Auf & Davon
„Als nächstes haben wir Susan Harris, eine Prostituierte Mitte Zwanzig, wurde nur in ein super-edles weißes Bettlaken gewickelt auf dem exklusivsten Friedhof im ganzen Staat gefunden, hatte keine Zähne mehr, keine erkennbare Todesursache. Dann ein Doppelmord. Zwei junge Frauen: Allison McFadden und Theresa Escobar. Sie wohnten zusammen. Beide wurden erwürgt und in ihre Betten gelegt, als ob sie schliefen. Das einzig Auffällige an ihnen war, dass ihnen nach dem Tod die Haare gefärbt wurden. Dann haben wir die berühmten Zwillinge, bei denen sich das FBI in den Fall einschaltete, Ryan und Russell Stevens. Sie wurden beim Grenzstein an der Dreistaaten-Markierung zwischen New York, Connecticut und Massachusetts ermordet, jeweils einer in einem der beiden angrenzenden Staaten. Todesursache bei beiden war Tod durch Erschießen. Sie waren Ende Fünfzig, der Fall wäre als Doppelselbstmord durchgegangen, hätte der Mörder nicht wieder einen gefälschten Beweis zurückgelassen.“
Er rollte das Genick und schüttelte den Kopf, als er versuchte, die Logik dahinter zu erfassen. „Der erste Mann war brünett, die Prostituierte war blondiert, aber von Natur aus brünett, die zweite und dritte waren jeweils blond und schwarzhaarig, dann umgekehrt gefärbt, und die Zwillinge waren rothaarig. Beide Geschlechter, keine übereinstimmenden körperlichen Eigenschaften. Braune Augen, grüne Augen, blaue Augen… Verflucht nochmal, er hinterlässt noch nicht einmal dieselben gefälschten Beweise! Verdammte Scheiße!“ stieß er aus. Dann murmelte er in sich hinein: „Alle Serienmörder haben ein Muster. Es muss da sein.“
„Kein Muster zu haben kann auch ein Muster sein.“ Zanes Stimme klang geduldig, wenn auch etwas abwesend.
„Falls er intelligent ist und nicht ganz verrückt, dann führt er uns vielleicht absichtlich an der Nase herum. Für den ist das ein Spiel.“ Während Ty immer frustrierter wurde, wahrte Zane inneren Abstand zu dem Fall, indem er sich auf Daten und Fakten konzentrierte.
„Ich möchte die Leichenfundorte grafisch auf einer Landkarte darstellen, um einen Überblick über seinen Aktionsradius zu gewinnen.“ Als er den Kopf hob und sah, wie finster Ty dreinblickte, überkam ihn die Neugier. „Sag mal, Grady, warum zum Teufel bist du eigentlich hier? Warum hat Burns dich auf diesen Fall angesetzt?“
„Ich weiß, dass es ein Muster gibt“, erwiderte Ty langsam, wobei er Zanes Frage vorläufig ignorierte. „Und das will ich verdammt nochmal finden“, erklärte er geduldig. Er lehnte sich zurück und drehte sein Genick hin und her. „Burns hat mich darauf angesetzt, weil er mich kennt. Ich kann um die Ecke denken und ich bin gut in Psychospielchen“, sagte er kurz, ohne das weiter auszuführen.
Zane nickte langsam. Allmählich konnte er verstehen, warum man sie beide für dieses Affentheater zusammengebracht hatte. Ty spielte gern Psychospielchen, Zane spielte gern mit Details und Mustern. Und sie passten so eindeutig nicht zusammen, dass sie dem New Yorker Team nicht einmal etwas vorzumachen brauchten.
„Ich hab genug für heute“, verkündete er, schloss die Akte und klappte sein Notizbuch zu. „Morgen sprechen wir mit den Beamten des NYPD, und Serena Scott hat bis dahin sicher auch zurückgerufen. Henninger und Morrison werden uns entweder Zugang zum Tatort verschaffen oder wir verschaffen uns den selbst.“ Er stand auf. „Hast du noch was?“ Seine Stimme war neutral.
„Nein“, murmelte Ty, ohne sich zu bewegen. Er starrte immer noch stirnrunzelnd die Akte an.
Zane sah ihm eine Zeitlang schweigend dabei zu. „Bist du so weit?“, fragte er schließlich. „Ich weiß ja nicht, wie’s dir geht, aber ich würde jetzt gern ins Hotel gehen. Ich brauch’ was zu essen und einen Drink.“
„Du trinkst im Dienst?“, fragte Ty ungläubig und riss sich endlich von den Akten los.
„Wer tut das nicht?“ Zane ging in Richtung Flur. „Ich bin mit einem Klugscheißer als Partner gestraft, also darf ich mir wohl auch mal einen genehmigen“, murmelte er leise vor sich hin, während er das Labor verließ und zur Tür ging. Bei seiner Körpermasse würden ein paar Bier zum Abendessen nicht mal bei einem Alkoholtest auffallen, und seinen kleinen grauen Zellen würden sie auch auf die Sprünge helfen, aber er traute sich nicht. Das hieß ja nicht, dass er nicht davon träumen durfte.
„Hast du überhaupt je was anderes gemacht, als vom Schreibtisch aus zu ermitteln?“ Verachtung lag
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