Auf dem Weg zu Jakob
Tricastella haben tragen müssen. Hier standen die Kalköfen, wo die Steine gebrannt wurden, um sie dann für den Bau der Kathedrale in Santiago zu verwenden. Aber heute ist hier absolut nichts mehr von touristischem Interesse.
Ich fahre weiter Richtung Arzúa . Die zu bewältigenden Steigungen haben es in sich. Nicht, dass ich damit in meinem kleinen Auto ein Problem hätte, aber immerhin hat man hier sogar Kriechspuren für Lastwagen eingerichtet. Ich möchte zumindest auf dieser Straße jetzt nicht nur auf mein Rad gestellt sein. Und erst recht nicht bei dieser unerträglichen Hitze, gegen die kaum die Klimaanlage ankommt.
In Arzúa miete ich mir ein Zimmer. Als mir der Preis genannt wird, erwarte ich nicht viel, bin aber um so erstaunter. Ich habe ein modern möbliertes, blitzblank sauberes Einzelzimmer mit eigenem Badezimmer. Wunderbar. Auch ist es im Zimmer kühler als draußen, wo inzwischen locker über 40°C herrschen. Ich dusche lange und ausführlich und kühle meinen total überhitzen Körper etwas ab.
Der Ort ist eher enttäuschend. Hier gibt es eigentlich nichts, das man sich ansehen könnte. Da steht irgendwo die Santiagokirche , die den Rest des ehemaligen Klosters Conventa de la Magdalena (14. Jh.) darstellt, aber es ist aber so unsagbar heiß, dass ich gar nicht viel rumlaufen mag. Ich suche mir deshalb einen schattigen Platz auf der großen Plaza, wo schon einige Mütter sitzen und ihren Kindern beim Spielen zusehen. Auf dem Platz stehen ein paar Statuen, vermutlich jüngeren Datums. Sie stellen die arbeitende Bevölkerung dar. Eine Marktfrau mit Käse, ein paar Bauern mit ihrem Vieh. Hier wird die Landbevölkerung geehrt. Sicher zu Recht, denn das Leben auf dem galicischen Lande ist nicht leicht.
Die Hitze lässt nicht nach, sogar „a las nueve“ bollert sie noch. Ich bin der einzige Gast in einem Restaurant. Die träge Kellnerin verdreht die Augen, als ich danach frage, ob es immer so unerträglich heiß sei. Nein, das ist eine Ausnahme. Ja, warm ist es schon im Sommer, aber eben keine 37°C mehr zu so später Stunde.
In Santiago ankommen
Heute nun steht der große Tag an, Santiago, das Ziel so vieler Pilgerträume, zu erreichen. Aber ich liege ja so gut in der Zeit, dass ich mir noch jede Menge auf dem Weg dorthin anschauen könnte. Doch was gibt es zu sehen? Nicht viel. Ein paar Bauerndörfer vielleicht abseits des Weges, galicische Ursprünglichkeit. In der Nähe von O'Pino biege ich von der Hauptsraße ab und gleite durch Eukalyptuswälder. Dieser Duft!
Ich parke am Rand eines Dorfes, das ich zu Fuß erkunde. Sofort sind wieder diese dicken Fliegen da. Die Häuser sind aus grauem Granit, dem vorwiegenden Baumaterial Galiciens. Wären da nicht die bunten Sommerblumen in rostigen, alten Farbtöpfen, sähe es vielleicht etwas trist aus. Zu jedem Bauernhaus gehört ein gewaltiger Stapel Holz zum Heizen und Kochen, sowie ein oder gar zwei Hórreos, auch meist aus grauem Granit.
Das zu den Höfen gehörende Land ist klein. Man hat die Felder in große Beete aufgeteilt und pflanzt auch hier wieder wie üblich etwas Gemüse an, vorwiegend Kohl und Mais. Der Rest ist Wiese, auf die die Bäuerin höchstpersönlich ihre paar Milchkühe treibt. Manchmal bleibt sie auch bei den Tieren sitzen. Das strohbehütete Landvolk winkt mir grundsätzlich freundlich zu, will aber nicht fotografiert werden.
Wieder an der Hauptstraße, die das eine oder andere Mal vom Pilgerweg berührt oder gequert wird, sehe ich diverse von Fliegen geplagte, wild um sich schlagende Pilger. Ganz ruhig hingegen lenkt ein Bauer seinen Ochsenkarren durch den rasenden Autoverkehr.
Kurz hinter Amenal wandelt sich die N-547 in eine autobahnähnliche Straße. Eigens für die Fahrradpilger hat man eine Spezialtrasse eingerichtet. Die zu benutzen ist obligatorisch, und jeder, der das nicht täte, wäre dumm.
Ich nehme die erste Ausfahrt und fahre nach Lavacolla , dem Ort, an dem sich die Pilger früher im Fluss von Kopf bis Fuß wuschen, um beim Einzug nach Santiago frisch und sauber zu sein. Ich suche nach der Badestelle im Fluss, aber es ist heute alles ziemlich verbaut. Der Fluss fließt zwischen dem „Cruceiro“ und der barocken Kirche mit breitem Atrium, habe ich gelesen.
Folge ich den gelben Pilgerpfeilen Richtung Villamaior, gelange ich an einen flachen Bach, der heute romantisch durch den Hintergarten eines kleinen Wohnhauses fließt, aber wohl kaum hätte ausreichen können, größere Pilgermengen
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