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Auf dem Weg zu Jakob

Auf dem Weg zu Jakob

Titel: Auf dem Weg zu Jakob Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Adams
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sagt mir, dass mein Wendepunkt auf dem Hochplateau genau 136 m über dem Campingplatz liegt. Damit schätze ich, ist das Hochplateau in etwa genau so hoch wie der Burghügel von Castrojeriz, der vermutlich irgendwann auch mal Teil des Plateaus gewesen war. Für die rasante Abfahrt, die jetzt vor mir liegt, verzurre ich alle Reißverschlüsse, um durch den zusätzlichen Fahrwind nicht völlig auszukühlen.
    Für diesen insgesamt gut 25 km langen Fahrradausflug habe ich mit Absteigen, Klönen und Gucken ungefähr nur 3 Stunden benötigt, und ich fühle mich nicht zu kaputt, um noch etwas anderes zu unternehmen. So hatte ich mir die Fahrt nach Santiago eigentlich vorgestellt, je nach Streckenabschnitt täglich 25 km bis 50 km durch traumhafte Landschaft. Aber die Kombination von ungewohnter Hitze, teilweise recht heftigen Steigungen und viel zu schweren Packtaschen hat es mir unmöglich gemacht. Oder habe ich doch nur zu früh aufgegeben? Diese Frage beschäftigt mich immer wieder, insbesondere nach einem so schönen Ausflug wie heute. Hätte ich nicht einfach viel kürzere Abschnitte wählen sollen? Ich wäre dann vielleicht zwar nicht in der geplanten Zeit ganz bis Santiago gekommen, aber hätte das etwas ausgemacht? Ich radle doch nicht nur, um am Ende den Beweis in Form einer „Compostela“ in den Händen zu halten! Aber ich muss mich auch ernsthaft fragen, ob ich diesen schönen Abschnitt, den ich heute gefahren bin, auch als so schön erlebt hätte mit vollem Gepäck, oder wäre ich nur damit beschäftigt gewesen, mich durchzukämpfen?
    Nur mal ganz nebenbei erwähnt: glaubte ich ab Logroño, nicht mehr zur Pilgergemeinde zu gehören, so habe ich heute in Gesprächen mit verschiedenen Pilgern herausgefunden, dass die Pilger meine Art, den Camino mit Mietwagen und Fahrrad zu bereisen, völlig in Ordnung finden. Das sei eben mein Weg, die Dinge anzugehen. Überhaupt muss ich sagen, habe ich auf dieser Reise überdurchschnittlich viele tolerante Menschen kennen gelernt. Jeder macht sein Ding und das wird akzeptiert, natürlich vorausgesetzt, dass es den anderen nicht schadet. Und es ist schön zu wissen, seinen Weg in so einer Gemeinschaft fortsetzen zu können.
     
    Boadilla ( Seite 95) soll mein Nachmittagsziel werden. Nach ungefähr 10 km sehe ich Itero del Castillo ausgeschildert. Von dem kleinen Ort, der auch in einer Senke liegt, verspreche ich mir eine alte Burg. Ich kurve einmal kurz herum und fahre dann wieder zurück zur Hauptstraße. Unterwegs muss ich einmal warten, bis ein Schäfer alle seine Tiere, diverse Schafe, zwei Hunde und einen Transportesel, von der Straße befördert hat.
    Kurz vor dem Río Pisuerga sehe ich die kleine Einsiedlerkapelle Ermita San Nicholas und überquere den Fluss dann auf einer engen Brücke, der Pons Fiterio , die ursprünglich von Alfons VI gestiftet worden war. Hier verlasse ich auch die Provinz Burgos und fahre nach Palencia ein, wo das Land von kilometerlangen, parallel zur Straße verlaufenden Bewässerungskanälen aus bildhübschem grauen Beton benetzt wird.
    Ein wenig später biege ich Richtung Itero de La Vega ab. Ich parke bei der Kirche und freue mich über das schöne Storchennest. Der Kirche gegenüber befindet sich eine kleine Pilgerherberge. Da die Kirche geöffnet ist, trete ich ein. Sie ist nicht groß, aber irgendwie gemütlich. Als ich eine Figur fotografiere, kommt der Pfarrer zu mir und fragt mich, ob ich einen Stempel für meinen Pilgerpass wünsche. Nun, wenn er mich schon so fragt? Und heute bin ich ja auch ein Stück Rad gefahren auf dem Camino. Warum nicht. Ich folge ihm in sein „Büro“, einen Seitenraum, der voller Figuren steht, von denen viele reparaturbedürftig sind. Der steinalte Pfarrer drückt mir mit ganz offiziellem Gesicht den Stempel in den Pilgerpass, den er nur kurz mustert. Hätte er länger geschaut, wären ihm sicherlich einige erklärungsbedürftigen Lücken aufgefallen. Jetzt kommen auch andere Pilger mit ihren Pässen und holen sich ihre Stempel. Das erste, was mir auffällt hier in Boadilla , und in Itero de la Vega war es nicht anders, sind die Straßennamen - es gibt „Calle Franco“ bzw. „Calle Generalissimo Franco“ - also sehr auf Franco fixiert.
    In dem kleinen Ort sind zwei Kirchen: Santa María aus dem 16. Jahrhundert mit einem gotischen Taufbecken aus dem 14. Jahrhundert und Nuestra Señora de la Asunción . Berühmt ist Boadilla aber eigentlich eher wegen seiner Rollo Jurisdiccional , einer gotischen

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