Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf dem Weg nach Santiago

Auf dem Weg nach Santiago

Titel: Auf dem Weg nach Santiago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Noel Pierre / Gurgand Barret
Vom Netzwerk:
einen Einheimischen daherkommen.
Wir fragten ihn, wieviel er wolle, wenn er uns durch dieses Wasser auf die
andere Seite bringe. Er zeigte auf seine bis zur Hüfte durchnäßten Kleider und
erklärte, um kein Gold oder Silber der Welt würde er durch dieses Wasser gehen.
Wir fanden niemand. Also empfahlen wir uns Gott, der Heiligen Jungfrau, dem
heiligen Jakobus und allen guten Heiligen des Paradieses. Dann bekreuzigten wir
uns und gingen in das Wasser hinein .« Die Dorfbewohner
rufen ihnen nach: »He, Pilger! Zurück in die Herberge! Es ist schon spät! Wenn
ihr die Furt nicht kennt, ertrinkt ihr !« Die Nacht
bricht rasch herein an diesem 3. Februar 1489. Das »Schneewasser« vereist Jean
de Tournai und seinen Gefährten die Füße. In der Ferne erkennen sie die Türme
von León — gute zwei Meilen entfernt. Der erste vorn untersucht mit seinem
Pilgerstock das schwarze Wasser; sobald er einen tieferen Graben bemerkt, folgt
er ihm bis zur nächsten Furtstelle. »Wir wateten so lange, daß uns die Nacht
einholte, und dann waren wir tief ergriffen, denn wir erblickten nichts mehr
als Himmel und Wasser oder den Mond, der recht hell über uns stand .« Etwas später begegnen sie auf trockenem Boden zwei jungen
Burschen, die mit Erstaunen zu dieser Stunde noch Pilger auf dem Wege sehen.
»Hört«, so sagen sie, »ihr seid nicht mehr auf dem rechten Weg, aber wir
begleiten euch .« Sie müssen noch einen anderen Bach
durchqueren, an einer Furt, trotz der reißenden Strömung. »Sie nahmen uns in
ihre Mitte«, erzählt der flämische Bürgersohn, »erfaßten uns bei der Hand und
sagten, wir sollten uns gut aneinander halten und die Füße nicht heben, sondern
sie unten am Bachbett entlangschleifen. Wir taten so und gelangten auf diese
Weise hinüber [...], und so kamen wir ganz gut bis zur Stadt León; es war wohl
neun Uhr in der Nacht oder noch später .« 10
    Man begreift, daß der Bau von Brücken
als ein »für die kommenden Geschlechter nützliches und folglich auch Gott
angenehmes Werk« galt. Diese Erklärung findet sich in einer Urkunde in Tours
aus dem Jahre 1031, 11 in Tours überquerte nämlich der große
Pilgerstrom aus dem Norden und aus Paris die Loire in der Nähe der Insel
Saint-Jacques; hier stand auch eine Jakobuskapelle. 12
    Ein Brückenbau auf dem Weg nach Compostela
ist ein frommes Werk par excellence. Ein Jünger des heiligen Domingo de la
Calzada erbaute mehrere Brücken, darunter die von Logroño, und erwarb sich so
seine Heiligsprechung. Eine der großen Pilgerstationen, Puente la Reina, hat
ihren Namen von der im 11 .Jahrhundert über den Río Arga errichteten Brücke —
gewölbter Brückenweg auf fünf Rundbögen über Pfeilern mit Eisbrechern. Die
Brücke wurde den Wallfahrern von einer Königin gestiftet, vielleicht der Doña
Estefanía, der Frau des García von Nájera oder auch der Braut Sanchos des
Großen. 13 Wie um zu zeigen, daß diese Gabe Gott wohlgefällig sei,
fliegt von Zeit zu Zeit ein kleiner Vogel in den Fluß hinein, benetzt sich die
Flügel und fliegt dann wieder hinauf zur Statue der Heiligen Jungfrau am höchsten
Punkt der Brücke, um sie, die Statue nämlich, zu waschen. 14 Übrigens
ist die Stelle bemerkenswert: Hier vereinigen sich die beiden großen
Pilgerwege, um von nun an gemeinsam als camino de Santiago weiterzuführen.
    Aymeri Picaud bestätigt den Ruhm eines
anderen frommen Brückenbauers, eines französischen Pilgers namens Pierre, der
1125 eine Brücke über den Río Miño bei Puertomarín errichtete. Er nennt ihn mit
einigen anderen wegen ihrer Mitwirkung am Ausbau des Pilgerweges: »Die Seelen
dieser Männer und die ihrer Mitarbeiter mögen im ewigen Frieden ruhen .« 15 An einem anderen Ort wurde eine Bruderschaft
gegründet, die sich dem Bau von Brücken widmete und den Heiligen Geist zum
Schutzpatron erwählte; diese Bruderschaft errichtete von 1265 bis 1307 die
berühmte Heiliggeistbrücke über die Rhône, ein von den Deutschen häufig
benutzter Flußübergang in der bis heute Pont-Saint-Esprit genannten Stadt. In
der gleichen Gegend erbauten die fratres pontifices, die
»Brückenbaubrüder«, die Brücken von Bonpas, Lourmarin, Mailemort und Mirabeau. 16 Ein Pilger aus Florenz (wir kennen seinen Namen nicht) beschreibt im Jahre 1477
»die schöne Steinbrücke von zwölfhundert Schritt Länge und vierundzwanzig
Bögen«, an deren Ende eine Kirche stehe, in der weißgekleidete Mönche leben. 17
    Die Brücken sind so selten, daß man in
Paris zum Beispiel

Weitere Kostenlose Bücher