Auf dem Weg zu Jakob
einem Portal darzustellen und der Nachwelt zu erhalten. Außer diesem Türbogen ist nicht viel zu sehen. Die Kirche selbst wurde nach der französischen Invasion ausgeplündert und verbrannt und ist außerdem ziemlich in dem Häusermeer der Altstadt eingezwängt.
Mehr zu sehen ist da schon von der Kirche Santa María del Camino , auch aus dem 12. Jahrhundert, an deren Seitenportal an die Legende des Jungfrauentributs erinnert wird. Laut Legende hatte der maurische König Mauregato zur Zeit der Maurenbesatzung von den Christen alljährlich um 100 Jungfrauen gebeten, bis sich eines Tages wilde Stiere bei der Übergabe in den Weg stellten. Die Stiere, Symbole der altiberischen Kultur, verhinderten so die Übergabe der jungen Mädchen, was wiederum den Spaniern Mut machte, fortan die Übergabe zu verweigern.
Auch in der Kirche ist ein Bild zu sehen, das von dem Jungfrauentribut erzählt. Das Bild ist in zwei Formaten vorhanden. Zuerst entdecke ich nur das kleine Bild, doch eine alte Frau, die sich darauf spezialisiert hat, mit einer ziemlich intensiven Besessenheit Besuchern die Geschichte von San Miguel und seinem Sieg über den Teufel zu erzählen, zeigt mir die große Version an der Wand. In dem kleinen Park vor der Kirche treiben sich jede Menge Pilger herum. Die Pilgerherberge selbst befindet sich beim Kloster und ist auch recht romantisch gelegen.
Am Campingplatz ist noch ein Wohnmobil aus Belgien hinzugekommen, das in gebührendem Abstand zu meinem Zelt parkt. Sobald ich auftauche, schleicht der Fahrer mehrmals um sein Fahrzeug herum und starrt zu mir herüber. Egal ob ich lese, schreibe oder esse, der Kerl starrt. Eine Familie habe ich bei dem Wohnmobil noch nicht erblickt. Seltsam.
War die Temperatur am Nachmittag während der Radtour so um die 30°C, ist sie gegen 22:00 Uhr auf nur 14°C gefallen. Ich richte mich auf eine kühle Nacht ein und ziehe den Reißverschluss meines Schlafsacks bis zum Anschlag hoch. Es ist zwar gemütlich warm im Sack, aber mit dem Einschlafen hapert es.
Hatte ich ihn eigentlich schon die ganze Zeit gehört, so wird er mir jetzt erst so richtig bewusst. Da kläfft ein Köter. Wa, wa, wauuuh! Wa, wa, wauuuh! Schrill und spitz. Wa, wa, wauuuh! Wohl auch etwas heiser. Dann schlägt eine Turmglocke die Zeit. Nicht jede Stunde, nein, präzise alle 15 Minuten, jedes Mal von einem neuen Ausbruch des Hundegeheuls begleitet. Wa, wa, wauuuh!
Irgendwann dusele ich ein, aber Tiefschlaf erreiche ich die ganze Nacht nicht. Ich höre jeden Glockenschlag, und die Nacht will einfach nicht enden. Wa, wa, wauuuh! Boing, boing, boing. Wa, wa, wauuuh!
Dann ist auch noch eine Taschenlampenexkursion über feuchtes Gras zum Waschgebäude durch die glasklare, kalte Nacht angesagt. Ich höre noch das Rohrsystem, das Quälend den Wasserkasten neu füllt, als ich schon wieder im Zelt bin. Bestimmt sind alle anderen jetzt auch wach, wenn sie es nicht ohnehin schon waren. Boing, boing, boing, boing, dong, dong. Wa, wa, wauuuh! Zwei Uhr.
Nichts hält mich hier mehr am frühen Morgen. Ich bin nur dankbar, die Nacht lebend hinter mich gebracht zu haben und versuche, irgendwo im Ort Frühstück zu ergattern. Aber außer einem Kaffee kriege ich noch nichts zu dieser frühen Stunde - alles ist wie ausgestorben, nur ein paar Pilger sind schon unterwegs.
Ich fahre auf die N-120, hoch zum Monte Carrión, überhole ein paar Radpilger, die auf schnurgerader Straße hinabsausen, passiere Cervatos de la Cueza , dann Quintanilla de la Cueza , bald darauf Calzadilla de la Cueza . Jede Menge Radpilger sind unterwegs. Kurz hinter dem Río Cueza entlässt ein englischer Kleinbus eine ganze Pilgertruppe. Der Pilgerweg entfernt sich hier von der Straße und zieht in ein Waldstück hinein.
Die Felder dieser Region sind etwas farbenfroher. Mal leuchtet gelber Raps, dann schimmert eine ganze Fläche lila, hier und da sorgt wieder Mohn für rote Tupfer. Wieder überquere ich den Río Cueza, und vor mir liegt eine langgezogene Steigung.
Oben auf der Kammhöhe befindet sich ein Picknickplatz, wie geschaffen für mein Frühstück. Der Blick auf die Felderlandschaft ist fabulös: hellgelbe, zart- oder saftiggrüne Vegetation, Erde orange, rostrot changiert bis hin zum Ockerton. Aber da kommt ein Lastwagen, dessen Fahrer den Ausblick auch genießen will. Bloß, der bleibt In seiner Kabine sitzen und stellt nicht mal den Motor ab. Ich habe keine Lust auf Lärm und Dieselgestank zum Frühstück und so fahre ich ohne
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