Auf Bewährung
Kanzlei .
Roy bezweifelte allerdings, dass Ackerman die treibende Kraft hinter allem war; aber er war sicher, dass Ackerman den Strippenzieher kannte. Roy steckte einen Flashdrive in den USB-Anschluss, machte Kopien der Dateien und verstaute den Flashdrive in seinem Aktenkoffer. Er ging gerade wieder ins Foyer, als er hörte, wie Cassie die Tür öffnete.
»Ich bin fertig, Cassie«, rief er. »Ich habe das Problem gefunden.«
Die Tür schloss sich wieder, und Roy blieb stehen.
Das war nicht Cassie. Das war eine kleine Frau mit braunem Haar, aber ihre Pistole sah furchtbar groß aus.
Kapitel 106
M ace wäre fast aus dem Zug gesprungen, als er endlich in der Union Station hielt. Eine eigentlich als Kurztrip geplante Fahrt hatte sich zu einem Tagesausflug entwickelt. Draußen war es bereits dunkel. Mace wollte warten, bis sie draußen war, bevor sie Roy anrief.
Sie war so sehr mit ihren Gedanken beschäftigt, dass sie nicht bemerkte, wie der Mann reagierte, als sie im Bahnhof an ihm vorbei- und zum Taxistand ging. Sie sah auch nicht, wie er sein Handy aus der Tasche holte und einen raschen Anruf tätigte. Und sie sah nicht, wie er sich ihr von hinten näherte. Sie bemerkte ihn erst, als er ihr den Pistolenlauf in den Rücken drückte.
»Halt den Mund, oder du bist tot.«
Mace versuchte, nach hinten zu schauen, doch er drückte fester zu. »Augen geradeaus.«
»Hier wimmelt es nur so von Cops«, sagte Mace. »Wie wäre es, wenn ich stattdessen schreie?«
»Siehst du die Kinder da drüben?«
Mace’ Blick zuckte nach links, wo eine Gruppe von Schulkindern bei zwei älteren Frauen stand.
»Ja, ich sehe sie.«
»Und siehst du auch den Kerl direkt dahinter?«
Mace sah den Kerl. Er war groß und sah wütend aus. »Ja.«
»Er hat eine Handgranate in seiner Tasche. Wenn du mir irgendwelchen Ärger machst, zieht er ab, wirft die Granate in eine Mülltonne und geht weg. Dann macht es Bum, und es heißt ›Tschüss, Kinder‹.«
»Warum machen Sie das?«
»Halt den Mund und geh!«
Der Mann manövrierte Mace die Rolltreppe hinauf und dann weiter in die Tiefgarage. Dort, in einer abgelegenen Ecke, stand nur ein Fahrzeug: ein schwarzer Escalade. Vier Männer stiegen aus, als sie sich näherten.
Mace zuckte unwillkürlich zusammen, als sie ihn sah.
Diesmal lächelte Psycho nicht. Er hatte kein Funkeln in den Augen, war gar nicht cool. Diesmal meinte der Mann es ernst.
»Dead Bitch Walking«, knurrte er.
»Ich dachte, wir hätten einen Deal«, sagte Mace.
Alles, was sie dafür bekam, war ein Schlag mit dem Handrücken, der sie zu Boden schickte. Mace blieb auf dem Beton sitzen und wischte sich das Blut von Mund und Wange, bevor einer der Gangbanger sie in die Höhe riss, damit Psycho sie erneut niederschlagen konnte, diesmal mit einem Haken in den Bauch.
Mace war zäh, aber noch so ein Schlag, und sie würde die nächste Zeit im Bett verbringen und in einen Becher sabbern. Sie drehte sich auf die Seite und übergab sich, wurde aber sofort wieder nach oben gerissen. Schwankend stand sie da.
Blut strömte ihr aus Nase und Mund. Trotzdem brachte sie mühsam hervor: »Eine Bitte ...«
»Ist dir eigentlich klar, dass ich dich jetzt umbringen werde?«
»Deshalb frage ich ja jetzt und nicht später.«
»Was?«
»Du bist ein großer, harter Kerl. Du hast mich gerade zweimal auf die Bretter geschickt. Du wirst mich töten.«
»Und?«
»Lass mir einen Schlag. Genau in deinen Magen. Du kannst sogar deinen Sixpack anspannen, bevor ich zuschlage.«
»Was wiegst du? Einhundertzehn Pfund?«
»Ungefähr. Und du über zweihundert, ich weiß.«
»Was soll dir das also bringen?«
»Befriedigung, bevor ich sterbe.«
»Woher soll ich wissen, dass du nicht irgend so eine Kung-Fu-Prinzessin bist?«
»Wenn ich das wäre, würde ich mir dann von dir in den Arsch treten lassen?« Mace spie Blut und leckte sich über einen lockeren Zahn. »Hey, aber wenn du Angst vor einem Mädchen hast ...«
Psycho riss die Faust hoch, um erneut zuzuschlagen, hielt sich dann aber zurück, als er Mace zusammenzucken sah. Er grinste. »Du bist keine Kung-Fu-Prinzessin. Das weiß ich, weil ich eine bin. Zwei schwarze Gürtel.«
»Das passt«, sagte Mace müde und wischte sich noch einmal das Blut aus dem Gesicht. »Dann heißt das also Ja?«
Psycho schaute zu seinen Jungs. Sie grinsten amüsiert. Mace sah sich ebenfalls um. Da war niemand, der ihr hätte helfen können. Sie waren in einer dunklen, verlassenen Ecke der Tiefgarage. Sie hätte
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