Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf dem langen Heimweg: Roman (German Edition)

Auf dem langen Heimweg: Roman (German Edition)

Titel: Auf dem langen Heimweg: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen McQuestion
Vom Netzwerk:
Wort ›Quatsch‹ unterstrich sie mit einem Schlag auf das Armaturenbrett.
    Marnie zuckte zusammen. Woher kam das so plötzlich? Es stimmte schon, dass sie Laverne nicht gerade vorzog, aber gerade eben hatten sie sich doch noch nett über Lavernes Stiefsohn unterhalten. Sie hatte geglaubt, sie kämen gut miteinander aus. »Ich mag dich«, erklärte sie in ruhigem Tonfall. »Ehrlich. Wenn ich dir einen anderen Eindruck vermittelt habe, entschuldige ich mich. Ich mache eine harte Zeit durch und bin nicht ganz ich selbst.«
    »Jeder macht doch eine harte Zeit durch«, entgegnete Laverne. »Jeder hat doch irgendwas. Du bist nicht die einzige. Alle Leute haben doch Probleme.« Sie wandte sich ab und tat so, als schaue sie aus dem Fenster.
    »Ich weiß«, erwiderte Marnie kläglich. »Du hast recht.« Laverne sagte nichts. Dieses letzte Stück der Reise würde sehr lang werden, wenn sie so weitermachten. Marnie stellte sich vor, wie das gezwungene Schweigen über Hunderte von Meilen andauern würde. Und es würde auch nicht besser werden, wenn sie in Las Vegas ankamen. Apropos, wie würde sie eigentlichdie Anwesenheit der alten Dame erklären, wenn sie Troy und Kimberly aufsuchten? Wie sollte sie sie überhaupt vorstellen? Freundinnen waren sie nicht. Bis vor drei Tagen hatte sie Laverne noch nie gesehen, obwohl sie im selben Haus wohnten. Aber außer ihnen befand sich niemand im Wagen und sie mussten miteinander auskommen. Um des lieben Friedens willen sagte sie: »Ich denke, unterhalten wäre schon in Ordnung. Tut mir leid, dass ich so griesgrämig war.«
    Laverne antwortete nicht, was Marnie den Rest gab. Sie hasste es, wenn jemand ihr böse war. Das Schweigen zwischen ihnen, das noch vor ein paar Minuten friedlich gewirkt hatte, war jetzt vergiftet. Ein Abgrund von Verletztheit. Als der Wagen über ein Schlagloch fuhr, wurden beide ein Stückchen hochgeschleudert. Marnie spürte einen Moment lang den Druck des Sicherheitsgurts an der Schulter und Laverne musste es wohl genauso ergangen sein, denn endlich drehte sie sich wieder nach vorn. »Das hab ich aber richtig gespürt«, sagte sie. »Man weiß erst richtig, dass man noch am Leben ist, wenn man sich den Kopf praktisch am Autodach anschlägt.«
    Zu Marnies Erleichterung klang sie nicht böse. »Ein Gutes kann man wirklich über Wisconsin sagen. Wir haben zum größten Teil ordentliche Straßen.«
    »Das ist auch das Mindeste«, brummte Laverne. »Wir zahlen schließlich genug Steuern.« Jetzt waren sie wieder auf vertrautem Terrain. Laverne hatte eine Meinung zu allem und jedem. Marnie hörte höflich zu, wie sie über die Steuern und den Zustand der Straßen herzog. Paradox, da Laverne nicht einmal einen Führerschein besaß. Marnie hätte das gerne erwähnt, aber Laverne war jetzt richtig in Fahrt. Sie wechselte ohne Übergang von einer Tirade zur nächsten. »Und diesesBett bei Beth und Mike gestern Nacht? Das war garantiert mit Sägespänen gefüllt. Ich habe kaum ein Auge zugetan!«
    Dass sie kaum ein Auge zugetan habe, war eine von Lavernes Lieblingsbemerkungen. Das rief Marnie etwas in Erinnerung, was sie ihr hatte sagen wollen. »Laverne«, begann sie. »Hast du schon mal etwas von einer Krankheit namens Schlafapnoe gehört?«

36
    Die Polizeiwache war, wie sich herausstellte, ein nichtssagender Backsteinbau mit einer geraden Front und großen Glastüren. Jazzy lenkte das Auto auf einen leeren Parkplatz neben dem Eingang und einem abgestellten Streifenwagen. Nach den letzten zwei Tagen fand Rita es angenehm, wenn einmal jemand anders fuhr. »Bist du bereit?«, fragte Jazzy und legte die Parkstellung ein.
    »So bereit, wie ich es überhaupt sein kann.« Rita zog ihre Handtasche an sich, machte aber keine Anstalten, die Tür zu öffnen. »Weißt du, Davis wiederzusehen war nicht so, wie ich es erwartet hatte. Irgendwie hatte ich geglaubt, ich würde ein paar Antworten bekommen. Oder vielleicht irgendein Gefühl von Sinn? Auch wenn ich nicht weiß, was das für ein Sinn sein sollte.«
    »Abschließen zu können?«, fragte Jazzy mit nachdenklicher Miene.
    »Nein, das meine ich nicht.« Rita schüttelte den Kopf. »Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr ich diesen Ausdruck verabscheue. Das ist so ein typischer Frauensendungs-Ausdruck. Wenn man ein Kind verliert, kann man damit nicht abschließen.« Ein Klumpen bildete sich in ihrer Kehle, aber sie sprachweiter. »Das kann man überhaupt nicht abschließen. Der Schmerz lässt mit der Zeit etwas nach, aber der

Weitere Kostenlose Bücher