Auf das Leben
habe immer ›Liebe gemacht‹. Das ist der Unterschied, und die Frauen wissen das. Manchmal ging es noch nicht mal um Sex, sondern nur ums Kuscheln - entweder war ich zu müde oder sie -, aber das war egal, ich habe es genossen und sie auch, und sie war glücklich, mich wiederzusehen. Keiner von uns hat sich dabei benutzt gefühlt. Lieben heißt, immer ein Kompliment machen und immer einfühlsam bleiben.«
Manchmal machte es ihm Spaß, mit Worten zu spielen. »Das Vorspiel ist ein Paarspiel. Nicht nur, dass zu einem Paarspiel zwei gehören, sie müssen es auch spielen - sonst befriedigt der eine Partner den anderen Partner nur mechanisch. Eigentlich funktioniert das auf drei Arten. Ihr genießt euch selbst, ihr genießt einander, und einer hilft dem anderen, sich selbst zu genießen.
Und - es ist ein großer Unterschied, ob man küsst oder geküsst wird.«
Wir unterhielten uns auch über Musik. Jack hatte einen breit gefächerten Geschmack, und einige von seinen Vorlieben teilte ich. Aber für ihn war die Musik irgendwie immer mit seinem Hauptthema verbunden. Er war sehr gebildet. »Als ich jünger war, Rabbi, mochte ich nur Orchestermusik. Für mich musste Musik laut und komplex sein. Erst später habe ich gelernt, Kammermusik zu genießen, und noch viel später dann Kunstlieder. Wahrscheinlich bin ich ein Solist in dem, was ich tue. Aber ich habe gelernt, es zu genießen, wie die Instrumente sich in einem Trio, einem Quartett oder einem Quintett gegenseitig respektieren, aufeinander hören, wie die Melodie von einem an den anderen weitergegeben wird, wie sie sich abwechseln, wenn sie das Grundthema spielen. Sie haben verschiedene Töne und verschiedene Noten, aber sie brauchen einander, deshalb ist ihr Zusammenspiel sogar in den Sturm-und-Drang-Passagen von Beethoven oder Schubert grundsätzlich höflich. Die Instrumente verlassen sich nicht auf einen Außenstehenden mit einem Taktstock, der ihnen ihren Einsatz gibt und vorschreibt, ob sie lauter oder leiser spielen sollen. Sie müssen vielmehr ein Gefühl füreinander haben. Ein perfektes Duett ist wie ein perfektes Liebesspiel: Jeder reagiert auf die Herausforderung des anderen. Und ein gutes Jazzduett - na ja, wenn jeder Spieler auf den anderen hört und reagiert und die Musik wachsen lässt … das ist wie Liebe machen. Deshalb ist Jazz so erotisch, so anregend und wirft manche Menschen einfach aus der Bahn.«
Das eröffnete mir eine völlig neue Perspektive.
»Die Frauen behaupten immer, dass sie von dir als Mensch behandelt werden wollen«, sagte Jack einmal. »Aber tatsächlich wollen sie von dir als Frau behandelt werden. Das ist kein großer Unterschied, aber es ist einer.«
Ein andermal fragte er: »Kennen Sie das Sprichwort: ›Nachts sind alle Katzen grau‹? Da ist viel Wahres dran. Im Bett ist es nicht wichtig, was für eine Nase die Frau neben dir hat oder welche Haar- oder Augenfarbe. Es ist auch egal, ob ihre Beine zu dick sind oder nicht. Man konzentriert sich auf andere, wichtigere Dinge. Sogar hässliche Frauen haben, wenn Sie mir erlauben, das zu sagen, eine Klitoris … und auch sie möchten geliebt, gestreichelt, beschmust werden. Genau genommen wünschen die hässlichen es sich noch mehr, denn sie haben normalerweise weniger Chancen, dass Männer sie erwählen. Und ein Lächeln ist immerhin ein Lächeln.«
Nur ein einziges Mal spürte ich bei ihm ein leises Bedauern darüber, dass er keine Familie hatte. Andererseits war er so etwas wie ein einzelgängerischer Mystiker, und das wusste er auch. Jack hatte verschiedene Jobs gehabt, war sehr viel gereist und hatte viel gesehen. Er hatte sich sogar ein wenig mit östlichen Religionen befasst, obwohl er das nicht weiter spezifizierte - während er in Singapur lebte; das war alles, was ich herausfand.
»Ich schätze, wenn Gott uns als Männer und Frauen schuf, wollte er, dass dieser Unterschied wirklich wichtig ist. Er hat uns in zwei Lager geteilt, die sich aber gegenseitig brauchen. Nur durch diese heilige Teilung kann es zu einer heiligen Wiedervereinigung kommen, die zu einer neuen Schöpfung führt.
Eine Frau wird schließlich, wenn sie selbst Mutter wird, den gleichen Prozess durchlaufen, den ihre eigene Mutter durchlaufen hat, die Schmerzen der Geburt. Der Mann wird, wie schon sein eigener Vater, die stolze Nervosität ertragen, Partner dieses Erschaffens zu sein, obwohl er zu diesem Zeitpunkt eigentlich schon nicht mehr benötigt wird. Ich für meinen Teil wollte aber nie Kinder.
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