Auf dem Weg zu Jakob
nach dem anderen auf der langsamen Kaffeemaschine und serviert diversen Leuten Brandy bereits zum Frühstück. Die klammen Finger werden um die heißen Tassen gewickelt, der Brandy schnell gekippt. Die Automotoren draußen laufen, damit das Fahrzeug nicht auskühlt. Gut, es ist kalt hier, aber ich glaube, wir würden das noch nicht mal an einem eiskalten Wintertag so machen. Hier am Plaza Mayor ist die Ermita Virgen de la Peña ausgeschildert, die außerhalb des Ortes gelegen ist. Sie wird noch ein Opfer des Sauwetters, denn ich fahre weiter Richtung Villafranca Montes de Oca.
Schwer vorstellbar, aber das Wetter wird noch schlechter. Mittlerweile ist der Regen so stark, dass ich auch gar keine Fernsicht mehr habe. Alles ist wie ein Vorhang um mich herum. Die Straße steigt und ich passiere Espinoza del Camino . Kleine Kuppe, kleine Abfahrt und schon wieder eine Steigung, noch eine Abfahrt, wieder eine Steigung, dann ist das Gelände etwas flacher. Rechts und links der Straße laufen überall triefendnasse Pilger.
Gänseberge
Ich erreiche Villafranca Montes de Oca. Dieser ehemals bedeutende Pilgerort wurde 589 das erste Mal urkundlich erwähnt und war sogar bis 1075 Bischofsstadt.
Egal wie scheußlich das Wetter draußen ist, hier muss ich einfach aussteigen und mir in der Pfarrkirche aus dem 18. Jahrhundert das Taufbecken anschauen, das aus einer riesigen Muschelschale, die von den Philippinen hierher gebracht wurde, besteht. Aber leider ist die Kirche verschlossen. Trotzdem finde ich sie auch von außen recht reizvoll mit ihrem mit Unkraut bewachsenen Zwiebelturm. Sieht man ihn direkt von der Straße aus, also von unterhalb, wirkt es perspektivisch so, als sei er direkt auf das Kirchengebäude aufgepfropft. Geht man herum, wobei man selber an Höhe gewinnt, wirken die Proportionen völlig anders.
Ein nasser Pferdepilger trabt an mir vorbei. Der erste Pferdepilger, den ich sehe. Es gibt sie also wirklich, Leute, die per Pferd nach Santiago ziehen! Der Pilgerweg verschwindet oberhalb des Dorfes als aufgeweichter Pfad im Gebüsch. Für Radler kein Vergnügen.
Bevor ich weiterfahre, sehe ich mich noch im Ort um. Einige der Häuser haben verglaste Balkons. Hat das Wetter die Bewohner etwa zu dieser architektonischen Maßnahme gezwungen? Trotz des Regens und der allgemeinen Trübnis strahlt der Ort etwas romantisches aus. Gerne würde ich Villafranca Montes des Oca bei Sonnenschein erleben. Dann würde sich sicherlich auch ein Abstecher zur Ermita Nuestra Señora de Oca lohnen, bzw. ein Besuch der Oca-Schlucht mit ihrer glasklaren Quelle drin sein.
Kurz nach Verlassen des Ortes wird eine 6%ige Steigung über die nächsten 3 km angekündigt - arme Radfahrer. Einen Seitenstreifen rechts der Fahrbahn gibt es hier auch nicht. Wer also die Hauptstraße dem Matschpfad vorgezogen hat, ist dem Verkehr völlig ausgeliefert. Ob es hier Abhänge zu sehen gibt, die nicht Schwindelfreien Angst machen könnten, kann ich nicht sagen, denn mittlerweile kämpfe ich mich durch Nebelschichten, die kaum die Fahrbahn vor mir preisgeben. Bei 1159 m ist die Kammhöhe erreicht.
Bei Villamorico nehme ich aus den Augenwinkeln, schemenhaft im Nebel versteckt, eine hübsche kleine, einsame Kirche wahr.
Aber bald schon wird es besser. Radfahrer werden sich freuen, denn es folgt ein langgezogenes Gefälle und der Nebel lichtet sich.
Ich erreiche eine Abzweigung nach San Juan de Ortega, einem Kloster, dem auch eine Pilgerherberge angeschlossen ist, in der ich ursprünglich für die Radtour geplant hatte, während meiner Überquerung der Oca-Berge zu nächtigen. Wenn ich hier schon nicht übernachte, will ich mir den altehrwürdigen Komplex wenigstens anschauen.
San Juan de Ortega (1080-1163), ein Schüler Santo Domingos, hatte sich in den Oca-Bergen niedergelassen, wo er den Pilgern bei der schwierigen Überquerung half. Einen Weg als solchen gab es ja noch nicht, und so irrte jeder Pilger für sich quer durch das unübersichtliche Gelände. Oftmals wurden sie dabei Opfer von Räuberbanden. San Juan de Ortega wollte dem ein Ende machen und markierte Wege, legte Brücken an und eröffnete Herbergen.
Aber auch nach der Legende nach soll er auch für Wunder zuständig gewesen sein. Man sagt ihm nach, er hätte unfruchtbare Frauen fruchtbar gemacht. Man könnte daher vermuten, dass das Einsiedeln in den Bergen vielleicht doch nicht ganz so einsam war, wie zunächst angenommen. Aber auch nach seinem Tode hielt der
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