Auf den ersten Blick
sie sich nächste Woche mit uns treffen?«
»Ich glaube, sie findet uns charmant.«
Dev lachte. Das war tatsächlich etwas lächerlich.
»Sie wird sich irgendwann langweilen. Tun sie doch immer. Mir scheint, sie ist ein echter Freigeist, und die sind meist ziemlich umtriebig, oder? Sie sammeln Freunde und stecken sie in Schubladen: ›Das sind meine Musikerfreunde. Das sind meine Künstlerfreunde. Das sind meine über dreißigjährigen, frauengeschädigten Freunde aus Nord-London, die eigentlich längst Frau und Kinder haben sollten. Die essen in Cafés! ‹«
»Weiß nicht. Sie hat mir geholfen. In gewisser Weise hat sie mir mit Sarah geholfen. Hat das Thema angeschoben und uns dazu gebracht, offen darüber zu sprechen.«
»Und ist sie …?«
»Ich weiß nicht, ob sie einen Freund hat. Frag sie doch mal.«
»Wenn ich sie frage, sagt sie sowieso Ja. Es ist besser, nichts davon zu wissen. So wahrt man immer seine Chance. Selbst wenn ihr Mann dabei ist und man eben erst gesehen hat, wie sich die beiden ewige Treue schwören, frag eine Frau nie, ob sie verheiratet ist. Du verdirbst dir alle Chancen.«
Und dann stand der Conférencier auf der Bühne, um den Giggle anzusagen, und Clem fing an, das zweite Etikett des Abends abzukratzen.
»Ooooo ja«, sagte Clem, als er sich durch die Doppeltüren des Clubs hinaus auf die Straße schob und versuchte, wie dieser Hund aus der Werbung zu klingen. »Ooooo ja .«
Er boxte in die Luft, während Dev und ich ihm folgten und überlegten, was wir sagen sollten.
»Es sah so aus, als hättest du da oben echt deinen Spaß«, sagte Dev, und ich war genervt, denn das war ganz genau das Maß an mangelnder Verbindlichkeit, das ich zum Einsatz bringen wollte. »Was denkst du, wie es gelaufen ist?«
»Ich? Zwei Worte: verdammte Scheisenbahn! Ihr habt das Publikum doch gehört!«
Wir lächelten nur. Wir hatten es gehört, vor allem allerdings in Form von Räuspern und Stühlerücken.
»Ich brauch was zu trinken!«, sagte Clem und wedelte mit den Händen vor sich herum, als hätte er eben gerade einen absolut unglaublichen Abend erlebt.
»Das Gute an der Travelcard …«, sagte Clem, als wir uns setzten und unsere Cocktails anstarrten, »… ist doch, dass fast jeder es nachvollziehen kann. Jeder hat schon mal eine Travelcard gesehen, jeder hat schon mal eine gekauft. Wenn ich also sage: ›Auf dieser Travelcard steht, dass ich damit ›jede zulässige Route nach King’s Cross nehmen kann‹, und darauf anmerke: ›Also kann ich damit auch den Umweg über den Mond nehmen, oder?‹, dann bringt das einen Riesenlacher, weil jeder schon mal eine Travelcard gesehen, aber noch nie daran gedacht hat, damit zum Mond zu fliegen.«
Clem sezierte schon seit zehn Minuten sein Fünfminutenset, und wir waren noch beim ersten Witz. Dev hatte sich ausgeklinkt, sobald Clem zu reden anfing, und sah sich in der Bar des Charlotte Street Hotel um, in die uns Clem zum Dank für unsere Unterstützung eingeladen hatte. Ich glaube, ihm war nicht bewusst, dass diese kleine Geste ihn etwa dreißig Pfund pro Drink kosten würde. Er hatte versucht, mit dem Barkeeper zu feilschen, doch das hatte nicht geklappt, also wollte er uns jetzt für unsere Cocktails bluten lassen.
»Wenn ihr euch auf einen Lieblingswitz festlegen müsstet«, sagte er. »Welcher wäre das? Nur so aus Interesse.«
»Hmmm …«, machte ich und tat so, als würde ich nachdenken. Die Fenster standen offen, und an den Tischen draußen auf dem Bürgersteig saßen die Menschen bei einem Gläschen Wein und einem guten Gespräch. Ein elegant gekleideter Türsteher nestelte an seinen Manschetten herum und tat so, als erwartete er nicht sehnsüchtig das Ende seiner Schicht, während Dev einen Schwarm junger Frauen anstarrte, allesamt mit geglätteten Haaren und Schuhen von Louboutin. Ihre BlackBerrys bildeten eine Karawane um drei Sauv Blanc und zwei Wodka Lime, als wollten sie sagen: »Ja, wir sind dynamisch und erfolgreich und leistungsorientiert, aber hier auf der Charlotte Street wird sich auch amüsiert.«
»Denn mein Lieblingswitz«, sagte Clem, ohne zu merken, dass niemand geantwortet hatte, »war wohl dieser Geistesblitz, als dem Mann sein Glas runterfiel und ich gesagt habe: ›Immer schön vorsichtig!‹«
»Das war wirklich gut«, sagte ich aufmunternd, und Dev schien mir überrascht, dass jemand anderes redete.
»Ach, was mache ich denn?«, sagte Clem und schlug sich melodramatisch an die Stirn. »Heute Abend geht es ja nicht
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