Auf dem Schlachtfeld der Liebe
Julios Baumwolle und sein Zuckerrohr an Bord.
Der Geschäftsabschluß verzögerte sich, denn der Mexikaner war in redseliger Stimmung. »Si!« stimmte er Michaels Rechtfertigung des Krieges zu. »So wie Ihre Vorfahren gegen die Besteuerung durch das britische Parlament rebellierten, wehren sich die Südstaaten jetzt gegen den Norden, weil er sie unter das Joch einer Regierung zwingen will, die ihnen mißfällt.«
»Das haben Sie auf den Punkt gebracht!« rief Michael erfreut. »In Amerika gibt es nun einmal verschiedene Gesetze.«
»Aber dieser Krieg ist eine Tragödie, nicht wahr, Captain McKenzie?«
»Gewiß«, bestätigte Jerome trocken. Er trug nicht viel zur Diskussion bei. Die Argumente für und wider den Krieg und das Recht des Südens, von der Union abzufallen, hatte er oft genug gehört. In den Tavernen hielten Zivilisten und Politiker flammende Reden über Ehre und Ruhm. Doch die schönen Worte nützten den Soldaten nichts, die durch schlammiges Terrain wateten, im Winter froren, im Sommer schwitzten, an schrecklichen Krankheiten starben und unentwegt hungern mußten.
Julio beugte sich zu Jerome vor. »Seltsam - Sie stellen Ihre Lady Varina und Ihre Talente in den Dienst der neuen Regierung, während die meisten Blockadebrecher ihre Schiffe kommandieren, ohne die Befehle Vorgesetzter Offiziere zu befolgen.«
»Weil sie ihren Profit suchen, im Gegensatz zu mir.«
»Und Sie besitzen keine Sklaven«, betonte der Mexikaner grinsend.
»Nein, meine Familie lehnt die Sklaverei schon seit einigen Generationen ab.«
»Trotzdem kämpfen Sie für ein Volk, das sein Recht verteidigt, Sklaven zu halten.«
»Die Wirtschaft der Südstaaten basiert auf der Sklavenarbeit. Mit der Zeit hätte sich das geändert, auch ohne diesen Krieg. Ich persönlich halte die Sklaverei für überholt. Obwohl dieses Thema eine gewisse Rolle spielt - die Südstaaten haben sich hauptsächlich deshalb von der Union getrennt, weil sie ihre eigenen Entscheidungen treffen wollen.«
»Aber daß die Konföderierten auch für die Sklaverei kämpfen, scheint Ihnen zu mißhagen, Captain.«
»Nur die Reichen besitzen Sklaven. Und ich versichere Ihnen - nicht der ganze Süden ist reich. Die Soldaten auf den Schlachtfeldern sind keine Sklavenhalter.« Ungeduldig schüttelte Jerome den Kopf. »Im Süden kämpfen viele Gegner der Sklaverei für die Freiheit ihrer Staaten, und ich kämpfe für Florida.« Er hatte die Abkehr seiner Heimat von der Union nicht befürwortet. Nun gehörte Florida der Konföderation an, die wenig für den Staat tat. Die Kämpfe fanden anderswo statt. Blutige, bittere Kämpfe. Virginier starben auf virginischem Boden. Doch die Soldaten von Florida wurden nach Norden geschickt. Deshalb konnten sie ihren Staat nicht verteidigen. Am Fernandina Beach ankerten Unionsschiffe, die hin und wieder an der Florida-Küste patrouillierten, in der Hoffnung, Blockadebrecher zu kapern oder zu versenken. St. Augustine blieb in den Händen der Union, Jacksonville war erobert und dann aufgegeben worden.
Niemand vermachte die vielen hundert Meilen der Florida-Küste zu schützen. Die meisten Blockadebrecher, im Dienst der Confederate States Navy oder unabhängig, steuerten neutrale Häfen - Nassau, die Bermudas, Havanna und Matamoros - an, um Vorräte zu beschaffen und dann an Unionsschiffen vorbei nach New Orleans, Savannah und Mobile zu segeln.
Jetzt war New Orleans verloren und mußte in weitem Bogen umrundet werden. Die Reise von Nassau zu anderen Häfen dauerte sechs Tage. Nur hundertachtzig Meilen trennten Florida von Nassau. Trotzdem konnte man den Nachschub nicht schnell genug zu den Schlachtfeldern befördern, und die Unionsblockade funktionierte immer effektiver. Der Norden wollte den Süden aushungern, um ihn zur Kapitulation zu zwingen - eine wirksame Taktik.
Obwohl Florida in Nassaus Nähe lag und zahlreiche Meeresarme als Schlupfwinkel fungierten - sobald ein Blockadebrecher der Konföderierten in einen Fluß segelte, mußte er damit rechnen, einem kleinen Unionsschiff zu begegnen, das ihn in ein Gefecht verwickelte.
Nur wenige Leute setzten sich für Florida ein. Aber Jerome diente der Konföderation, weil er sein Bestes tun wollte, damit sein geliebter Heimatstaat den Krieg überstehen würde. So einfach war das.
»Also kämpfen Sie für Florida, Captain? Einem Gerücht zufolge wäre aus dem östlichen Florida ein neuer Staat entstanden, hätte die Union beschlossen, Truppen in Jacksonville zu stationieren.«
Jerome
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