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Auf dem Rücken des Tigers

Auf dem Rücken des Tigers

Titel: Auf dem Rücken des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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französischen Botschaft.
    Als sich überraschend ein Gast bei mir anmeldete, war ich schließlich doch froh, im Asphaltdschungel mit der verführerischen Oase ausgehalten zu haben.
    Ich holte Erik am Flughafen ab.
    Er war sicher, korrekt und überlegen wie immer. Trotzdem wirkte er ein wenig bekümmert, und ich lächelte beiseite, weil ich wußte, woran er laborierte.
    »Kommst du geschäftlich?« fragte ich.
    »Nein«, antwortete er, »das macht Daniel.« Er deutete auf Gersbach, der mit ihm gekommen war: »Ich will eigentlich nur mit dir reden.«
    »Vom Telefon hältst du nichts?«
    »Nicht in diesem Fall«, erwiderte Erik. »Ich möchte auch nicht an diesem Ort mit dir sprechen.«
    Wir ließen eine umständliche Gepäckkontrolle über uns ergehen, am ungeduldigsten Daniel Gersbach, den es zu seiner Mutter zog. Er wollte uns am Abend einladen, aber Erik blieb nur einen Tag, deshalb verschoben wir es auf das nächste Mal.
    Ebenso verschob Erik die Erklärung, warum er nach New York gekommen war, als hätte ich nicht ohnedies begriffen, daß er nach der Hand der Frau griff, die er – ziemlich umweglos – von mir übernehmen mußte.
    »Wenn du wegen Aglaia kommst«, half ich ihm, »hättest du dir die Reise sparen können.« Ich versuchte zwecklos, meinem Lächeln die Bosheit zu nehmen: »Du kannst sie haben.«
    »Ich möchte mit dir über Aglaia sprechen«, entgegnete Erik und sah mich fest an, »aber nicht in diesem Ton.«
    »Bitte, Herr Kapellmeister«, versetzte ich.
    »Zunächst einmal erkläre ich dir, daß zwischen ihr und mir inzwischen nichts vorgefallen ist, was deine – deine Rechte verletzt hätte.«
    Hohn schaukelte meine Gedanken durcheinander. Ich mußte mich gewaltsam zwingen, ernst zu bleiben und ihm meine Ironie nicht an den Kopf zu werfen wie einen Stein: Der Stein störte mich nicht, um den Kopf tat es mir leid.
    »Ich möchte Aglaia heiraten«, sagte Erik steif. Er saß auf seinem Stuhl wie auf einem Pferd bei der Dressurprüfung. »Aber nur, wenn du mich überzeugen kannst, daß ich dir damit nichts nehme.«
    »Ich stehe auf Abruf«, antwortete ich. »Ich gehe nach Indochina.«
    Er betrachtete mich aufmerksam; nach der Kümmernis setzte sich in seinem Gesicht die Sorge fest.
    »Nicht nur wegen einer Frau«, fuhr ich fort, »wegen eines Freundes.«
    Ich merkte, daß Erik nicht begriff.
    Ich kam auf Laura und Wolfgang zu sprechen. Offensichtlich hielt er die Schilderung meiner New Yorker Situation für eine Finte.
    Dann mußte ich ihn doch überzeugt haben.
    »Danke«, sagte er und starrte auf den Grund seines Glases, statt in mein Gesicht. »Muß es Saigon sein?« fragte er.
    »Ja«, erwiderte ich.
    Erik wußte, daß er mich nicht davon abbringen konnte. Er wußte auch, daß ich nach Saigon fliegen würde, wenn es Laura nicht gäbe.
    »Ich weiß nicht, wie Aglaia zu mir steht«, sagte ich beim Abschluß.
    »Du hast sie gekränkt«, entgegnete Erik.
    »Trotzdem – alles Gute – für euch beide.«
    »Ich möchte, daß du und Aglaia Freunde bleibt – oder besser«, setzte er mit einem knappen Lächeln hinzu: »Freunde werdet.«
    Ich gab dieser Verbindung so wenig Chancen wie Wolfgangs Ehe.
    Vielleicht war ich nicht bloß skeptisch, sondern war auch noch zynisch und verwechselte die Person mit der Institution.
    Vielleicht auch hätte ich Erik mit allen Mitteln davon abhalten müssen, die Jungfrau von Bamberg zu heiraten, aber ich sagte kein Wort. Eine ziemlich unbegründete Warnung hätte nur die Freundschaft zwischen Erik und mir belastet.
    »Farewell!« sagte ich.
    Bis zu Eriks Abflug hatten wir noch etwas Zeit.
    »Du hast daran gedacht«, begann er wieder, »daß du von Indochina nicht zurückkommen könntest?«
    »Sicher«, antwortete ich.
    »Die Dividenden unseres Konzerns werden auf ziemliche Summen anwachsen.«
    »Gut«, kam ich ihm zuvor, »du meinst, ich soll eine letztwillige Verfügung treffen, was mit dem Geld …«
    »So ist es«, erwiderte Erik.
    Ich hatte nicht daran gedacht. Es war mir auch gleichgültig, was in einem solchen Fall damit geschähe. Zwar nutzte ich das Schindewolff-Geld, aber als Eigentum hatte ich es nie werten können, da es von mir nicht verdient worden war.
    »Gut«, antwortete ich, »meinen gesamten Nachlaß soll mein Freund Wolfgang erhalten.«
    »Zweckgebunden?« fragte Erik sachlich.
    »Egal«, entgegnete ich und kam nicht mehr dazu, ihm zu erklären, daß bei Wolfgang ohnedies alles zweckgebunden sei. Die Passagiere wurden zum Abflug

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