen zu unternehmen. Alles hätte sie ertragen – Zorn, Enttäuschung, selbst Hass. Jedoch kein Erbarmen.
Erschöpft von diesem Wortwechsel ließ sie sich von Edmee entkleiden und stieg in ein heißes Bad, das sie so lange vermisst hatte … seit dem Tag, an dem sie unfreiwillig Woodstock und den König verlassen musste.
"Kommt die Lady zum Frühstück herunter?", fragte Gavin, als Orrick sich zu seinem Platz an der langen Tafel begab. Für Orricks Geschmack ließ Gavin sich seine Schadenfreude an seiner misslichen Lage zu deutlich anmerken.
"Nein", antwortete er einsilbig und setzte sich. Nach einer Pause fügte er hinzu: "Marguerite ist noch angegriffen von der Reise. Sie wird erst das Nachtmahl mit uns einnehmen."
Gavin lachte, und Orrick hätte ihm sein hämisches Grinsen am liebsten aus dem Gesicht geschlagen. Er wartete mit seiner Zurechtweisung, bis die Magd ihm einen Humpen Bier vorsetzte und sich entfernte. "Das ist nur deine Schuld. Du hast sie zur Begrüßung fast zu Tode erschreckt." Seine Worte klangen allerdings nicht sonderlich überzeugend.
"Hast du ihr gesagt, dass du morgen schon wieder fortreitest?"
"Nein."
"Was hast du ihr eigentlich erzählt? Hast du sie wenigstens nach der Wahrheit gefragt?" Gavin senkte die Stimme. "Hast du sie wenigstens gefragt, ob sie vom König schwanger ist?"
"Nein, habe ich nicht." Orrick brach Brot und nahm ein Stück Käse.
"Was hast du überhaupt mit ihr gesprochen? Du musst doch wissen, woran du mit ihr bist, und zwar bald."
Gavin meinte es gut, dessen war sich Orrick bewusst. Seine eigenen Zweifel, die ihn bereits vor der Hochzeit geplagt hatten, waren schlimmer geworden, und diese Fragerei behagte ihm ganz und gar nicht.
"Wir hatten eine kurze Unterredung, in der die Lady mich mit Beleidigungen überhäufte, die ich geflissentlich zu überhören versuchte."
"Ich sage dir, was sie braucht. Die Lady muss an ihr schändliches Verhalten erinnert werden. Der Lady muss klar werden, wieso sie überhaupt hier ist. Die Lady.. ."
"Sie wird alles zur rechten Zeit erfahren, mein Lieber." Orrick schlug Gavin auf den Rücken. "Es war völlig unnötig, sie gleich bei ihrer Ankunft so vorzuführen."
Gavin machte ein skeptisches Gesicht, weil er Orricks weiches Herz kannte. Seiner Meinung nach sollte Orrick ihr gehörig die Meinung sagen und ihr reinen Wein einschenken. Andererseits konnte er stets mit Gavins Unterstützung rechnen, zumal wenn es darum ging, seine widerspenstige Gemahlin zu zähmen. Ehe Orrick das Gespräch auf seinen bevorstehenden Besuch in der Abtei lenkte,
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