Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Auf den Flügeln des Adlers

Titel: Auf den Flügeln des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Watt
Vom Netzwerk:
vergessen.
     
    »Tut mir Leid, dass Sie umsonst so weit gereist sind«, sagte der Captain entschuldigend zu dem großen, breitschultrigen Zivilisten in dem modischen weißen Anzug mit Weste, der, einen Panamahut auf dem Schoß haltend, in einer Ecke seines Büros saß. »Aber Ihre Geleitbriefe wurden widerrufen.«
    Michael blickte prüfend in das Gesicht des Stabsoffiziers, der ihm hinter seinem kunstvoll geschnitzten Schreibtisch gegenüber saß. Über ihnen drehte sich in der schwülen Luft ein Ventilator, während auf dem Basar draußen vor dem Hauptquartier des Generalstabs Straßenhändler auf Griechisch, Arabisch und Sudanesisch ihre Waren anpriesen. Oben im zweiten Stock klang das Sprachengewirr wie der Inbegriff der um ihr finanzielles Überleben besorgten Menschheit.
    Irgendwie überraschte es Michael nicht, dass der Captain seine Briefe für ungültig erklärte. Als er sich nach seiner Ankunft nach seinem Sohn erkundigt hatte, hatte man ihn von einem Büro ans andere verwiesen, bis er schließlich beim Captain landete. Der war etwa so alt wie Michael und musste, den zahlreichen Bändern an seiner kakifarbenen Uniform nach zu urteilen, an verschiedenen Feldzügen und zahlreichen Schlachten teilgenommen haben.
    »Captain French, ich habe eine lange Reise hinter mir. Ihnen ist sicher bekannt, welchen Einfluss der Unterzeichner dieser Schreiben besitzt«, knurrte Michael drohend. »Deshalb ist es mir unverständlich, wieso meine Erkundigungen nach Captain Duffy auf solchen Widerstand stoßen.«
    Dem Captain war nicht ganz wohl in seiner Haut. Verlegen starrte er auf seinen Schreibtisch. Aber sein Befehl lautete, den Iren festzuhalten und sicherzustellen, dass er Suakin mit dem nächsten Schiff verließ. »Ich verstehe Ihren Unmut, Mister Duffy«, sagte er, als er den Blick hob. »Aber Ihre Briefe wurden einige Tage vor Ihrer Ankunft durch ein Telegramm von den Victoria Barracks in Sydney widerrufen. Und zwar, wenn ich das sagen darf, vom Unterzeichneten selbst.«
    Warum zum Teufel erklärte Colonel Godfrey seine eigenen Briefe für ungültig? Woher diese plötzliche Meinungsänderung? Lady Macintosh! Die Antwort traf Michael wie ein Blitzschlag. Es lag auf der Hand: Enid wusste mittlerweile, dass sein Sohn noch lebte, und Michael konnte ihr daher nicht mehr von Nutzen sein! »Dann wird es mir während meines Aufenthalts wohl nicht gestattet sein, Captain Duffy zu sehen?«, fragte er den britischen Captain mit wütendem Blick.
    »Darauf läuft es hinaus, Mister Duffy«, erwiderte Captain French. »Wir haben Befehl, Sie zum ersten Schiff zu eskortieren, das Suakin verlässt, und sicherzustellen, dass Sie ihn vor Ihrer Abreise nicht treffen.«
    Michael erhob sich von seinem Stuhl und blickte durch das offene Fenster auf die belebte Straße unter ihnen. »Dann stehe ich jetzt wohl unter Arrest«, meinte er, als er sich zu dem Captain umwandte.
    »Ich würde es ungern als Arrest bezeichnen, Mister Duffy«, erklärte dieser geradezu entschuldigend. »Sie genießen sozusagen im Augenblick nicht ganz freiwillig die Gastfreundschaft Ihrer Majestät. Man wird Sie so höflich behandeln, wie dies unter den gegebenen Umständen möglich ist.« Der Captain erhob sich und streckte die Hand aus. »Wir werden uns bemühen, Ihre Wünsche hinsichtlich Ihres Bestimmungsortes so weit wie möglich zu berücksichtigen.« Doch Michael weigerte sich, die Geste des guten Willens zu akzeptieren, und der Captain ließ die Hand sinken. »Heute Abend läuft zum Beispiel ein Postschiff aus, das auf der Suezkanal-Route nach London fährt. Käme das für Sie infrage?«
    »London ist im Augenblick wahrscheinlich so gut wie jeder andere Ort«, erwiderte Michael mürrisch. Der Captain lächelte erleichtert.
    »Sie haben mehr Glück als ich, Sir«, setzte er seufzend hinzu. »Ich wünschte, wir könnten die Plätze tauschen.«
    Michael lächelte den Captain, der mitten in dem großen, kühlen Zimmer stand, traurig an. »Darauf würde ich mich nicht einlassen«, erwiderte er bitter. »Die Tage, in denen ich für die Interessen Ihrer Majestät gearbeitet habe, sind vorüber.«
    Was der Ire damit meinte, blieb dem Captain schleierhaft aber er fragte nicht nach. »Sie werden zum Hotel eskortiert werden, damit Sie Ihren persönlichen Besitz holen können. Ich glaube nicht, dass ich Ihnen für Ihren kurzen Aufenthalt ausführliche Instruktionen erteilen muss, abgesehen davon, dass Sie nicht versuchen dürfen, Captain Duffy irgendwie zu kontaktieren.

Weitere Kostenlose Bücher