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Auf dem Weg nach Santiago

Auf dem Weg nach Santiago

Titel: Auf dem Weg nach Santiago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Noel Pierre / Gurgand Barret
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besetzt ist«; er
beschreibt auch die neunzehn Brückenbögen, die in die Papststadt führen. Die es
wissen, erklären, daß diese Brücke von einem provenzalischen Hirten namens
Benezet auf Eingebung Gottes erbaut worden ist; um die nötigen Mittel
zusammenzubringen, hatte er sein ganzes Leben lang gebettelt und gepredigt. Als
die Brücke im Jahre 1226 an ihren beiden Enden zerstört wird, übernehmen die
Brüder während der Ausbesserungsarbeiten den Fährdienst. 28
    An jenen Flüssen aber, über die weder
Heilige noch Teufel, noch Menschen schon eine Brücke geschlagen haben, muß man
sich dazu bequemen, mit einer Fähre überzusetzen, wie etwa an der Creuze
zwischen Tours und Châtellerault, falls man nicht den Umweg über La
Haye-Descartes oder die Insel Bouchard vorzieht. Die Fährleute zählen zu den
Feinden der Wallfahrer, wenigstens für Aymeri Picaud: »[Beim Verlassen der
Gascogne] führt der Weg nach Santiago über zwei Flüsse, die nahe bei dem Dorf
Saint-Jean-de-Sorde vorbeifließen, der eine rechts, der andere links; der eine
heißt Gave [Gießbach], der andere Fleuve [Fluß]; unmöglich, anders
hinüberzukommen als auf einer Fähre. Verfluchtes Volk, diese Fährleute! Obwohl diese
Flüsse doch gar nicht breit sind, haben diese Männer die schlimme Gewohnheit,
von jedem, der auf die andere Seite will, ob arm oder ob reich, ein Geldstück
abzufordern, und für ein Pferd erzwingen sie von einem mit Gewalt ganz
unwürdigerweise sogar vier Münzen.«
    Der Mann aus dem Poitou verfehlt keine
Gelegenheit, den Pilger zu warnen: »Ihr Boot ist klein, aus einem einzigen
Baumstamm herausgehauen, kaum daß es die Pferde tragen kann; wenn man
hineinsteigt, muß man aufpassen, nicht ins Wasser zu fallen. Du tust gut daran,
dein Roß im Wasser hinter dir am Zügel mitzuziehen und es nur dann mit ins Boot
hereinzunehmen, wenn wenige Leute mitfahren; denn wenn das Boot überladen ist,
kippt es sofort um. Oft geschieht es auch, daß die Fährleute, nachdem sie das Geld
eingezogen haben, eine solche Menge Pilger in das Boot steigen lassen, daß es
kentert und die Wallfahrer ertrinken; dann freuen sich die Fährleute boshaft,
wenn sie die Toten aus dem Wasser ziehen.« 29
    Am Übergang von Béhobie über die
Bidassoa muß Manier, der Schneider aus der Pikardie, die schlechte Laune der
Fährleute ertragen: »Als wir zur Fähre kamen, verweigerte der Fährmann die
Überfahrt. In unserer Verzweiflung beschlossen wir, die Nacht abzuwarten, um
auf Bündeln aus Türkenstroh überzusetzen .« Ein aus
Spanien kommender Prämonstratensermönch rettet sie auf dem anderen Ufer aus
diesem ungewissen Experiment: »Als er bemerkte, daß wir in Schwierigkeiten
waren, rief er dem Fährmann zu, er solle uns herüberbringen; das tat er denn
auch um einen Sou pro Mann.« 30
    Die Dordogne ist das Jagdgebiet der
Fährleute mit den großen flachen Booten. Doch die berühmteste Fähre ist jene
bei Blaye. Die Santiagopilger aus Tours und Paris, die durch das Poitou und die
Saintonge heranziehen, müssen sie nehmen. Ein im Jahre 1690 für die Wallfahrer
von Senlis herausgegebener Reiseführer erklärt: »Nach verrichtetem Gebet
schifft man sich auf einem Meeresarm ein, und der ›Aal‹, eine gewisse kleine
oder große Fähre, treibt bei Flut und entsprechend dem Wind sieben Meilen bis nach
Bordeaux hinauf .« 31 Die Art und Weise
dieser Überfahrt mit solchen Booten läßt Aymeri Picaud die Anrufung des
heiligen Romanus anempfehlen; er ist einer der Reisepatrone und — so erklärte Gregor von Tours — beschützt jene, die inmitten der
Fluten zu ihm flehen.
    Jean de Tournai nimmt diese Fähre in
Süd-Nord-Richtung; er ist also auf dem Heimweg: »Am Donnerstag, dem 19. Februar
[1489] verließen wir nach einer kräftigen Mahlzeit die genannte Stadt Bordeaux
und bestiegen ein Boot, das man in dieser Gegend anguille [Aal] nennt;
wir fuhren ab. [...] Das Meer wurde auf dem Flußarm so mächtig, daß wir nur wie
durch ein Wunder nicht ertranken, denn auf halbem Wege erhob sich ein
erschreckend starker Sturm, und dabei wollte der Schiffer auf keinen Fall das
Segel streichen.«
    Der Bootsmann möchte sich gern »eines
armen Pilgers, der aus Jerusalem, Rom oder Santiago heimkehrt«, erbarmen, wenn
man ihn kniefällig bittet; nicht weniger hartnäckig widersteht er aber auch
»dem Wind und dem Wasser«. Schließlich ist er doch gezwungen, »die Segeltaue zu
kappen und kurzerhand umzukehren, sonst wären wir alle ertrunken«. Das
Abenteuer endet in Blaye

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