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Auf Befehl des Königs

Auf Befehl des Königs

Titel: Auf Befehl des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Brisbin
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ihn geradezu herausgefordert, Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Aber er war älter und erfahrener und trug mehr Verantwortung. Deshalb hätte er sich zusammennehmen müssen, folglich weder sie noch seine Leute für seine eigenen Unzulänglichkeiten bestrafen dürfen.
    Marguerite war sich nicht darüber im Klaren, dass ihr zum ersten Mal die Chance für einen Neuanfang geboten wurde. Sie hätte die Möglichkeit zu einem Leben ohne die Gefahren, Falschheiten und Intrigen bei Hofe, in dem sie innerlich wachsen und zu der Frau werden könnte, zu der sie die Anlagen besaß.
    Natürlich war sich Orrick bewusst, dass Marguerite ein solches Dasein nicht anstrebte. Aber ihr Gespräch im Sonnenuntergang, das sie gesucht hatte, und sogar ihre Beteuerung, Henry zu lieben, die längst nicht mehr so überzeugend geklungen hatte wie noch vor ein paar Wochen, gaben ihm die Hoffnung, sie würde beginnen, ihr bisheriges Leben und ihre Entscheidungen in Frage zu stellen.
    Orrick konnte sich nicht mehr darin erinnern, wann er den Entschluss gefasst hatte, sie zu behalten, oder wann in ihm das Verlangen entstanden war, ihr seine Gegenwart so schmackhaft zu machen, dass sie freiwillig bei ihm bleiben wollte. Jedenfalls war seine Bitte an sie, Bruder Wilfrid bei seinen Aufzeichnungen zu helfen, der erste Schritt in seinem Vorhaben. Von seinen Beobachtungen und von dem, was er über sie wusste, war Marguerite ausschließlich dazu erzogen worden, die ehrgeizigen Ziele ihres Vaters zu verwirklichen. Es verstand sich von selbst, dass die Tochter aus einem Adelshaus standesgemäß verheiratet wurde, um Besitz und Titel der Familie zu erhalten und zu vermehren. Damen von edlem Geblüt war es verwehrt, über ihr eigenes Schicksal zu bestimmen, geschweige denn sich den Wünschen und Absichten ihrer Väter oder Ehegatten zu widersetzen.
    Orrick hatte aber schon erlebt, dass Frauen aus arrangierten Heiraten manchmal große Vorteile ziehen konnten. Sie nutzten ihre Talente und ihr Geschick dazu, um gemeinsam mit ihren Gatten und ihren Kindern ein glückliches Leben zu führen. Eine solche harmonische Ehe hatte er sich immer gewünscht, und nun erträumte er sich eine solche Verbindung mit Marguerite.
    Ihre Vorgeschichte interessierte ihn nicht.
    Orrick erkannte, dass Henry sie nicht zurückholen würde, da bereits eine andere Frau das königliche Bett mit ihm teilte und ihre Position als Mätresse eingenommen hatte. Marguerite konnte nie wieder nach Hause, weil ihr Vater in der Normandie und ihr Onkel hier in England die Wahl des Königs unterstützten. Niemand würde sich für sie einsetzen, keiner dem Monarchen ihre Bitte, an den Hof zurückkehren zu dürfen, vortragen. Davon wusste sie allerdings nichts. Nachdem seine Mutter sich offenbar mit ihrer Klatschsucht zurückgehalten hatte, würde in Silloth niemand mit ihr darüber sprechen.
    Orrick rutschte unruhig auf dem Stuhl hin und her und fragte sich, ob und wann Marguerite endlich einsehen würde, dass sie ihre Vergangenheit nicht zurückholen konnte. Er befürchtete, ihre Vitalität, ihr sprühendes Temperament, Eigenschaften, welche ihr die Kraft und Leidenschaft gegeben hatten, die Aufmerksamkeit des Königs zu gewinnen und die Wirren und Intrigen bei Hofe unbeschadet zu überstehen, könnten erlöschen, sobald sie die Wahrheit erfuhr. Seine Mundwinkel verzogen sich zu einem bitteren Lächeln. Es würde ein trauriges Erwachen für sie geben.
    Dann nahm ein weiterer Plan in seinen Gedanken Form an. Er freute sich auf die Herausforderungen und die möglichen Belohnungen, die zu erwarten waren. Vielleicht half er ihr damit, dass sie ihr Leben an seiner Seite leichter ertragen konnte. Würde sie dadurch den vernichtenden Schlag besser bewältigen, den der König ihr mit der Verbannung versetzt hatte? Er hoffte es sehr.
    Orrick stand auf und rüttelte seinen schlafenden Freund wach. Noch bevor er die Augen öffnete, fuhr Gavins Hand an den Gürtel, wo er sonst das Schwert trug. Die übliche Reaktion eines Kriegers.
    "Du musst drei Männer aussuchen, die eine Order für mich ausführen. Schnelle Reiter, die außerdem verschwiegen sind."
    Falls Gavin dieser Auftrag mitten in der Nacht ungewohnt und merkwürdig erschien, ließ er sich seine Verwunderung nicht anmerken. Orrick schenkte Wein nach und setzte sich wieder. Dann lächelte er.
    "Mir schwebt da etwas vor …"

12. Kapitel
     
    "Was ist das?", erkundigte sich Marguerite und hielt ein grünes Glasröhrchen hoch.
    "Mutterkraut", erklärte

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