Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf dem Weg nach Santiago

Auf dem Weg nach Santiago

Titel: Auf dem Weg nach Santiago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Noel Pierre / Gurgand Barret
Vom Netzwerk:
Klappe der Jakobsmuschel geformt wird«. 6
    Im wesentlichen stimmen die
Fremdenführer also miteinander überein. Die mehr oder weniger häufige Benutzung
von Umleitungen und Abkürzungen erklärt sich im allgemeinen aus
Modeerscheinungen und Umständen der Wirtschaftslage. Wenn bestimmte Reliquien
oder vergangene Heldentaten in Vergessenheit geraten, kann das einen berühmten
Wallfahrtsort einschlafen lassen, und ein Krieg wie etwa jener, der Ende des
16. Jahrhunderts Navarra überzog, mag vorläufige Umwege aufnötigen. In den
ersten Zeiten der Santiagowallfahrt verlief der Anschluß an die Wegstrecke
Bayonne-Bidassoa der kantabrischen Küste entlang, wurde aber im Verlauf der
Reconquista allmählich zugunsten des großen Pilgerweges Pamplona-Burgos-León,
einer sehr viel leichter begehbaren Strecke, aufgegeben. Umgekehrt machte die
häufige Benutzung ebendieses Weges die Schaffung des »Zubringers«
Bayonne-Vitoria-Burgos notwendig; er wurde im 17. und im 18. Jahrhundert sehr
oft begangen, wie es die Wallfahrtslieder beweisen:
     
    Près de la ville de Victoire
    Ah! quel bonheur
    De rappeler dans ma mémoire
    La bonne odeur
    Que nous donnaient le romarin
    Et la lavande
    Depuis le soirjusqu ‘au matin Nous
chantâmes louanges . 7
     
    Bei der Stadt Vitoria,
    O welches Glück,
    Sich zu erinnern
    An den lieblichen Duft,
    Den uns Rosmarin
    Und Lavendel boten.
    Vom Abend bis zum Morgen
    Sangen wir Loblieder.
     
    Auch die Wallfahrer aus Aurillac
erinnern sich gern an dieses schöne Land:
     
    Quand fuguerem en Vitoria
    Vederem las verdors florias
    Del joi feçam lavanda, tim
    En un deves, e romarin . 8
     
    Als wir in Vitoria waren,
    Sahen wir blühendes Grün.
    Freudig pflückten wir Lavendel, Thymian
    In einem Brachfeld, und Rosmarin.
     
    Zwischen Valdefuentes und Burgos bieten
sich zwei Wege an: der über San Juan de Ortega und der über Zalduendo. Künig
meldet an der einen Straße ein Gasthaus, an der anderen eine Schenke. Von Harff und Guillaume Manier gehen über Zalduendo, im Unterschied zu
Laffi und den meisten Pilgern, die im Kloster San Juan um Almosen bitten. 9 Und es ist doch ein wilder Ort, wo nach dem Testament des Heiligen »Tag und
Nacht Räuber den Santiagopilger erwarten, um ihn niederzustechen«.
    Viele umgehen schließlich wie Künig
über Lugo den mühsamen Aufstieg nach El Cebrero. Nur für die Leute aus Aurillac
ist der Ort auf der Paßhöhe eine unausweichliche Etappe: Das Pilgerhospiz
gehört der Abtei Saint-Geraud in Aurillac. Hier oben, in einer Gegend und einem
Klima, die an das heimatliche Cantal erinnern, treffen diese Pilger ihre
Landsleute; man plaudert über die Heimat und gibt guten Rat:
     
    Preguem per Monsenhor l’Abat
    Que nos a tot reconfortat
    En la maison sur la montanha
    De pan, de vin et de manghonha . 10
     
    Wir beten für den Vater Abt,
    Der uns im Haus im Gebirge
    Gut gestärkt hat
    Mit Brot, Wein und Fleisch.
     
    Auch der flämische Kaufmann Jean de
Tournai wird über den Paß von El Cebrero steigen, freilich erst auf der
Heimreise, als bereits Schnee liegt. Er macht sich von Valenciennes aus auf den
Weg, um zuerst nach Jerusalem zu pilgern; anschließend bricht er nach Rom auf
und überschreitet die Alpen am Mont-Genèvre-Paß. Unterwegs verläßt er seinen
Bruder und seine »verschiedenen Gefährten«, die direkt nach Valenciennes
zurückkehren. Ein Priester, ein gewisser Sire Guillaume, bleibt mit ihm auf dem
Weg. Am 6. Dezember 1488 begegnen wir Jean de Tournai in Sisteron, wo er bei
dem Bischof übernachtet. Über Saint-Maximin, Montélimar, Nîmes und Béziers
erreicht er Toulouse. Am 1. Januar 1489 ist er in Auch, und am 6. kommt er
durch Roncesvalles. Er folgt bis nach Ponferrada dem Weg des Aymeri Picaud,
macht dann einen Abstecher nach Oviedo und Ribadeo, um von dort schließlich
hinunter nach Compostela zu gelangen.
    Domenico Laffi und sein Malerfreund
überqueren am Mont-Cenis die Alpen und erreichen über Briançon, Carpentras,
Avignon, Nîmes und — ein kleiner Umweg — Aigues-Mortes den Paß bei
Roncesvalles.
    Guillaume Manier und seine Gefährten
durchqueren Paris, Orléans, Tours, Poitiers, Saintes, Bordeaux, die »Große
Heide«, Bayonne und Hendaye und erreichen den großen Weg nach Burgos bei Santo
Domingo de la Calzada, einem berühmten Ort, der einen Umweg lohnt.
    Bonnecaze aus dem Béarn endlich muß
nicht weit gehen, um nach Saint-Jean-Pied-de-Port zu gelangen. Zwischen den
Pyrenäen und Compostela wählt er den kürzesten Weg, ohne sich

Weitere Kostenlose Bücher