Auf Befehl des Königs
es ist mein Recht, sie zu besitzen", antwortete er und wandte sich mit finsterer Miene dem Freund zu, dessen Worte ihn stutzig machten. "Sprich aus, was du damit andeuten willst."
"Lass dich nur nicht von dem Theater, dass sie dir und uns allen vorspielt, zum Narren halten. Ich nehme ihr die Rolle der sittsamen Ehefrau nicht ab. Damit bezweckt sie etwas."
"Und das wäre …?
"Ich weiß es nicht, jedenfalls wäre ich an deiner Stelle auf der Hut."
"Willst du etwa behaupten, sie ist eine Gefahr für mich?" Ein absurder Gedanke, andererseits hatte er gelernt, auf Gavins Urteil zu hören. "Sprich deinen Verdacht aus."
Gavin holte tief Luft und ließ den Blick über die Festtafel und die Halle gleiten. Dann schüttelte er den Kopf und sagte leise: "Geh nur und befriedige deine Lust an ihr. Im Augenblick kannst du nicht klar denken und mein Rat würde dir nichts bedeuten. Erst wenn du dein Verlangen an ihr gestillt hast, bist du Vernunftgründen wieder zugänglich."
Gavins unverblümte Warnung verblüffte ihn. Er wollte widersprechen, doch Gavin hinderte ihn daran.
"Lass es gut sein, Orrick. Hoffentlich findest du dein Glück im Ehebett." Gavin nahm den Krug Wein vom Tisch, drückte ihn seinem Ziehbruder in die Hand und entfernte sich.
Orricks Gedanken kreisten um die Frau, die auf ihn wartete. Ein Blick in die Runde seiner Leute überzeugte ihn davon, dass alle ahnten, was in ihm vorging. Ohne ein weiteres Wort verließ er die Halle mit der Kanne in der Hand und machte sich auf den Weg ins Brautgemach.
Ihre Haut prickelte an der Stelle, wo er sie liebkost hatte. Ein Schauer durchflog sie beim Gedanken an seine weichen Lippen an ihrem Handgelenk, an die Art, wie er ihre Wange gestreift hatte. Das Bankett war gottlob! überstanden. Wenn sie auch die nächste Stunde durchhielt, wäre sie ihn und seine lästigen Aufmerksamkeiten wenigstens für ein paar Tage los. Deshalb hatte sie ihm etwas vorgespielt – er sollte glauben, sie sei für ihn bereit. Danach war es ihr hoffentlich möglich, ihn sich vom Leib zu halten, bis sie eine Lösung gefunden hatte, wie sie zu Henry zurückkehren konnte.
Marguerite begab sich ins obere Stockwerk, gefolgt von Edmee und Orricks Mutter, die leise miteinander tuschelten, was sie weder hören konnte noch wollte. In ihrem Gemach bemerkte sie die halb geöffnete Verbindungstür zu seinem Zimmer, begab sich an den Frisiertisch und setzte sich. Edmee goss Wasser, das in einem Kessel über der offenen Feuerstelle warm gehalten wurde, in eine Schüssel, die sie ihrer Herrin brachte.
Die Spannung im Zimmer wuchs, da ihre Schwiegermutter an der Tür stehen blieb und ihr zusah. Schließlich schickte Lady Constance das Mädchen weg und schloss die Tür hinter ihr.
"Orrick ist ein guter Mann, Marguerite."
"Daran zweifle ich nicht." Sie wandte sich Lady Constance zu.
"Wenn Ihr ihm eine Chance gebt, kann er Euch glücklich machen."
Marguerite zwang sich zu einem gewinnenden Lächeln. "Ja, gewiss", meinte sie zustimmend.
"Falls Ihr aber ein falsches Spiel mit ihm treibt, geht Ihr ein hohes Risiko ein. Er behandelt Euch gütig und hat sich sehr bemüht, Euch willkommen zu heißen und Euch zu akzeptieren, trotz Eurer … Eurer Vergangenheit. Ich rate Euch, seine Güte nicht mit Schwäche zu verwechseln, sonst werdet Ihr es eines Tages bereuen, ihn unterschätzt zu haben."
"Habe ich mir etwas zuschulden kommen lassen, was Eure Gefühle verletzte? Ich möchte für mein Benehmen während der Reise um Verzeihung bitten. Ich muss gestehen, der lange Ritt war überaus anstrengend für mich." Sie neigte demutsvoll den Kopf.
"Ihr habt mich nicht beleidigt, meine Liebe. Ich biete Euch lediglich meinen Rat an, von Frau zu Frau, da ich nachfühlen kann, wie Euch in dieser fremden Umgebung zumute ist."
Ein Klopfen an der Tür unterbrach das Gespräch. Marguerite richtete sich erleichtert auf, um zu öffnen, ohne auf den kalten Blick von Lady Constance zu achten.
"Lord Orrick ist auf dem Weg nach oben."
Marguerite ließ die Zofe eintreten und wandte sich an Orricks Mutter. "Entschuldigt mich bitte, ich möchte mich für meinen Gemahl vorbereiten."
Lady Constance trat näher und sprach leise. Ihre Worte waren nicht für die Dienstboten bestimmt. "Ich erachte Euch für klug, Marguerite. Nehmt Euch meine Warnung zu Herzen."
Marguerite ließ sich nicht anmerken, wie tief diese versteckte Drohung sie traf, um ihrer Schwiegermutter keine Genugtuung zu geben. Sie setzte eine Miene verdutzter Unschuld
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