Auf den ersten Blick
Damien umgesehen. Jedes Mal hatte ich mich nach dem Mädchen umgesehen. Jedes Mal war ich enttäuscht worden.
Einmal hatte ich eine Jo oder Hannah beiseitegenommen und gesagt: »Wo ist denn Damien? Kommt er nicht zu diesen Events?«, und sie hatte gesagt, hinter vorgehaltener Hand, für den Fall, dass ihre Klienten es hören konnten: »Aber nein, sein Büro verschickt eigene Einladungen. Meistens kommt er nur zu den großen Veranstaltungen mit Leuten, die er kennt …«
Woraufhin mir meine neuen, weichen Lederhandschuhe nicht mehr ganz so attraktiv erschienen wie vorher.
Gut, dachte ich. Dann würde ich eben warten müssen. Auf Damien.
Ich wusste, dass es keine gute Idee war, am Freitag auszugehen.
Erstens folgt auf den Freitag ein Samstag, und wenn man zugesagt hat, an der Verlobungsparty seiner Ex freundin teilzunehmen, sollte man sich am Freitag davor lieber zurückhalten.
Als sie mir diese Einladung im Café über den Tisch geschoben hatte, sagte ich selbstverständlich zu. Kurz vorher hatte sie mir erst gesagt, ich sei reif und erwachsen, aber das Kindische daran, wenn man als reif und erwachsen bezeichnet wird, ist doch, dass man es einen Moment lang tatsächlich glaubt. Also hatte ich ein reifes Gesicht gemacht und die Einladung auf erwachsene Art und Weise gelesen und genickt, auf eine Art und Weise, die sowohl reif als auch erwachsen war, um meine Zusage zu bekräftigen.
Was dumm war, denn ich wollte gar nicht hingehen.
Eigentlich dachte ich: Na, super. Heirate du nur. Ich hab genug davon, mich für mein Handeln zu schämen und ständig in die Vergangenheit zu blicken, ich werde dich nicht aufhalten, ich wünschte, es hätte anders laufen können, aber das war nicht der Fall, also geh durch diese Tür, dreh dich nicht um, denn offenbar bin ich hier kein bisschen mehr willkommen. Aber ich musste so tun, als wäre ich reif .
»Habt ihr auch bestimmt Bock mitzukommen?«, sagte Abbey, ganz Glitter und Pony. »Wir stehen auf der Gästeliste.«
Bei den Kicks ging es offensichtlich ab. Abbey sagte, sie seien von jemandem entdeckt worden, der jemanden kannte, der jemanden kannte, der Play&Record betreute. Und die waren letztes Jahr die Band gewesen, die so richtig abging. Titelbild vom NME , Radio-Sessions, eine kleine Bühne beim Latitude-Festival.
»Zum Scala, bitte«, sagte sie dem Taxifahrer von Marvin’s, und da wir den Tauben mit der Lesebrille er wischt hatten, schien er zu glauben, sie hätte Scarborough gesagt.
»Das Scala ist ein ziemlich großer Laden«, sagte ich beeindruckt.
»Na ja, sie werden auch bald eine ziemlich große Band sein …«
»Hey, vielleicht sollte ich die Jungs mal interviewen. So als Fortsetzung meiner Plattenrezension.«
»Die waren total begeistert von der Kritik«, sagte sie. »Mikey meinte, die gefällt ihm von allen am besten.«
Ich fühlte mich geschmeichelt, was mich beunruhigte, denn ein Kritiker, dem man leicht schmeicheln kann, ist ein Kritiker, der gefällig kritisiert.
Ach, scheiß drauf. Ich würde niemals einer dieser harten Hunde werden. Es war doch viel besser, sich zu amüsieren, auf Listen zu stehen und sich an großen Kisten Very-Peri-Peri zu erfreuen.
»Wie geht’s deinem Dad, Dev?«, fragte Abbey, als wir an der Werkstatt beim Orkney House vorüberkamen. Das Scala war nur ein paar Minuten weiter, gleich gegenüber vom King’s Cross.
»Devs Dad? Woher kennst du denn Devs Dad?«
»Vom letzten Mal. Kurz nachdem Sarah im Laden aufgetaucht war«, sagte sie. »Mir schien, er war sauer …«
»Abbey«, sagte Dev plötzlich. »Wir haben uns gefragt, ob du eigentlich einen Freund hast.«
»Ich bin in einer Beziehung«, sagte sie eilig, aber ich wollte immer noch wissen, wieso Devs Dad an diesem Tag dort aufgetaucht war.
»Was bedeutet das, wenn Leute sagen, sie sind ›in einer Beziehung‹?«, fragte Dev. »Wieso nicht einfach ›Ich bin verheiratet‹ oder ›Ich habe einen Freund‹?«
»Manchmal glaube ich, es bedeutet, dass sie sich nicht binden wollen«, antwortete sie und blickte dabei aus dem Fenster.
»Willst du dich denn binden?«, fragte Dev.
»Ich habe mich gebunden. Verbunden. Manchmal denke ich allerdings, ich sollte mich verbinden lassen.«
Es folgte eine Pause, während der wir herauszufinden versuchten, ob sie das auch so meinte. Es klang, als sollte man an dieser Stelle lachen, aber es lachte keiner.
»Na gut, egal, willst du mal mit mir ausgehen?«, fragte Dev.
»Wir sind da«, sagte der Taxifahrer und trat auf die Bremse.
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