Auf dem spanischen Jakobsweg
dazu bekommen.
Diesen
deutschen Königen aus England und Kastilien ging es aber nicht so sehr um
Deutschland. Alfons zum Beispiel, ganz der maurischen Kultur zugetan, kam nie
angereist, um sich von seinen neuen Untertanen in Deutschland huldigen zu
lassen. Genauso wie seinem Königskollegen aus Cornwall ging es ihm vorwiegend
um die Herrschaft über Italien und um die Kaiserkrone. Diese Dinge wurden zwar
in Rom ausgehandelt, aber eine deutsche Königskrone aus dem Staufererbe konnte
da doch, so glaubte man, sehr behilflich sein.
Aus der
ganzen Geschichte wurde schließlich nichts, was irgendwelchen Bestand gehabt
hätte. Aber Alfons X. wäre nicht der Weise gewesen, wenn ihn das über Gebühr
gegrämt hätte. Nachdem noch ein paar andere Dinge schiefgegangen waren, zog er
sich, auch auf Drängen seines ehrgeizigen Sohnes Sancho, mehr und mehr aus den
Staatsgeschäften zurück und wurde für Kunst und Wissenschaft zu einem der
größten Mäzene des Mittelalters: Er übernahm die Stabführung bei der Schöpfung
der kastilischen Schriftsprache, er kümmerte sich um die Vereinheitlichung des
damaligen Rechts, er veranlasste eine großangelegte Chronik der spanischen
Geschichte, die „Cronica General“, und er verhielt sich tolerant gegenüber
Juden und Arabern, deren Werke er übersetzen ließ. Vor allem aber sind seine
etwa 420 Marienlieder, die sogenannten „Cántigas de Santa Maria“, berühmt
geworden, lyrische Hymnen, von denen die Madonnenfigur, vor der wir jetzt
staubig und schweißgebadet in der Kirche Virgen del Manzano stehen, auch ihren
gebührenden Anteil abbekommen hat.
Ein
Landstrich voll schlechter und böser Männer
Heute werden
wir, bis Frómista, nur etwa 25 Kilometer laufen müssen, also schon am frühen
Nachmittag dort ankommen.
Noch bei
Dunkelheit verlasse ich allein die Herberge in Castrojeriz. Das Flüsschen
Odrilla, Lebensader für ein schmales, fruchtbares Tal, überquere ich nach etwa
einer halben Stunde auf einer kleinen, mittelalterlichen Brücke, die zur Zeit
restauriert wird. Danach beginnt ein steiler Anstieg auf die Mostelares-Höhen,
ein Plateau zwischen dem Río Odrilla und dem wesentlich breiteren
Pisuerga-Becken.
Am Horizont,
weit im Osten, bahnt sich das gleiche Schauspiel wie am gestrigen Morgen an.
Noch ist die Sonne nicht zu sehen, aber schon bricht sich der neue Tag in
vielen ineinanderfließenden Farben seine Bahn.
Oben, auf
der Höhe des Tafelberges angekommen, kann ich auch schon die Sonne begrüßen.
Ihr gehört der Tag in der Meseta, ihr allein, und niemand kann ihr diese
Herrschaft streitig machen. Ihre Hitze fließt wie Lava in jede Spalte der
ausgetrockneten Erde, bringt Steine zum Glühen und die Luft zum Flimmern. Es
ist jedoch eine trockene Hitze, die ich gut verkrafte. Ich ziehe dahin auf
einer Höhe von 900 Metern und weiß, dass mir die Sonne mein Blut zwar erhitzen,
mir aber nichts anhaben kann. Eigentlich liebe ich sie, sie gehört zu diesen
einsamen Wegen durch dieses ausgetrocknete Hochland.
Schon am
frühen Vormittag, ich muss jetzt wieder ziemlich steil absteigen, komme ich an
der „Fuente del Piojo“, also an der „Lausquelle“ an. Ich möchte so gerne
wissen, warum diese Quelle mit Läusen in Verbindung gebracht wird, aber mein
Pilgerführer schweigt hierzu. So kann ich nur meinen körperlichen Durst löschen
und meine Aluminiumflasche wieder mit frischem Quellwasser auffüllen.
Vor mir
liegt jetzt ein weites Tal, durch das der Río Pisuerga fließt, ein ziemlich
breiter, nicht regulierter Fluss mit klarem, schnell vorbeifließendem Wasser.
Dieser Fluss trennt die Provinzen Burgos und Palencia und wird von einer
schönen, alten Brücke überspannt, der historischen „Brücke von Itero“ aus dem
12. Jahrhundert. Der Name dieser Brücke bezieht sich auf die alte Grenzlage und
entstammt dem Wort „hito“, was „Grenzstein“ bedeutet. In der Tat verlief hier
schon die alte Grenze Kastiliens und der etwa einen Kilometer rechts von dieser
einsamen Brücke gelegene Ort Itero del Castillo war in alter Zeit zur
Verteidigung der Grafschaft Kastilien befestigt worden. Das Epos „Poema de
Fernán González“ — das war jener Mann, der Kastilien zwischen den Jahren 931
und 970 aus dem Dämmerlicht der Geschichte heraus zu einer Grafschaft erhoben
hat — erinnert an diese alte Grenze Kastiliens mit den Worten:
Damals
war Castiella ein kleiner Winkel, Montes de Oca für die Castilier der Markstein
war und auf der anderen Seite
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