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Auf dem Weg zu Jakob

Auf dem Weg zu Jakob

Titel: Auf dem Weg zu Jakob Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Adams
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anderen Flussseite passiere ich Kloster San Zoilo aus dem 11. Jahrhundert, das über einen Renaissancekreuzgang aus dem 16. Jahrhundert sowie Grabmälern der Grafen Gómez (den Condes) von Carrión, verfügt.
    Ich radle weiter hinaus in die flache offene Landschaft, der hier, und das merkt man sofort, die Lieblichkeit fehlt. Der Blumenteppich ist spärlicher und weniger bunt. Mohn ist sogar regelrecht selten geworden. Dafür wachsen jetzt Pompesel aus den feuchten Gräben.
    Mein Ziel ist, ein Stückchen auf der Römerstraße, der alten Heerstraße Via Traiana, auf der ein Teilstück des Caminos verläuft, zu fahren. Die Römer hatten die Straße, die zu ihren besten Zeiten von Bordeaux nach Astorga führte, mit Flusssteinen und -kieseln gepflastert. Wahrscheinlich wird es ziemlich holperig sein, aber dann kann ich umkehren. Auf dem Weg dahin liegt noch das 1065 gegründete Kloster Santa María de Benevívere , das aber mittlerweile verfallen ist. Die Strecke ist leicht zu fahren, kommt mir aber weiter vor, als ich vermutet hatte. Das etwas abseits liegende Klostergebäude zu untersuchen unterlasse ich, denn es ist verdammt einsam hier. Seltsamerweise habe ich auf diesem Abschnitt nicht einen anderen Pilger gesichtet.
    Rechts, bzw. nördlich des Weges sind in der Ferne hohe Berge zu erkennen. Ich tippe auf die Picos, der Asturischen Kordelliere zugehörig. Über dem Gebirge türmen sich fette Quellwolken. Südlich der Pilgertrasse liegen Dörfer. Eines hat ein Storchennest oben auf einem Fabrikschornstein.
    Jetzt erreiche ich den Abschnitt der Römerstraße. Die Oberfläche ist eher besser als schlechter geworden. Man hat die Oberfläche geglättet, denn hier fahren jetzt auch Baufahrzeuge durch, und das nicht wenige. Mit riesigen Maschinen wird an einem neuen Autobahnabschnitt gebaut.
    Ich gelange an einen Abschnitt, wo ein Arbeiter eine Kreuzung zwischen der Pilgertrasse und Querzufahrt zur Baustelle sichert. Natürlich werde ich gefragt, ob ich auf dem Weg nach Santiago sei. Wir sprechen einen Moment, er spaßt herum, ob er nicht auf dem Gepäckträger mitfahren könnte, da kommt schon sein Vorarbeiter und treibt ihn an, baustellenmäßig tätig zu werden, und zwar sofort. Beide wünschen mir noch eine „bon viaje“. Theoretisch hatte ich so auf dieser Höhe umdrehen und zurückfahren wollen, aber, nun finde ich es einfach ein bisschen blöd, da gleich noch mal vorbei zu radeln. Also fahre ich weiter, bis ich an die nächste richtige Straßenkreuzung komme. Der Pilgerweg zieht sich weiter in gerader Linie durch die flache Meseta. Auf einem Kilometerstein stehen ein paar gute Joggingschuhe. Wahrscheinlich hatte sie jemand zum Lüften hier hingestellt und dann vergessen. Schade, denn es handelt sich um gute Schuhe.
    Ein paar italienische Radpilger überholen mich, und dann entferne ich mich vom Pilgerweg, fahre zur Hauptstraße, die etwas höher liegt, hinauf zum Monte Carrión. Obwohl das Gelände hier nur geringfügig höher ist als die flache Umgebung, habe ich einen viel besseren Blick auf die imposanten Berge im Norden. 5 km weiter erreiche ich Calzada de los Molinos , wo ich wieder mal ein paar Störche beobachten kann, und noch mal 4 km weiter habe ich dann schon wieder den Río Carrión unter mir.
     
    Wieder auf dem Campingplatz versuche ich jemanden aufzutreiben, aber da ist niemand. Sogar das Restaurant ist jetzt geschlossen. Es ist auch kein anderer Gast mehr hinzugekommen. Mein Zelt steht einsam auf der großen Wiese. Ich gehe erst mal duschen. Als ich rauskomme, sehe ich eine junge Frau, die einen riesigen Korb frisch gewaschener Wäsche zum anderen Zelt trägt und zum Trocknen aufhängt. Ich bin heilfroh, dass hier wenigstens überhaupt noch jemand ist außer mir.
     
    Jetzt ist es an der Zeit, den Ort zu erkunden. Ich spaziere entlang dem mir bekannten Weg durch den kleinen Flussuferpark und gelange so direkt zur Jakobs- bzw. Santiagokirche aus dem 12. Jahrhundert, an deren Westportal ungewöhnlicherweise keine Heiligen, sondern fleißige Handwerker abgebildet sind. Ist Carrión de los Condes heute nur ein kleines Landstädtchen, war es früher einmal wichtigste Stadt der Region und auch sehr wohlhabend. Dies ist schon im alten Pilgerführer „Codex Calixtinus“ nachzulesen, in dem der Ort als reich an Brot und Wein, Fleisch und Produkte aller Art beschrieben ist. Sicherlich haben die Menschen hart gearbeitet, um diesen Wohlstand zu erreichen, was sie mit genug Stolz erfüllte, sich auch mal auf

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