Auf dem Schlachtfeld der Liebe
zuckte die Achseln und strich mit einem Finger über sein Whiskeyglas. »Nun, die Unionstruppen wurden aus Jacksonville abgezogen, und es gibt keinen neuen Staat.«
»Auf Florida!« Julio hob sein Glas.
»Haben Sie neue Informationen?« fragte Jerome ungeduldig.
»General McClellan ist und bleibt ein Narr, der seine Streitkräfte überschätzt, und General Lee hält ihn im Zaum. Jetzt kämpfen sie rings um Richmond, und der schlaue Lee ist den Yankees aufs neue einen Schritt voraus.«
»Dann scheinen sich die Aktionen auf Richmond zu beschränken«, murmelte Jerome. Dort würde Brent versuchen, möglichst viele Menschenleben zu retten. So kriegsmüde Jerome auch war, er mußte Ärzte wie seinen Bruder weiterhin mit Nachschub versorgen.
»Offensichtlich. Jede Seite glaubt zu siegen, wenn sie die Hauptstadt der anderen einnimmt. Bald wird Lee vorrücken, den Krieg von Süden nach Norden verlagern und den Yankees eine Materialschlacht aufzwingen. Und jetzt zum Geschäft«, fuhr der Mexikaner unvermittelt fort, zog Papiere aus der Tasche seines Jacketts und legte sie auf den Tisch. Nachdem er ebenso wie Jerome die Verträge unterschrieben hatte, zeigte er ihm die Frachtliste für die Montmarte. »Ein Dampfer, frisch aus der Werft von Liverpool, ein außergewöhnliches Schiff - mit reicher Beute an Bord, nicht wahr? Die Montmarte soll geradewegs nach Charleston fahren, und ihre Ladung ist für Richmond bestimmt, das Herz der Konföderation. Wie ich von meinen Informanten erfuhr, ist das Kriegsschiff USN lnvincible bereits unterwegs, um sie anzugreifen, sobald sie morgen früh mit der Ebbe ausgelaufen ist. Vielleicht zwanzig Meilen nordöstlich, auf offener See.«
»Weiß der Captain von der Montmarte Bescheid?«
»Ja, Captain Menkin wurde verständigt. Er wird Sie hier um Mitternacht treffen. Dann können Sie gemeinsam Ihre Strategie planen. Ihre Lady Varina ist kleiner als die beiden Schiffe. Aber das macht sie mit Tempo und ausgezeichneter Manövrierfähigkeit wett. Als Menkin von Ihrer Anwesenheit im Hafen hörte, war er sehr froh. Auch er kennt Ihren Ruf.«
»Hoffentlich finden die Yankees nicht heraus, daß wir auf ihren Hinterhalt vorbereitet sind«, seufzte Michael.
»Ganz bestimmt nicht.« Wie ein harter Glanz in Julios Augen verriet, erinnerte er sich an die bittere Niederlage seiner Heimat im Mexikanisch-Amerikanischen Krieg. Dann wandte er sich wieder zu Jerome. » Amigo , wie wär's mit dem fabelhaften Rum, den Mr. Eagle, ihr Vetter, angeblich für besondere Gelegenheiten bereithält?«
Jerome nickte und stand auf. Auch er konnte einen kräftigen Schluck vertragen, der ihm helfen würde, sich zu entspannen. Die letzte Nacht hatte er an Deck verbracht, nicht gewillt, die Kabine des spottlustigen Dr. David Stewart oder eines anderen Offiziers zu teilen.
Nun spürte er seine steifen Muskeln und sehnte sich nach einem erholsamen Schlaf. Vor allem, weil ihn ein anstrengender Tag erwartete. »Ich werde Jay bitten, den besten Rum aus seinem Keller zu holen«, versprach er und ließ Michael mit Garcia und den beiden Leibwächtern allein.
McKenzies Wachtposten glaubten, Risa würde schlafen. Nachdem sie so lange im Meer geschwommen war, mußte sie müde sein.
Und sie waren sehr freundlich zu ihr gewesen. Sie hatten ihr sogar eine Sitzbadewanne gebracht. Nervös stieg sie ins warme Wasser. Niemand störte sie. In diesem Hotel wurde sie geradezu verwöhnt. Lebhaftes Feuer brannte im Kamin. Neben der Wanne lagen flauschige Handtücher und eine duftende Seife. Hier merkte man nichts von der Warenknappheit, die der Krieg verursachte.
Obwohl der Captain sich zunächst geweigert hatte,
S
Geld für Risas Garderobe auszugeben, stand eine große Schachtel auf dem Bett, die ein schönes blaues Baumwollkleid und Unterwäsche enthielt. Selbstverständlich würde sie nichts davon benutzen und nach dem Bad wieder Jeremiahs Sachen anziehen.
Beim Dinner, das ihr der Junge servierte, erweckte sie den Anschein, ziemlich viel Wein zu trinken. Danach ging sie ins Bett und stellte sich schlafend.
Hin und wieder hörte sie ein Flüstern vor ihrer Tür. Die Stimmen klangen erstaunlich besorgt.
Offenbar bangte man um ihr Wohlbefinden. Wie erschöpft sie war, die arme Lady ... Ein Jammer, daß sogar Frauen in diesen Krieg verwickelt wurden ... Andererseits gab es viele weibliche Spione, und man mußte sie im Auge behalten.
Endlich wurde es still im Royal Inn, und Risa beschloß, einen Fluchtversuch zu wagen. Sie stieg aus
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