Auf & Davon
verriet. Ein paar Nachforschungen über sein Arschloch von einem Partner zu betreiben, wäre sicherlich eine gute Idee. Wenn er im Golf stationiert gewesen war, hatte er offenbar in irgendeiner Form zum Militär gehört. Je mehr Zane darüber nachdachte, desto weniger überrascht ihn das. Es würde nicht lange dauern, Gradys Akte anzufordern.
„Wann möchten Sie zum Tatort?“, fragte Morrison.
„Sobald wir hier fertig sind“, antwortete Ty mit einem Nicken, als sie durch die Tür des Labors gingen.
„Da könnte es ein kleines Problem geben“, antwortete Morrison nervös, während Henninger seine Karte durch den Kartenleser zog.
„Dann lösen Sie’s“, sagte Ty kalt.
„Die zuständigen Detectives vom NYPD haben seit zwei Tagen nicht auf unsere Anrufe geantwortet. Die wissen gar nicht, dass Sie hier sind“, erklärte Morrison.
„Und wieso ist das ein Problem?“, fragte Zane und blieb am Eingang stehen.
„Technisch gesehen bearbeiten wir den Fall immer noch mit denen gemeinsam. Der Tatort fällt unter die Zuständigkeit des NYPD“, antwortete Morrison mit einem dankbaren Blick zu Zane, während Ty einen genervten Seufzer von sich gab. „Wir müssen sie über die Veränderungen in den Ermittlungen informieren und ihnen …“
„Dann machen Sie das“, unterbrach Ty und stolzierte davon. Henninger hielt die Sicherheitstür für ihn offen.
„An die Arbeit“, sagte Zane ruhig. „Geben Sie uns Bescheid, wenn Sie soweit sind.“
Morrison flüchtete, gefolgt von seinem schweigsamen Partner. Zane drehte sich um und folgte Ty, wobei er sich fragte, ob das jetzt so weiter gehen würde. Hurrikan Grady stürmt herein, schmeißt alles durcheinander und stürmt gleich wieder hinaus, und Zane darf dann hinter ihm herräumen. Er hatte sich nicht während der vergangenen beiden Jahre den Arsch abgeschuftet, um jetzt für Ty Grady die Putzfrau zu geben.
V IER Stunden nachdem sie das Labor betreten hatten, saß Ty inmitten eines wilden Durcheinanders von Papieren und unordentlich gestapelten Berichten. Er stützte die Ellbogen auf den Tisch und starrte mit finsterem Blick auf die blankpolierte stählerne Tischplatte hinunter.
Auf der anderen Seite des Tisches arbeitete Zane eifrig an seinen Diagrammen. Als er beiläufig aufschaute, stutzte er beim Anblick von Tys Gesichtsausdruck. „Stimmt was nicht?“
Ty hob den Blick nicht. Seine Augen waren glasig und er hatte die Stirn in Falten gelegt. „Da gibt es kein Muster“, murmelte er. „Das Einzige, was diese Fälle miteinander verbindet, sind die gefälschten Beweise, die der Kerl bei den Leichen hinterlässt, und die Tatsache, dass die Opfer alle tot sind. Sonst gibt’s da nichts, kein Opferschema, keinen Modus Operandi. Tatwaffe, Todesursache, selbst die Art, wie er die Leichen in Szene setzt. Alles unterschiedlich.“
Schließlich konzentrierte er sich wieder und starrte die Akten anklagend an, als sei alles deren Schuld.
„Erstes Opfer: Kyle Walters“, trug er plötzlich vor. „Reicher Wall- Street-Typ, wurde in seinem Schlafzimmer gefunden, noch am Leben, aber halb um den Verstand gebracht durch eine akute Überempfindlichkeit gegen Licht, Geräusche, Gerüche, was auch immer. Konnte kein verständliches Wort mehr sagen und starb im Krankenhaus. Als Todesursache wurde eine Überdosis Methamphetamin festgestellt. Zum Teufel, wir wissen nur deshalb, dass er in unsere Serie gehört, weil sein Zimmermädchen eine Woche später einen dieser gefälschten Beweise gefunden hat. Serienkiller fahren darauf ab, ihren Opfern beim Sterben zuzusehen oder auf die Macht, die ihnen das Töten verleiht. Warum sollte er ihn am Leben lassen und riskieren, entdeckt zu werden?“
„Vielleicht berauscht er sich ja daran, seine Opfer leiden zu sehen“, schlug Zane ruhig vor, ohne von seinen Papieren aufzuschauen. Seine Finger bewegten sich weiter, er machte sich immer noch Notizen. „Vielleich liegt das Muster gerade darin, dass die Opfer so unterschiedlich sind. Als hätte er sie sich aus einem ganz bestimmten Grund ausgesucht. Die meisten Serienmörder fixieren sich auf eine bestimmte Art von Opfer—junge blonde Frauen oder reiche schwule Männer, zum Beispiel.“
„Ja, Schatzi, das ist mir schon klar. Darauf will ich ja hinaus. Wir haben hier also einen 37-jährigen männlichen Börsenmakler, gestorben an einer Überdosis Meth übelster Sorte“, sagte Ty, schloss die Augen und lehnte sich zurück. Er schüttelte den Kopf und machte auswendig weiter.
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