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Auf dem Weg nach Santiago

Auf dem Weg nach Santiago

Titel: Auf dem Weg nach Santiago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Noel Pierre / Gurgand Barret
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Santiago
aufbrechen, darüber unterrichtet sind, welche Ausgaben ihre Reise erfordern
wird«. 11
    Humbert, der Sohn des Bürgers Jacquemin
du Puy aus der Stadt Lyon, macht sich am 30. März 1342 zu Pferd auf den Weg mit
einem Diener und fünfzig Livres Taschengeld. Er ist prächtig ausgerüstet; für
fünfzig Sous Tournois (zweieinhalb Livres) hat er einen Sattel erstanden, für
die gleiche Summe ein Paar Stiefel und zwei Paar Sandalen, und fünfundzwanzig
Sous hat er dem Schneider für die Bekleidung bezahlt. 12
    Unter unseren Weggefährten begegnen wir
dem ziemlich wohlhabenden flämischen Kaufmann Jean de Tournai, der das Geld
gewiß nicht zu zählen braucht, aber auch dem kleinen Bonnecaze, der im ganzen
nur drei Livres besitzt, und am 5. August 1726 dem Schneider aus der Pikardie,
Guillaume Manier, der an einen Schäfer aus Carlepont für fünfundsiebzig Livres
(die nicht mehr zu vergleichen sind mit den Livres vom Jahre 1342) Land
verkauft. 13
    Den Lehnsherren stehen für die Ausgaben
die Steuern zur Verfügung oder auch der Verkauf einiger Rechte. Die anderen
setzen alle Hebel in Bewegung, um das nötige Geld aufzutreiben. Einige betteln
so lange, bis sie die Summe beisammen haben, andere verkaufen oder leihen, was
sie können. So bestätigt Jean Léonard Bauvoir aus Tulle am 8. August 1645, von
seinem Bruder Geld empfangen zu haben; er überläßt ihm für den Fall, daß er
unterwegs stürbe, einige seiner Rechte. Der königliche Notar von Tulle
registriert: »Jean Léonard Bauvoir möchte nach Santiago in Galicien wallfahren;
da er aber wegen der Länge der Reise befürchtet, von Krankheit überrascht zu
werden, und da er außerdem der von seinem Bruder Jean Bauvoir empfangenen
Wohltaten eingedenk ist, von dem er allhier zur Deckung der Reisekosten die
Summe von zwanzig Livres geliehen bekam, hat er dem genannten und hier
gegenwärtigen Bruder Jean Bauvoir durch Schenkung im Todesfall alle Rechte
gegeben und gibt jene Rechte, die ihm, Jean Léonard, über die Güter seiner
verstorbenen Nichte Léonarde Malaret zukommen, so daß der oben genannte Bruder
im erwähnten Todesfälle darüber verfügen könne.« 14
    In den Archiven von Zabern befindet
sich ein Vertrag aus dem Jahre 1609; darin verkauft ein Bürger der Stadt alle
seine Güter, um nach Santiago pilgern zu können. Und manchmal ist ein
Wallfahrer unterwegs gezwungen, seine restliche Habe in Geld umzumünzen. 1522
muß ein Soldat aus Leipzig bei der Ankunft in Santiago seine Rüstung verkaufen,
um die Schulden bei den Reisegefährten bezahlen zu können; der Gemeinderat von
Santiago zeichnet als Empfänger von neunzig Gros — für ein Gros konnte man
damals ein Pfund Reis, ein Pfund Speck oder dreißig Eier erstehen. 15 Ein anderes Mal — wir befinden uns im beginnenden 15. Jahrhundert — werden Jean
de Montbrison und seine Frau unterwegs festgenommen, weil sie ohne Erlaubnis
ärztlich tätig waren; sie rechtfertigen sich damit, daß sie auf diese Weise
ihre Reisekosten begleichen wollten. 16
    Die Adeligen und Begüterten erweisen
dem Apostel auf ihre Weise Ehre: Sie brechen mit großem Gefolge auf, um ja
ihren Rang nicht einzubüßen. Nahrung und Unterkunft ihrer Leute gehen dann auf
Kosten dieser Herrschaften. Im Jahre 1537 wallfahrtet die Markgräfin von
Pescara mit einer Begleitung von sechzehn Personen. Auf der königlichen Kanzlei
von Aragonien wird ein Jacques de Vienne gemeldet, der mit sechzig Dienern
pilgert. 17 Der Infant Don Carlos von Navarra liegt in Frankreich
gefangen; er wird von Karl VI. bei dessen Thronbesteigung freigelassen und
begibt sich 1381, neunzehn Jahre alt, mit hundert Gefolgsleuten, die zuweilen
ihr je eigenes Gefolge besitzen, nach Santiago. Pamplona veranstaltet zu Ehren
des königlichen Prinzen an Weihnachten Festlichkeiten; sie nötigen die Cortes,
einen außergewöhnlichen Zuschuß von zehntausend Livres zu genehmigen. Das
Gefolge leistet sich beim Verlassen von Estella noch überdies pelzgefütterte
Überhänge gegen die Kälte. Durch den Schatzmeister der Expedition erfahren wir
noch, daß das Silbergeschirr auf dem Weg verlorenging und dann im Bach von
Sérignan wiedergefunden wurde. 18
    Während der Wallfahrt des Erzbischofs
von Arles im November 1361 bietet sich auf der kurzen Strecke von Saint-Palais
nach Ostabat Gelegenheit, ein Inventar der üppigen bischöflichen Lebensführung
aufzustellen: ein Troß von vierundzwanzig Mauleseln und Maultieren, dreißig
Pferden und Pferdeknechten, achtzig Bewaffneten und

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