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Auf dem Weg nach Santiago

Auf dem Weg nach Santiago

Titel: Auf dem Weg nach Santiago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Noel Pierre / Gurgand Barret
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zwar weniger erbaulich, doch ungemein nützlich.
    Mit dem Geld, das sich Guillaume Manier
durch den Landverkauf an den Schäfer von Carlepont verschafft hat, bestellt er
zehn Tage vor seinem Aufbruch nach Santiago bei dem Schreiner Firmin Ceuilly
einen Pilgerstab. 26 Der Stock durchwandert Frankreich, überquert die
Pyrenäen, beendet aber seine Laufbahn in Burgos: Guillaume zerschlägt ihn am
Ende eines heftigen Streits auf dem Rücken von Jean Hermand, einem seiner
Gefährten.
    Am 24. August 1772 nimmt die
Polizeibrigade von Vierzon einen gewissen Clément Barset, einundsechzig Jahre
alt, fest und wirft ihn zu Bourges ins Gefängnis. Der Mann behauptet, in Rom
geboren zu sein und sich auf der Wallfahrt nach Compostela zu befinden. Man
findet bei ihm zehn Stück Brot, achtzehn Sols und in einer kleinen
Pergamenttasche eine Menge von kleinen Stäbchen, die er nach eigener Erklärung
gegen seine Kopfschmerzen anwendet. Er trägt auch eine Bescheinigung bei sich,
daß er gebeichtet und kommuniziert hat. Das Verhaftungsprotokoll fügt hinzu,
daß der »Vagabund einen sechs Fuß langen Stab mit einer Eisenspitze von vier
bis fünf Zoll« 27 besitze; eine Waffe könnte man nicht besser
beschreiben.
    Gewöhnlich hat der Pilgerstab über dem
Griff eine oder zwei Ausbuchtungen, an denen die Kürbisflasche festgemacht
wird; nach Trocknen und Aushöhlen dient die Kürbisfrucht als einfachste und
billigste Feldflasche für etwas Wasser oder Wein auf dem Weg:
     
    Ma calebasse ma compagne
    Mon bourdon mon compagnon
    La taverne m’y gouverne
    L’hôpital c’est ma maison. 28
     
    Meine Kürbisflasche ist
    meine Gefährtin,
    Mein Pilgerstab mein Begleiter.
    Der Gasthof zieht mich an,
    Die Herberge ist mein Haus.
     
    Tasche und Stab würden genügen, um den
Pilger zu kennzeichnen; so singt etwa der Roman de la Rose:
     
    Tantost comme bons pèlerins
    Hastis, fervents et enterins
    Et port o moi par grant effort
    Escherpe et bourdon grant et fort. 29
     
    So wie rechte Pilger,
    Hurtig, inbrünstig und unverdrossen,
    Trag ich mit großer Mühe
    Tasche und Pilgerstab.
     
    Und die Chronique de Du Guesclin:
     
    A loi de pèlerin de corps et de façon
    L’escharpe avait au col, en la main le
bourdon . 30
     
    Nach Gesetz und Brauch des Pilgers
hatte er
    Um den Hals den Beutel, in der Hand den
Stab.
     
    Pilgertasche und Pilgerstab beschränken
in ihrer vollkommenen Anpassung an ihre Aufgabe die »Ausrüstung« des Wanderers
auf das Wesentliche, denn alles wird beim Gehen zur Last:
     
    Vous qui allez à Saint-Jacques
    Au moins en temps d’été
    Ne prenez point grand charge
    Allez sur le léger
    Car de peu l’on se fasche
    Je parle à gens de pied . 31
     
    Ihr, die ihr nach Santiago geht,
    Nehmt wenigstens im Sommer
    keine große Bürde mit.
    So geht ihr leicht.
    Denn man ermüdet (schon) von wenigem;
    Ich spreche zu Leuten, die zu Fuß
gehen.
     
    Schließlich bleibt noch eines zu tun:
an den Umhang, auf die Tasche, an den Hut das Zeichen aller Zeichen, das gar
keine unmittelbar nützliche Funktion ausübt, zu heften: die unvergängliche
Jakobsmuschel.
     

     
    Man erzählt, ein Ritter von hoher
Geburt sei an der galicischen Küste entlanggeritten, als sein Pferd plötzlich
scheute und sich mit ihm ins Meer stürzte. Der Ritter rief den heiligen Jakobus
an. Das Pferd konnte sich über Wasser halten und ans Ufer zurückschwimmen — als
es aus dem Wasser stieg, war es über und über mit Muscheln bedeckt.
    Stets kommt die Legende der Geschichte
zu Hilfe, verwirrt sie aber auch. In Wirklichkeit dienten diese
Kammuschelschalen wegen ihrer Form und ihrer Farbe lange Zeit als eine Art
Nadeletui oder Schminkkästchen; sie gehörten zum Grabschmuck antiker
Frauengräber. Schon im 4. Jahrhundert versinnbilden sie die Wallfahrt im
allgemeinen und werden dann von den Santiagopilgern übernommen; diese sammeln
sie an den Stränden Galiciens als Beweisstücke dafür, daß sie die Reise
wirklich unternommen haben. 32
    Im Liber Sancti Jacobi ist zu
lesen: »So, wie jene, die aus Jerusalem zurückkommen, den Palmzweig tragen, so
haben die aus Compostela die Muschel .« In der großen
Zeit der Wallfahrt nach Santiago ist sie das ausschließliche Privileg der
Jakobuspilger. Es ist nicht einmal mehr notwendig, sie unten am Strand bei
Padrón zu sammeln, dort also, wo die Barke mit dem Leib des heiligen Jakobus angelegt hat. Aymeri Picaud berichtet uns, daß auf
dem Domplatz von Santiago an die Wallfahrer »kleine Fischmuscheln als Insignien
des

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