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Auf Couchtour

Auf Couchtour

Titel: Auf Couchtour Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ramona Wickmann
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Da werde ich kaum deine Kofferträgerin spielen, während du dich amüsierst!«
    »Schon klar. Wie konnten wir uns die Reise überhaupt leisten? Wir sind pleite.«
    »Das kann ich dir sagen: Ich bekam eine Gewinnbenachrichtigung per Post.«
    »Du hasst Preisausschreiben!«
    »Charline, wenn wir so weitermachen, sitzen wir morgen Abend noch hier. Lass mich einfach ausreden. Es ergibt schon alles einen Sinn, wart’s ab. Also: Ich habe tatsächlich bei keinem Preisausschreiben mitgemacht. Aber wie du weißt, besitze ich von jedem Geschäft in der Region eine Kundenkarte.«
    Ich mag diese Karten und horte circa vierzig Stück davon in meinem Portemonnaie. Mittlerweile wiegt es in etwa so viel wie ein Amboss. Die Kärtchen verstehen sich so prächtig, dass sie sich stetig vermehren. Wenn ich an der Kasse gefragt werde, ob ich eine Kundenkarte habe, ist das mein Stichwort. Ich hebe mit beiden Händen das bis zum Zerreißen gespannte Leder auf die Ablage. Das Gewicht erschüttert die Waren auf dem Band. Was dann folgt, ist ein Karten-Memory, an dem nur ich Spaß habe. Die Verkäuferin hilft mir beim Aufdecken. Ich bin so begeistert bei der Sache, dass ich nur mutmaßen kann, wie sich die Gesichter der hinter mir wartenden Menschen zu aggressiven Fratzen verzerren. Die Verkäuferin wird nervös. Über ihr hängt ein Schild, welches jedem Kunden, der länger als fünf Minuten wartet, zwei Euro als Entschädigung zusichert. Manchmal eilt uns der Geschäftsführer zu Hilfe – sehr nett. Werden selbst sechs Augen nicht fündig, habe ich wohl doch noch keine Kundenkarte, lasse mir aber gerne eine ausstellen, während die anderen weiter warten und ich in Ruhe die Geschäftsbedingungen studiere. Das Beste an diesen Kundenkarten ist, dass man bei vielen Unternehmen automatisch in regelmäßigen Abständen an Verlosungen teilnimmt. Ich hörte schon von einigen Leuten, die auf diese Weise zu einem Kurzurlaub gekommen sind. Warum also nicht auch wir?
    »Den Brief habe ich gleich im Hausflur aufgerissen.
    Der Baumarkt in der Parkstraße spendiert uns die Reise: ›Ihre Baumarkt-Treue zahlt sich aus! Herzlichen Glückwunsch, Frau Engel! Wir belohnen Sie mit einem zweitägigen Aufenthalt in London für zwei Personen inklusive einer Übernachtung im Fünf-Sterne-Hotel Heavens Door und einer Stadtrundfahrt im Doppeldeckerbus. Ihre Zuzahlung für den Flug mit bmi (british midland international) beträgt fünfzig Euro pro Person. Wir erbitten Ihre Buchung innerhalb der nächsten zwei Wochen. Mit freundlichen Grüßen …‹
    Charline! Ich bin die Treppe hochgewetzt wie ein Reh auf der Flucht, um sofort den Reiseveranstalter anzurufen. Ich wollte sichergehen, dass das Angebot seriös ist, bevor ich es dir erzähle. Auf meine Frage, ob eine Buchung für das kommende Wochenende von Freitag bis Samstag möglich sei, bestätigte er mir zwei freie Plätze. Bingo! Die nehmen wir. Ich bat ihn darum, die Tickets an dich zu schicken. Wichtige Dinge sind bei dir immer besser aufgehoben. Du warst übrigens gerade dabei, die Kinderzimmer aufzuräumen, als sie ankamen.«
    »Ich war bestimmt total aus dem Häuschen.«
    »Aus dem Häuschen? Du warst außer Rand und Band! Ich musste den Telefonhörer auf den Tisch legen, sonst hättest du mir das Trommelfell kaputtgejubelt. Urlaub für fünfzig Euro, das konnten sogar wir uns leisten.«
    »Und was hat Bernd dazu gesagt?«
    »Er gönnte dir die Reise von ganzem Herzen und fand, du hättest eine Erholung verdient. Er war ja ahnungslos, verstehst du? Er hat sogar noch hundertfünfzig Euro Taschengeld für dich lockergemacht, damit du dir etwas Schönes kaufen kannst.«
    »Er ist so ein lieber Kerl.«
    »Genau. Darum war es auch selbstverständlich für ihn, uns zum Flughafen zu fahren.«
    »Das sieht ihm ähnlich. Er kutschiert seine Frau zu ihrem Liebhaber und winkt ihr zum Abschied. Ich fühle mich schlecht.«
    »Charline, ich schwöre dir, du bist mit reinem Gewissen abgereist. Du wolltest dich erholen, dir die Stadt anschauen. Eine Affäre stand zu diesem Zeitpunkt gar nicht zur Debatte. Es ist viel zu früh für Reue. Bei unserer Rückkehr kannst du dich von mir aus in Grund und Boden schämen. Ich an deiner Stelle würd’s tun, aber, wie gesagt, erst später.«
    »Du bist gemein.«
    »Wieso? Du hast mich doch angefleht, dir Abwechslung zu verschaffen, jetzt schieb mir nicht den Schwarzen Peter zu. Es ist nur eine Couchtour. Bernd wird nie davon erfahren, und soweit ich weiß, wurde bisher niemand für

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