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Auf den ersten Blick

Auf den ersten Blick

Titel: Auf den ersten Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Wallace
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um Kaschmir handelte.
    »Wie geht’s?«, sagte er, wenn auch kalt, und ohne Fragezeichen, wenn ich mich nicht täusche.
    »Es geht mir gut«, sagte ich leise. »Danke, dass Sie gekommen sind.«
    Danke, dass er gekommen war? Er hatte mich herbestellt.
    »Kalt heute«, sagte ich. »Sind Sie mit dem Auto …?«
    »Ich habe keinen Führerschein«, fuhr er mich an, so knapp und barsch, dass ich erschrak. »Ich schlage vor, Sie stellen mir Ihre Frage noch mal, und ich sage Ihnen, was Sie wissen wollen, aber das ist dann auch alles. Ich werde mich keinem Verhör stellen, und ich werde mich nicht auf ein langes Gespräch einlassen. Ich möchte diese Sache nur – für meinen eigenen Seelenfrieden – geklärt wissen.«
    Ich nickte, um ihm zu zeigen, dass ich verstand.
    »Also los«, sagte er. »Fragen Sie.«
    Verlegen trat ich von einem Fuß auf den anderen.
    »Es ist eigentlich gar nicht mehr so wichtig«, sagte ich. »Ich bin darüber hinweg.«
    »Worüber hinweg?«
    »Was es auch gewesen sein mag. Ich war in einem seltsamen Zustand. Da war eine Menge los.«
    »Stellen Sie mir Ihre Frage.«
    »Wir müssen nicht darüber sprechen …«
    »Ich möchte aber darüber sprechen.«
    Ich sah ihn an. Er betrachtete seine Schuhe. Es schien, als brauchte er mich für etwas, für das hier, was es auch werden sollte.
    Scheiß drauf. Egal.
    »Und wer ist dieses Mädchen jetzt?«, fragte ich.
    »Ich habe sie bei einer Hochzeit kennengelernt«, sagte er, als wir auf der Bank saßen und so taten, als wäre es völlig normal, dass wir einander nicht ansahen. »Sie war Brautjungfer und trug das schlimmste Kleid, das ich je gesehen hatte. Normalerweise sind die Kleider der Brautjungfern ganz hübsch, aber sie sah aus, als käme sie aus einem Anne Hathaway-Film. Manche Sachen sind einfach zu grün, oder? Wir saßen am selben Tisch, und ich habe so lange antichambriert, bis ich neben ihr saß.«
    Antichambriert. Er wusste, wie man das Wort antichambrieren verwendete.
    »Wessen Hochzeit war das?«, fragte ich mehr oder weniger unwillkürlich und nur, um freundliches Interesse zu zeigen, doch Damien warf mir einen bitterbösen Blick zu.
    »Was habe ich eben gesagt? Ich werde mich nicht auf ein Verhör einlassen.«
    »Fahren Sie fort«, sagte ich, wich seinem Blick aus und suchte mir einen Mülleimer, den ich anstarren konnte. »Entschuldigung.«
    »Es war die Hochzeit einer Freundin, okay? In Berk shire. Na ja, diese Freundin ist auch meine Klientin. Sie hat mich an diesem Tisch platziert und mir dabei zugezwinkert, denn sie wusste, dass wir uns verstehen würden.«
    »Sie und das Mädchen?«
    »Ich und … das Mädchen, ja. Ich hatte etwas getrunken, vielleicht war ich etwas zu freundlich, ich trage keinen Ehering, und ihr war romantisch zumute.«
    Er sagte das alles, als hätte er es einstudiert. Als hätte er die Gründe zu Hause auswendig gelernt, bis er sie leidenschaftslos aussprechen konnte, damit sie ihre Bedeutung verloren. Oder vielleicht war das die Geschichte, zu der er sich entschlossen hatte und an der er jetzt festhielt. Ich drehte meinen Kopf, um ihn anzusehen, doch er stierte stur geradeaus.
    »Da lagen diese Fotoapparate auf den Tischen, diese …«
    »Einwegkameras?«
    »Einwegkameras, ja. Die Idee dahinter war, dass wir uns alle gegenseitig fotografieren und am Ende die Kameras abgeben sollten. Eine hübsche Möglichkeit, den Fotografen frühzeitig nach Hause zu schicken und ein paar Pfund zu sparen. Jedenfalls habe ich mir das Ding geschnappt und ein Foto von uns gemacht. Und dann wollte sie tanzen, als irgendwas von AC/DC lief. Sie meinte, es sei der beste Song, der je geschrieben wurde, oder so was in der Art …«
    Ich lächelte.
    »›Back in Black‹?«
    Befremdet sah er mich an.
    »Ich weiß es wirklich nicht. Ich habe ihr gesagt, dass ich die Musik nicht mag, aber sie hat mich dazu gebracht aufzustehen. Und irgendwann später hat sie mich angesehen, und – ich weiß nicht – es fühlte sich so ver traut an.«
    Verdammt. Ich hatte mir die Fotos angesehen. Aber nur diese Momente. Die darauf folgenden Momente hatte ich ausgeblendet, die Momente, die nicht zu sehen waren. Jetzt waren sie mir leicht zuwider, zum Teil, weil sie mich überraschten, und zum Teil, weil diese Momente Damien gehörten, nicht mir.
    »Das war der Anfang. So ging es los. Zwei Menschen auf einer Hochzeit.«
    »Worüber haben Sie geredet?«, fragte ich, und Damien starrte mich an.
    »Sind Sie mir an diesem Tag gefolgt?«, fragte er. »Sind Sie mir

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