Auf dem Schlachtfeld der Liebe
während der Nacht den Kurs zu halten, und setzte sich auf ein leeres Rumfaß. Auf seiner feuchten Brust fühlte sich der Meereswind kalt an, und Jerome hieß ihn willkommen, weil in seinem Innern ein Feuer brannte, das gelöscht werden mußte.
Er hatte sich stets für vernünftig gehalten. Das verdankte er seinem Schicksal. Sein Vater war ein halber Seminole, seine Mutter entstammte der weißen Aristokratie. Nun lebten sie in der Wildnis der südlichen Halbinsel, denn in der zivilisierten Welt müßte James McKenzie stets unter dem Unrecht leiden, das die Union dem Seminolenvolk seiner Mutter angetan hatte. In den Augen vieler Weißer genügte ein Tropfen Indianerblut in den Adern, um einen Mann als Wilden abzustempeln, so wie ein Tropfen afrikanisches Blut jeden in einen Neger verwandelte.
Aber es gab auch vorurteilsfreie Weiße. Das war James bewußt geworden, als er sich in Jeromes Mutter Teela verliebt hatte, die keinen Menschen nach seiner Herkunft einschätzte, sondern nur nach seinem Charakter und seiner Lebensart. Ebensogut wußte Jerome, daß Rasse oder Glaubensbekenntnisse keine Rolle spielten, was das Wesen einer Person betraf. Er war zufrieden mit sich und seiner Welt. Auch wenn er das Grauen des Krieges zwischen den Nord- und den Südstaaten verabscheute, versuchte er doch das Beste aus der Situation zu machen.
Im Grunde kämpfte er nur, um Medikamente zu beschaffen, weil zwei seiner engsten Verwandten Ärzte waren. Deshalb kannte er das Leid der Verwundeten. Ihre Schmerzensschreie unter dem Chirurgenmesser, wenn keine Anästhetika zur Verfügung standen, genügten ihm, um regelmäßig sein Leben zu riskieren und die Blockade zu brechen. Außerdem genoß er seinen wiederholten Triumph über feindliche Schiffe.
Genausogern ließ er sich auf Dinnerpartys feiern, wenn er wieder einmal die Unionslinien durchbrochen und Häfen wie Charleston, Savannah und Jacksonville erreicht hatte. Es beglückte ihn, den Ärzten und dem Pflegepersonal die dringend benötigten Medikamente zu übergeben. Auch die Dankbarkeit schöner Frauen gefiel ihm. Viele kokette Debütantinnen aus der Südstaatenaristokratie -ebenso wie ihre liebevollen Väter und kupplerischen Mütter - waren angesichts seiner Heldentaten bereit, den kleinen Makel seiner Geburt zu übersehen. Und manche reifere Dame belohnte ihn mit verführerischen Reizen.
Trotzdem war er kriegsmüde. Wie er von Anfang an gewußt hatte, mußten die Südstaaten bald gewinnen -oder sie waren verloren. Der Norden war ein übermächtiger Feind, unterstützt von irischen und deutschen Emigranten, die von Bord ihrer europäischen Schiffe gingen und ins Unionsheer eintraten. Tausende Unionssoldaten fielen auf den Schlachtfeldern. Tausende wurden ersetzt. Wenn die Soldaten der Konföderierten starben, mußten alte Männer und halbe Kinder einspringen. Sie kämpften mit dem Eifer der Verzweiflung, und Abraham Lincoln, in der Union am Ruder, war kein Narr - mochten ihn die Südstaatler und ihre Karikaturisten auch noch so boshaft verspotten. Jetzt hatte der Norden New Orleans eingenommen. Als Seemann sah Jerome voraus, daß die Yankees den Mississippi hinaufsegeln und versuchen würden, die Konföderation in zwei Hälften zu teilen. Er hielt das Gesicht in die Brise.
Und nun?
Nun hatte er eine Frau an Bord, die seine Besatzung mit ihren Kristallaugen und feurig glänzenden Haaren betörte. Er wußte bereits, wie sie sich anfühlte, wie ihre Lippen schmeckten, und er gab David recht. Auch er fand sie vollkommen. Und sie liebte immer noch seinen Vetter Ian.
Der Krieg war ihr Pech, so wie es sein Pech war, Risa Magee glühend zu begehren.
Als sie erwachte, hörte sie die Wellen gegen den Schiffsrumpf schlagen und spürte ein sanftes Schwanken. Zwischen den Vorhängen schien die Morgensonne in die Kabine. Risa hatte erstaunlich gut geschlafen, was sie dem Rum verdankte. Zuversichtlich stand sie auf, fest entschlossen, der Südstaaten-Navy zu trotzen.
Sie wusch sich mit dem Wasser, das Jeremiah Jones ihr am letzten Abend gebracht hatte.
Immerhin genoß sie als Gefangene auf einem Blockadebrecher gewisse Vorteile - der Junge hatte ihr auch eine Zahnbürste und französisches Zahnpulver überreicht. Das Haar gebürstet, das Gesicht gründlich mit kaltem Wasser gewaschen, die Zähne geputzt, fühlte sie sich bereit, gegen alle Dämonen zu kämpfen, die sie bestürmen würden.
Sie eilte zur gepolsterten, mit Leder bezogenen Fensterbank und öffnete die Vorhänge. Offenbar war
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