Auf & Davon
nicht zu verletzen.“ Er griff wieder nach Ty und packte ihn diesmal am Unterarm. „Lass es sein. Du brauchst hier niemandem was vorzuspielen.“
„Wie viele harte Worte braucht es, damit du wieder an der Flasche hängst?“, fragte Ty, riss seinen Unterarm weg und schlug nach Zanes Hand. „Nicht allzu viele, nehme ich an.“
„Wie oft muss ich denn diese Mauern noch einreißen? Ständig baust du neue auf, bis du dann am Ende genau im falschesten Moment explodierst und ausrastest!“ fuhr Zane ihn an. Seine Finger packten trotz Tys Gegenwehr nur noch fester zu. „Wie lange kannst du das alles in dir verschließen? Weil, glaub‘ mir, ewig schaffst du das nicht!“
Ty griff mit seiner freien Hand plötzlich nach Zanes Handgelenk und drückte es zusammen, um sich zu befreien. Sobald Zanes Finger sich von ihm gelöst hatte, holte Ty aus und ohrfeigte ihn mit dem Handrücken.
Wäre Zane ein kleinerer Mann gewesen, hätte ihn der Schlag wahrscheinlich umgeworfen. So riss die Wucht des Schlages ihm das Kinn zur Seite, und als er Ty wieder anschaute, musste er ein paar Blutstropfen von seiner aufgeplatzten Oberlippe ablecken. Aber als er wieder sprach, war seine Stimme kräftig und gleichmäßig. Die Sicherheit schwer erkämpfter Erkenntnis schwang darin mit. „Wenn du nicht lernst, den ganzen Zorn und Frust irgendwie loszuwerden, frisst dich das alles von innen her auf“, mahnte er. „Und damit meine ich nicht, dass du dich in einer Flasche oder zwischen den Schenkeln einer Fremden davor verstecken sollst.“
Ty schloss die Augen und wandte sich ab. Er rang sichtlich darum, sich zu beruhigen. „Es tut mir Leid“, murmelte er schließlich. Er drehte sich halb um und griff nach Zane, legte ihm die Hand an die Wange und wischte ihm reumütig mit dem Daumen das Blut von der Oberlippe.
Zane schmiegte seine Wange in Tys Hand und maß ihn mit einem sanfteren Blick. Seine Mundwinkel zuckten. „Na ja, das hatte ich verdient“, sagte er. „Ich will nicht, dass du dasselbe durchmachen musst wie ich.“
Ty war sich nicht sicher, was er darauf antworten sollte, und das war ihm auch deutlich anzusehen. Anstatt etwas zu sagen, drehte er den Kopf und ließ seine Hand von Zanes Gesicht weggleiten. Er nahm Zanes Hand und drehte sie mit einem traurigen Kopfschütteln um. „Du bist ganz schön anfällig für diesen Griff“, sagte er und streichelte mit dem Daumen sanft über den Druckpunkt, den er verwendet hatte.
Zane zog eine Grimasse und drehte sein Handgelenk hin und her. „Ja. Ich trage schon so lange die Messer, dass ich es nicht mehr gewohnt bin, dass meine Handgelenke verwundbar sind. Es ist schwer, so eine Gewohnheit zu ändern.“
Ty summte nachdenklich und legte seine Hände wieder in seinen Schoß. „Wie bist du zu den Messern gekommen?“, fragte er plötzlich.
„Jack Tanner“, antwortete Zane.
Ty zog eine Augenbraue hoch und neigte den Kopf, damit er Zane besser sehen konnte. „Du hast auf der Akademie mit Jack gearbeitet?“, fragte er in offensichtlicher Überraschung. Jack Tanner war ein ehemaliger Navy SEAL, den das FBI angestellt hatte, damit er den Schülern der Akademie beibrachte, wie man sich im Nahkampf nicht umbringen lässt. Zu der Zeit, als Ty die Akademie durchlaufen hatte, war Tanner schon so alt und griesgrämig gewesen, dass er nicht mehr unterrichtete; er suchte sich lediglich ein paar Protégés aus, die den Unterricht übernahmen, und beaufsichtigte die dann.
Zane lächelte leise und nickte. „Ich hatte seine Hilfe nötig“, sagte er. „Weißt du noch, wie ich dir erzählt habe, dass ich wiederholen musste? Ja. Jack war der Grund, warum ich beim zweiten Mal nicht durchgefallen bin.“
„Ich wusste gar nicht, dass er Einzelunterricht gegeben hat“, bemerkte Ty mit einem leichten Grinsen.
„Nur in besonderen Fällen“, sagte Zane. „Das, und Becky konnte wirklich gut kochen.“
Ty nickte und wandte unbehaglich den Blick ab. „Jack war schon immer für ein gutes Ribeye-Steak zu haben“, sagte er.
Zane neigte den Kopf. „Gibt es da eine Geschichte dazu?“, fragte er.
„Es gibt immer zu allem eine Geschichte“, antwortete Ty vage.
„Zum Beispiel dazu, warum du schnell sterben willst“, sagte Zane. Er hatte Ty schon genug bedrängt. Schon jetzt wusste er mehr über Tys Vergangenheit als Ty über seine. Vermutlich hatte er da Glück gehabt. Seufzend rieb er sich die Augen. „Man spürt nichts, und dann schläft man ein“, stimmte er schließlich zu. „Ich
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