Auf Bewährung
mir leid«, sagte sie. »Ty will einfach nicht einschlafen. Er hat mit dem Ball gespielt und die Kontrolle darüber verloren.«
Mace stupste Roy an. »Dieser Junge macht Layups und dribbelt wie ein Profi. Stimmt’s nicht, Ty?«
Der kleine Junge schaute sie offenen Mundes an und blinzelte schnell.
Mace klopfte Roy auf die Schulter. »Und dieser Kerl hier hat Collegebasketball gespielt. Hätte er ein wenig höher springen können, hätte er es vielleicht sogar in die NBA geschafft.«
»Unter anderem«, fügte Roy hinzu.
»Weißt du«, wandte Mace sich wieder an Roy, »du hast den ganzen Tag Akten gewälzt, wie wäre es denn, wenn du mit ihm in die Sporthalle gehen und ihm zeigen würdest, was du so alles kannst? So bekommst du wieder einen freien Kopf. Ty? Möchtest du, dass Mr. Roy dir ein paar seiner Moves zeigt?«
»Ich sollte wirklich ...«, begann Roy.
Doch als Ty seine Hand packte, den kleinen Mund noch immer offen, stand Roy rasch auf. »In Ordnung, Ty«, sagte er. »Ich bin aber ein wenig eingerostet; also nimm mich nicht so hart ran, okay?«
»Kann ich zusehen?«, fragte Alisha.
»Das wollte ich gerade vorschlagen«, sagte Mace.
Roy drehte sich zu ihr um. »Willst du auch mit? Dann können wir ihm unsere HORSE-Tricks zeigen.«
»Geht ihr nur. Ich hau mich aufs Ohr. Ich muss früh aufstehen, wenn ich meinen Zug erreichen will.«
Als die drei verschwunden waren, wartete Mace noch ein paar Minuten, bis sie in der Halle waren, dann rief sie bei der Auskunft an, ließ sich die Nummer geben und machte den Anruf.
»Doc, ich bin’s, Mace Perry. Ich weiß, dass es schon spät ist, aber haben Sie trotzdem Zeit für mich?«
Lowell Cassell war in seinem Reihenhaus in Südost-D. C., doch er willigte ein, sich mit Mace in einem Café an der Union Station zu treffen. Mace dankte ihm, legte auf, schnappte sich ihre Lederjacke und lief zur Ducati.
Kapitel 95
E s ist wirklich verrückt, dass ich mich so mit Ihnen treffe, Mace«, sagte Lowell Cassell. »Warum? Ich bin doch nur eine normale Bürgerin.«
»Eine normale Bürgerin, von der ich glaube, dass sie im Augenblick bei der Verteidigung eines mutmaßlichen Mörders hilft, der gegenwärtig in D. C. einsitzt.« Als er sah, wie überrascht Mace war, dass er das wusste, fügte Cassell hinzu: »Der Flurfunk reicht bis in die Leichenhalle, wissen Sie?«
»Nun ja, ich würde das nicht wirklich ›helfen‹ nennen«, sagte Mace. »Und ich wollte wirklich eine gute Tasse Kaffee. Als ich noch Cop war, war ich häufig hier. Der Laden hat rund um die Uhr auf. Wenn mal gerade nichts los war, haben wir uns hier den ein oder anderen Kaffee gegönnt.«
Cassell beugte sich vor und sprach mit leiser Stimme, obwohl sie die einzigen Gäste waren. »Ich habe mich wirklich weit aus dem Fenster gelehnt, als ich Ihnen Akteneinsicht gewährt habe. Sollte das herauskommen, ist meine Karriere vorbei.«
»Es wird nicht herauskommen, Lowell. Eher sterbe ich.«
Offensichtlich zufrieden lehnte Cassell sich wieder zurück. »Das habe ich mir schon gedacht.«
»Warum haben Sie es eigentlich getan?«
»Das mit den Akten?« Er löffelte sich Zucker in seinen Becher. »Weil ich Sie mag.«
»Das reicht nicht als Erklärung für ein mögliches Karriereende.«
»Sie sind wirklich direkt, genau wie Ihre Schwester.«
»Ich betrachte mich gerne als die Diplomatischere von uns beiden.«
»Wenn ich richtig informiert bin, bearbeitet Mona Danforth persönlich den Fall.«
»Das stimmt«, bestätigte Mace. »Und ich bin sicher, sie hat für alle nur das Beste im Sinn.«
Cassell nippte an seinem Kaffee und nahm sich ein Stück Gebäck von seinem Teller.
»Kommen Sie schon, Doc. Ich weiß, dass das Sperma sauber war, kein Dotterpuffer.«
»Stimmt. Ich habe mir schon gedacht, dass Sie der Grund waren, warum Beth mich um die Analyse gebeten hat.«
»Der Kerl sagt, sie hätten ihm zweihundert Dollar gezahlt, damit er es in einen Becher macht.«
»Der obdachlose Veteran?«
»Jep«, antwortete Mace.
»Glauben Sie, er hat das nur erfunden? Ich meine, Sperma in einer toten Frau ist ein ziemlich überzeugender Beweis.«
»Da stimme ich Ihnen zu, und nein, ich glaube nicht, dass er das erfunden hat. Der Mann denkt die ganze Zeit nur ans Essen.«
»Die Indizien sind auch ziemlich überzeugend.«
»Und wieder haben Sie recht. Uns steht ein ganzer Haufen Arbeit bevor.«
»Dann arbeiten Sie also wirklich daran, ja?«, fragte Cassell.
»Wenn ich kein Cop sein kann ... Sie wissen schon.«
»Ja,
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