Auf dem Weg zu Jakob
Frühstück weiter.
In Ledigos fahre ich in den Ort hinein. Es ist ein eigentümliches Dorf, In dem einige der Häuser aus Trockenlehm erbaut sind. Man hat für die Ziegel hier einfach die lehmige Erde von den Feldern verwandt, in das zur besseren Stabilität etwas Stroh eingeknetet wurde. Auch wurden die Mauern anschließend mit Lehm verputzt. Die Häuser haben den Vorteil, im Sommer relativ gut vor der teils unerträglichen Mesetahitze zu schützen, halten aber ebenso gut im Winter auch die Kälte fern. Fragt man die Bewohner, so bestätigen sie zwar die Qualität des alten Baumaterials, jedoch ziehen sie eindeutig moderne, gebrannte Tonziegel vor.
Ein Lieferwagen kommt. Ein Lautsprecheransage plärrt durchs Dorf, woraufhin sofort das halbe Dorf am Lieferwagen eintrifft und mit Jahrespackungen von Toilettenpapier von dannen zieht. Wahrscheinlich kommt dieser Lieferwagen nur selten hierher.
Ich finde eine Bank, auf der ich nun endlich mein Frühstück nachholen werde. Sofort ist ein Dorfköter zur Stelle und fragt mit großen Augen, ob er nicht auch was haben könnte. Ab und zu werfe ich dem Hund ein paar Brocken rüber. Er futtert sogar Marmeladenbrot. Dann zieht er weiter, denn der Kleinbus, der vorhin die Pilgergruppe zum Wandern entlassen hat, ist jetzt eingetroffen. Vermutlich ist vom Río Cueza bis hierher ein recht netter Abschnitt des Caminos.
Ich fahre weiter. Jetzt verläuft der Pilgerweg wieder parallel zur Straße. Bald schon habe ich Terradillos de Templarios erreicht, wo es früher einmal eine Templerkirche gegeben haben soll. Es folgen Moratines und San Nicolás del Real Camino . Der Pilgerweg folgt mehr oder weniger immer der Straße, die bald schon durch die neue Autobahn entlastet sein wird.
Ich überquere den momentan wasserlosen Río Sequillo, von wo aus eine fast 3 km langgezogene Abfahrt nach Sahagún hinunter führt. Der Pilgerweg hat die Straße verlassen und erreicht Sahagún auf einer anderen Strecke, die vorbei führt an der Ruine eines Turmes und eines einsamen Bogens. Das sind die Überreste eines einstmals mächtigen Klosters aus den Zeiten Alfons VI, das im 19. Jh. durch ein Feuer zerstört wurde. Mit der Zerstörung dieser Abtei, die im 11. Jahrhundert Zentrum der Kirchenreform war, verschwand dann auch die Bedeutung Sahagúns.
Sahagún kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. Es war schon zur Römerzeit besiedelt, wurde von Mauren zerstört und 904 von Mönchen aus Córdoba wieder aufgebaut, was jedoch Almansor nicht davon abhielt, es 1002 noch einmal zu zerstören. Danach jedoch wurde es 1079 zum Zentrum der Clunymönche und im 12. Jahrhundert sogar zur Maurenfestung.
Die Ortseinfahrt ist wie so oft hässlich: eine unordentliche Mixtur aus Autohändlern und diversen unaufgeräumten Kleinbetrieben. Auch im Zentrum findet sich eine eigentümliche Mixtur aus alt und neu, Trockenlehmziegel- und Backsteingebäuden. Die großen Kirchen wurden, nicht wie häufig woanders aus Kalkstein-, Sandstein- oder Granitblöcken, sondern, da Ton das einzige verfügbare Baumaterial in der Meseta war, aus Backsteinen erbaut. Für die Kirche mussten die Steine gebrannt werden, denn im Trockenlehmbauverfahren hätte man keine Türme in dieser Höhe zustande gebracht.
Ich schaue mich in der schlichten Dreieinigkeitskirche um, der die Pilgerherberge der Clunymönche angegliedert ist. Schön finde ich die Pilgerplastik vor der Tür, die zum Jakobsjahr 1999 aufgestellt wurde. Schräg gegenüber liegt die Kirche San Juan, viel verspielter ausgestattet als La Trinidad. Allein schon die üppige Deckenmalerei ist einen Besuch wert.
Ich schlendere noch zu den Ruinen von San Facundo , einer Abtei aus dem 11. Jahrhundert, die man mittlerweile zu restaurieren begonnen hat, und gehe an den Ortsrand, von wo aus ich den Schrein La Peregrina , der 1257 von Franziskanern gegründet wurde, auf einer Anhöhe liegen sehen kann. Ein wuchtiger, um nicht zu sagen ziemlich klotziger Ziegelbau im Mujedarstil.
Überhaupt bietet Sahagún viele Beispiele der Mujedararchitektur. Nachdem nämlich die Mauren als Herrscher vertrieben waren, blieb jedoch der eine oder andere arabische Baumeister im Ort wohnen. So haben auch maurische Baumeister bei beiden Kirchen San Tirso und San Lorenzo im alten jüdischen Viertel des Ortes mitgewirkt.
Es ist schon wieder ziemlich heiß, aber ich möchte trotzdem vielleicht noch gerne etwas mit dem Rad unternehmen, irgend eine schöne Strecke zwischen hier und Mansilla
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