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Auf dem Weg nach Santiago

Auf dem Weg nach Santiago

Titel: Auf dem Weg nach Santiago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Noel Pierre / Gurgand Barret
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Wasserbad und zerstößt in
einem Mörser aus Marmor die Schlangenstücke, deren Saft [...] man kräftig
herausdrückt, um ihn mit dem Rest zu vermischen. Wenn man keine lebende Viper findet,
ersetzt man sie durch ein Gros Vipernpulver. Nichts ist heilsamer als diese
Bouillons, nicht nur nach einem Schlaganfall und einer Lähmung, sondern auch,
um Krätze, Wundrose, hartnäckige Flechten und Furunkel zu heilen .« 43
    Vom 14. Jahrhundert an besitzt das
Spital von Oviedo einen eigenen Arzt, Don Yussaf, einen Juden. In Marseille
operiert im Jahre 1331 ein Chirurg; im allgemeinen gibt es aber eigene
Spitalärzte auf dem Weg nach Santiago erst vom 16 .Jahrhundert an. Wahr bleibt,
daß Gebet und Vertrauen auf die Macht der Heiligen gewissermaßen die natürliche
Zuflucht des Kranken sind — ebenso auch unzählige mehr oder weniger magische
Praktiken. Ein an den Kreuzgängen der Sankt-Jakobus-Kirche in Compostela
arbeitender Steinmetz entdeckt in einem abgesprungenen Gagatstein eine
perlmutterne Muschel. Er hält seine Entdeckung für ein Wunder und läßt die
Muschel seinem kranken Sohn bringen, damit sie ihn vom Fieber heile.
    Manier bemerkt in San Sebastián, daß
man dort »Schwalbensteine« verkauft, »gut gegen Augenleiden«. In Rabanal kauft
er einen solchen: »Ich bin einem alten Santiagopilger aus der Auvergne
begegnet; er hat mir ein Dutzend Schwalbensteine zu vier Sols verkauft .« Und weiter: »Wir haben einen Drechslergesellen aus Reims
getroffen; er hat mir zwölf Adlersteine und einen Magneteisenstein verkauft .« Der »Adlerstein« ist eine Abart hydrierten Eisenoxyds und
befindet sich, wie man glaubt, in Adlerhorsten; man hält ihn für wirksam bei
Entbindungen und bei Vergiftungen; er gilt auch als gutes Mittel gegen die
Pestilenz, gegen Bauchweh, Würmer und Brustfellentzündung... In Oviedo reichert
Manier seine Sammlung weiter an: »Im Hospital habe ich einen Pilger aus dem
Baskischen angetroffen, mit dem ich ein spanisches Pfund gegen ein anderes
getauscht habe mittels dreier Steine, die er mir dafür gab, nämlich: zwei dicke
Kreuzsteine und einen Achat, der gegen Kopfweh hilft, wenn man ihn in einem
Tuch auf den Kopf legt. Darüber hinaus habe ich einem anderen Pilger sechs oder
sieben Dutzend anderer Kreuzsteine für fünf oder sechs Quartos abgekauft; ein
Quarto ist zwei französische Liards wert .«
    Und wieder hat er Glück. Er begegnet
einem anderen Pilger, dem er ein Buch abkauft mit dem Titel Les vertus et
propriétés des pierres de Croix et d’hirondelles (Die Kräfte und
Eigenschaften der Kreuz- und Schwalbensteine). Darin liest er, daß die
Kreuzsteine »geeignet sind gegen die bösen Geister, die sich in den Körper
einschleichen [...], gut auch für jene, denen die Nacht Angst einflößt; gegen
Fieber trägt man sie um den Hals; sie wirken gegen die Blutruhr, wenn man sie
als Pulver einnimmt, und zwar nüchtern neun Morgen hindurch mit etwas Wein;
[...] gut sind sie auch gegen Herzleiden.« Und der Schwalbenstein: »Wenn man
ihn bei sich trägt, leidet man keine Ermüdung durch Durst. Eine Nacht lang in
ein Glas legen und am anderen Morgen trinken, dann weicht er einen
hartgewordenen Bauch auf; er mildert Gichtleiden und Fieber. [...] Wer diesen
Stein bei sich trägt, vor allem den rötlichen, den bewahrt er vor verschiedenen
Krankheiten. Alles ist wohl erprobt .« 44
    Manier ließ sich allein oder zusammen
mit seinen Gefährten in wohl zwanzig verschiedenen Hospitälern aufnehmen,
sowohl beim Hin- als auch beim Rückweg, und dies für insgesamt dreißig Nächte.
Der Priester Laffi schläft im Hospital nur, wenn er kein Gasthaus ausfindig
macht oder aufgrund seines Klerikerstandes nicht eingeladen wird — doch hat er
es mindestens zweimal bedauert, kein Hospiz für die Nacht aufzutreiben: in
Burgo Ranero, wo er in einer feuchten Hütte auf dem Boden schlafen mußte, und
dann in der Nähe von Castrogeriz, wo er nichts fand als wieder eine Hütte aus
Knüppelholz mit einer Palisade gegen die Wölfe. 45
    Der wahre Herbergspilger ist unser
Bonnecaze. Der kleine Béarnese ist stets mehr oder weniger krank, wandert über
die Hälfte des Weges barfuß, bettelt sein Brot zusammen, verkauft seine Hemden,
wird von seinen Gefährten aufgegeben — er allein würde bereits den Bau einer
Reihe von Herbergen auf dem Weg nach Santiago rechtfertigen. Er gleicht mitten
im 18. Jahrhundert dem Pilger der ersten Stunde, bescheiden, aller Mittel bloß, nicht aufzuhalten. Und was macht er nicht alles

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