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Auf dem Rücken des Tigers

Auf dem Rücken des Tigers

Titel: Auf dem Rücken des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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enttäuscht fest, daß sie keine Ähnlichkeit mit Wolfgangs Frau hatten.
    Als ich mich, genarrt von einer oberflächlichen Ähnlichkeit, in das Ehebett eines französischen Kolonialbeamten geschwindelt hatte, erschrak ich vor dem Irrtum: Diese nackte, gierige Frau hatte nichts gemein mit der Amerikanerin in New York.
    Ich hatte meine Gefühle in der Zwangsjacke; sie mußten sich rächen. Vor Laura hatte ich eine ganze Reihe von Frauen geliebt, besessen und vergessen.
    Ich beschwor ihre Bilder.
    Als sie farblos blieben, stürzte ich mich in die Arbeit – und damit in Gefahr.
    Ich würde diesen Zustand abschütteln, wenn er auch noch eine Weile anhielte wie dieser dreckige Kolonialkrieg.
    Ich tröstete mich damit, daß ich Laura vermutlich vergessen haben würde, noch bevor die Franzosen Vietnam geräumt hätten. Mit mir oder ohne mich, denn heute war wieder einer meiner Kollegen umgekommen: Halsdurchschuß. Glatte Sache.
    »Nachdenklich, mon ami?« fragte mich der Mandarin.
    Major Martell war so lautlos und überraschend neben mir aufgetaucht, als wollte er einen seiner Untergrundtricks vorführen. Er war schlau und gefährlich und führte gelegentlich sogar gegen den eigenen Oberbefehlshaber seinen Privatkrieg.
    Er wartete, bis wir allein in der Bar waren. Meine Kollegen ließen sich Zeit, und so lange tranken wir schweigend. Ich versuchte Lauras Bild wegzuwaschen und starrte Major Martell an, bis sein Gesicht auseinanderlief wie eine Eidotter.
    »So long!« riefen die Reporter und gingen.
    »Was kann ich für Sie tun?« fragte der Mandarin.
    »Viel«, antwortete ich, »verschaffen Sie mir eine Besichtigungsreise nach Dien-Bien-Phu.«
    »Warum nicht gleich in den Himmel?«
    »Ist es denn so himmlisch dort?« fragte ich.
    »Voilà, ein Witzbold«, entgegnete der Major.
    Wir waren allein in der Bar. Trotzdem sprach der Mann vom Geheimdienst fast unverständlich. Er verzog den Mund in einer Weise, als wollte er selbst Taubstummen es unmöglich machen, mitzulesen. Er war zynisch und tüchtig, ein klarer Kopf mit blutigen Händen.
    »Ihre letzten Berichte waren recht kritisch«, sagte der Mandarin.
    »Die Zensur hat sie durchgelassen.«
    »Wie ich Sie einschätze«, fuhr der Major fort, »werden Sie vor dem großartigen Dien-Bien-Phu-Plan unseres Generals auch keinen Respekt haben.«
    »Haben Sie denn Respekt?« fragte ich.
    Er spuckte seine Gauloise aus dem Mundwinkel. »Nicht die Spur«, erwiderte er. »Der General ist ein Idiot.« Er lachte rauh. »Sehen Sie«, sagte er und fuhr mit der Hand über die Bartheke, »eine flache Ebene, ringsum Berge. Genau das richtige für die Aufständischen. Und hier, in der Mitte, eine sogenannte Festung. Wie ein umgestülpter Nachttopf. Ein Fiasko, wenn es nicht verhindert wird.«
    »Warum verhindern Sie es nicht?«
    Es war eine dumme, rhetorische Frage. Erstens war der Mandarin nur Major und der Oberbefehlshaber ein Vier-Sterne-General, zudem war der Mann vom Geheimdienst dabei, mir Informationen zuzuspielen, die einen anderen vor das Kriegsgericht bringen würden.
    »Mal sehen, was sich tun läßt«, sagte Major Martell. »Aber Sie können sich die Reise sparen«, setzte er hinzu. »Wie ich Ihre Schreibe kenne, wird die Zensur kein Won davon durchlassen.«
    »Man könnte auch zwischen den Zeilen schreiben.«
    »Oder aus Indochina herausfliegen und anderswo seinen Bericht durchgeben …«
    »Zum Beispiel in Manila«, sagte ich.
    »Sie begreifen rasch, mon ami«, antwortete Major Martell. »Ich sehe schon, wir werden mit der Zeit noch richtige Freunde.«
    Der Mandarin stieg vom Hocker, nickte mir zu. Er verschwand so lautlos und rasch aus dem Raum, als tauchte er von der Hotelbar direkt in den Untergrund.
    Am späten Abend verließ ich das Hotel. Es war wie alle anderen zum Schutz gegen Handgranaten nur durch eiserne Laufstege zu erreichen. Mittlerweile konnte ich unterscheiden, ob einem Auto der Reifen geplatzt oder eine Höllenmaschine explodiert war.
    Man saß herum und wartete: auf Post, auf Malaria, auf verstaubte Neuigkeiten, auf alltägliche Hiobs-Nach-richten. Man saß in Saigon seine Tage ab wie im Gefängnis. Der Mensch war dazu verurteilt: lebenslänglich.
    Das ›Haus der Fünfhundert Frauen‹ war das führende Bordell am Ort, und wir Korrespondenten hatten uns angewöhnt, es am Abend aufzusuchen, wie man auf dem Heimweg von der Redaktion an einem Stehausschank noch ein Bier miteinander trinkt.
    Dieses Bier war schal, aber für uns war die Heimstätte der käuflichen

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