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Auf dem Rücken des Tigers

Auf dem Rücken des Tigers

Titel: Auf dem Rücken des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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ihre Felder von den Milizen bestellen, die kollaborierenden Minister von der französischen Regierung teuer bezahlen und die vietnamesischen Generäle dicke US-Limousinen schenken, mit denen sie ihre Konkubinen spazierenfuhren.
    »Santé«, sagten die Legionäre und hoben ihr Glas.
    Zuerst waren sie noch zurückhaltend, dann aber sprachen sie in einem schauerlichen Französisch darüber, daß sie in den nächsten Tagen zu einer Vergeltungsaktion in den Dschungel aufbrechen würden.
    »Und das sagst du mir nicht?« fragte ich Sergeant Chou-croute. »Bleib lieber hier«, erwiderte er, »Mann, das is'n heißes Ding.«
    Nach der dritten Runde erboten sie sich, bei ihrem Kompaniechef dafür einzutreten, daß ich an ihrem Gegenschlag teilnehmen dürfe.
    Capitaine Camard war klein und zierlich. Er hatte einen sorgfältig gepflegten Schnurrbart und klatschte beständig mit der Reitgerte gegen die blankgeputzten Stiefel. Er wollte Major werden und trieb deshalb seine Legionäre erbarmungslos durch den Dschungel. Er mußte dem Regiment Resultate vorweisen, wenn er außer der Reihe befördert werden sollte.
    Während er mich mit wässerigen Augen betrachtete, blieb seine Miene ausdruckslos: »Auf eigene Gefahr können Sie mitkommen«, sagte er. »Ohne Fotoapparat.« Mit seinem Stöckchen klopfte er gegen seine Breecheshose. »Falls Sie einer von der Armee fragen sollte …«, sein Lächeln deutete an, daß an seinem Einsatzziel höhere Offiziere nicht anzutreffen wären, »sagen Sie, daß sie sich uns nach einer Autopanne angeschlossen hätten, compris?«
    »En ordre«, erwiderte ich.
    »Für wen schreiben Sie eigentlich?«
    Ich nannte einige Zeitungen, in denen meine Indochina-Reportagen erschienen waren.
    »Gut«, entgegnete Camard. »Schreiben Sie, daß wir diese gelben Affen ausräuchern würden, wenn uns Washington statt Schrott Waffen liefern würde – und zwar rechtzeitig.«
    »Ihre Bezeichnung gelbe Affen werden US-Zeitungen nicht drucken«, antwortete ich.
    »Dann schreiben Sie eben«, sagte er mit einem Lächeln – es decouvrierte seinen Hass auf Amerika –, »gelbe Nigger.«
    Im Weitergehen blieb er stehen, als horchte er meiner Stimme nach. Mein Akzent mußte ihm aufgefallen sein.
    »Deutscher?« fragte er.
    »Ja«, erwiderte ich.
    Sein Blick wurde klar, hart: »Dafür brauchen Sie sich nicht zu entschuldigen«, versetzte Camard. »Wenn Sie wollen, können Sie auch Ihrem Bericht hinzufügen, daß Ihre Landsleute zu meinen besten Legionären gehören.« Sein Lob klang verächtlich. Er warf es mir hin wie einen unerwünschten Orden, zu nachlässig, um ihn mir anzustecken.
    Ich mochte diesen Capitaine nicht, doch hütete ich mich, ihn zu unterschätzen. Parfümiert und geschniegelt sah er aus wie ein Gigolo, aber ich konnte mir vorstellen, daß er eine blutige Samba auf das Dschungel-Parkett legen würde.
    Ich kletterte in den Wellblechbauch der JU 52: ihr Balkenkreuz war durch die Concorde schlampig übertüncht worden. Sergeant Chou-croute reichte mir die Feldflasche: halb Kaffee, halb Schnaps. Ich trank dieses Kriegsgemisch und schüttelte mich: »Zieht ihr heute den Mut auf Flaschen?«
    »Hast du 'ne Ahnung«, grinste François Bois, alias Franz Holz, »kehr lieber um. Leute deines Schlags haben im Mekong-Delta nichts zu suchen.«
    »Du vielleicht?«
    »Mein Job«, erwiderte er.
    »Meiner auch«, sagte ich.
    Wir sprachen deutsch, aber ich merkte, daß uns Capitaine Camard verstand: Vermutlich war er Besatzungsoffizier gewesen.
    Wir landeten auf einem kleinen Flugplatz. Lkws standen zum Umsteigen bereit. Die Strafexpedition sollte als kombinierter Einsatz zu Land und aus der Luft abrollen. Der erste Zug würde im Morgengrauen abspringen und den Fluchtweg der Dorfbewohner verstellen, während das Gros die Dörfer angriff. Ihre Bewohner, kleine Reisbauern, standen in dem Verdacht, Vietminhs verborgen zu haben.
    Das konnte stimmen oder auch nur den Franzosen von einem Großgrundbesitzer eingeredet worden sein, der sich Land wohlfeil aneignen wollte: verbrannte Erde ist billig.
    »Du mußt dich maskieren«, sagte Sergeant Chou-croute und brachte mir ein Tarnhemd, Unilormhose und Schnürschuhe. »Hier«, wollte er mir ein Gewehr reichen.
    »Danke.«
    »Kannst du nicht schießen?« fragte er spöttisch.
    »Vielleicht will ich es nicht«, entgegnete ich.
    »Die Vietminhs legen dich mit und ohne Gewehr um«, erwiderte der Sergeant. »Verlaß dich darauf, Kumpel.«
    Er sah, daß er die Waffe nicht an mich loswerden

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