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Auf Couchtour

Auf Couchtour

Titel: Auf Couchtour Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ramona Wickmann
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Unterbewusstsein herum, als ich unsere Couchtour geträumt habe. Er hat mich übrigens zum Essen eingeladen.«
    »Und?«
    »Ich hab Ja gesagt.«
    »Nein!«
    »Doch!«
    »Erzähle!«
    »Später. Es lag etwas Vertrautes in diesem Tick, das mir sehr sympathisch war. Ich zeigte keine Scheu, sondern gab mich gelassen. Ich glaube, das hat Troy beeindruckt. Er war andere Reaktionen gewöhnt, gerade von Frauen. Bei Scotland Yard würde er es mit diesem Handicap nie weit bringen. Überhaupt eingestellt zu werden, verdankte er seinem Vater, rechte Hand des Chefs und ganz oben auf der Liste potenzieller Nachfolger für die Leitung des Scotland Yard. Troy hatte einen IQ von 148 – Albert Einstein wurde auch auf diesen Wert geschätzt. Er hätte sonst was werden können mit seiner Intelligenz, aber die männlichen Sprosse der Archers, aller Generationen seit 1852, dienten dem Empire als Gesetzeshüter. Das war Tradition und Troy folgte brav. Die glückliche Fügung, ihm zu begegnen, verdankte ich einer Grippewelle, die ihn wegen Personalnot vom Innendienst an die Front gespült hatte. Stiller war nicht damit einverstanden gewesen. Doch der Virus hatte sein Team derart geschmälert, dass Ersatzmänner abkommandiert werden mussten, um die Befragungen zeitnah abzuwickeln. Stiller stufte Troy als sonderbar ein, wobei er sonderbar mit schwach gleichsetzte. Aber der Name Archer war zweifellos zu mächtig, um sich dagegen aufzulehnen. Also konzentrierte er seinen Groll auf seine kränkelnden Untergebenen. Er würde es ihnen heimzahlen, wenn sie den Dienst wieder aufnahmen. Welcher Mann lässt sich von etwas außer Gefecht setzen, das man mit bloßem Auge nicht mal sehen kann? Stiller selbst brachte es in seinen vierzig Dienstjahren auf nur einen Fehltag: ein halber Tag Hochzeit, ein halber Tag Scheidung. Krank war er nie, und auf seinen Urlaub verzichtete er, wenn auch vorschriftswidrig, Jahr für Jahr – weil er Wichtigeres zu tun hatte, als sich von etwas zu erholen, das für ihn längst zum Lebensinhalt geworden war. Stiller hasste es, dass es gerade in seinem Beruf Regeln – Menschenrechte! Pah! – gab, an die er sich halten musste. Man konnte seiner Meinung nach das Böse nicht ausmerzen, indem man Milde walten ließ. Der Sonderling Archer war ihm ein Dorn im Auge: zu brav, zu korrekt. Außerdem fiel es ihm schwer, ihn einzuschätzen, die Ticks machten ihn nervös. Da für diese Befragung aber nun mal zwei Officer angeordnet waren, erklärte er sich zähneknirschend bereit, mit Archer zusammenzuarbeiten.
    Hinter mir öffnete sich die Tür. Stiller trat ein. Seine Miene verriet weder gute noch schlechte Laune, aber sein feuchter Händedruck, dass er enorm unter Stress stand. Verhöre waren ihm ein Gräuel – viel Gerede, wenig Taten. Kein Wunder, dass das Land im kriminellen Unrat versank, wenn alles immer erst bequatscht werden musste.
    Ich wischte seinen Schweiß an meiner Hose ab, als er mir den Rücken zuwandte. Schwitzige Hände kann ich echt nicht ab. Troy bemerkte es und zog beide Mundwinkel gleichzeitig nach oben, winkte und pfiff. Ich hätte ihn dafür knutschen können, so süß war das.« Charline verdreht die Augen: »Der dachte, du bist wie er!«
    »Nein. Okay, vielleicht ein bisschen!«
    »Rita, du bist nicht wie er!«
    »Ich hab’s ja kapiert. Jedenfalls wurde er so auf genau die Art und Weise auf mich aufmerksam, die ich mir wünschte. Is’ doch super, oder?«
    »Wenn du meinst …«
    »Ja! Mit dieser Abwischaktion hatte ich ganz sicher einen Fuß in seiner Herzklappe!«
    »Na, herzlichen Glückwunsch.«
    »Stiller fuhr herum, warf einen irritierten Blick auf Troy und musterte mich dann von oben bis unten. Ich kam mir vor wie ein Sonderangebot, das er auf Fehler prüfte, um sich den günstigen Preis zu erklären.
    Er fand, wonach er suchte, und zischte: ›Schicker Pullover, ist das da eine Made?‹ Stiller deutete auf den Puddingfleck auf meiner Brust. Den hatte ich völlig verdrängt. Troys Blick folgte dem Fingerzeig. Er heulte auf und schlug mit der Faust auf den Tisch. Mein Ausweis, der vor ihm lag, machte einen Satz nach vorn. Schönen Dank auch, Stiller. Ich straffte meine Schultern und versuchte, so würdevoll wie möglich dazustehen. Ich hätte mir diese Szene gerne erspart, aber sie war nötig, um mich emotional in die Zeit des Fluges zurückzuversetzen. Ich verkniff mir eine Antwort, nahm stattdessen unaufgefordert Platz und begann zu erzählen, alles, haarklein. Meine detaillierte Beschreibung

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