Auf den Flügeln des Adlers
Bemühungen der Polizisten war es offensichtlich, dass sein Pferd zu schnell war für sie.
»Anhalten!«, brüllte Gordon, während er selbst an den Zügeln zerrte. Keuchend kam sein Pferd zum Stehen.
Als Sergeant Johnson sie einholte, herrschte im Trupp Verwirrung. »Was ist los?«, wollte er wissen. »Der ist doch noch in Sichtweite.«
»Er wird uns von Calder und den anderen wegführen«, rief Gordon über die Schulter. Ihm war klar geworden, dass Willie nach Norden ritt, während seine Kumpane zum letzten Mal im Süden gesehen worden waren. »Wir müssen den Fluss, wo sie lagern, erreichen, bevor er sie warnen kann.«
Der Sergeant sah ein, dass der Inspektor vermutlich Recht hatte. Mit einem Anfeuerungsruf wendete er sein Pferd und galoppierte, von Gordons Polizisten gefolgt, nach Süden.
Willie ließ seine Stute laufen, bis sie der Erschöpfung nahe war. Während das Pferd durch den Busch brach, warf er einen Blick über die Schulter. Da seine Verfolger nicht mehr zu sehen waren, ließ er das Pferd in Schritt fallen. Die mächtigen Lungen der Stute hoben und senkten sich sichtbar, und der Schaum stand ihr vor dem Maul. »Gutes Mädchen«, flüsterte er, als er sich vorbeugte, um ihr liebevoll den Hals zu tätscheln.
Er glitt aus dem Sattel, ließ die Zügel los und setzte sich mit dem Rücken an einen Baum. Ihm war immer klar gewesen, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis seine Rolle bei der Ermordung des Farmers herauskam, auch wenn Jack Halpin und seine Frau ihn nicht gesehen hatten, als er vor ihrer Hütte Wache stand. Sein Schicksal war auf Gedeih und Verderb mit dem der Männer verknüpft, die die entsetzlichen Verbrechen begangen hatten. Er hatte gehofft, dass es ihm gelingen würde, Sydney zu erreichen, bevor man sie fasste, um das Versprechen zu erfüllen, das er seiner sterbenden Mutter gegeben hatte. Jetzt sah es so aus, als würde er sein Wort nicht halten können. Binnen weniger Tage würde jede Polizeidienststelle in den Kolonien telegrafisch seinen Namen erfahren.
Um ihn herum war nichts als der stille Busch, über ihm nur der weite blaue Himmel. Er holte die Rumflasche aus der Tasche und genehmigte sich einen kräftigen Schluck der dunklen Flüssigkeit. Sie stillte zwar nicht seinen Durst, aber sie half gegen die aufsteigende Verzweiflung, die ihn zu überwältigen drohte. Warum war nur alles schief gegangen?
In seinem Herzen kannte er die Antwort auf diese Frage. Von dem Tag an, als er sich dem früheren Polizisten und seinen beiden verschlagenen Kumpanen angeschlossen hatte, hatte sein Leben eine verhängnisvolle Wendung genommen. Vieh zu stehlen war eine Sache – Mord, Vergewaltigung und Raub eine andere.
Er hatte Calder und dessen Männer zum einsamen Gehöft der Halpins geführt, und in seinem Magen brannten die Schuldgefühle wie Feuer, als die berauschende Wirkung des Rums einsetzte. Calder hatte versprochen, den Farmer nur um die nötigen Vorräte zu erleichtern.
Aber Jack Halpin hatte erbitterten Widerstand geleistet, was Willie eigentlich hätte wissen müssen. Seine tapferen Versuche, den Überfall mit einem uralten Vorderlader abzuwehren, der den Waffen der vier Räuber hoffnungslos unterlegen war, hatten Calder zur Weißglut getrieben. Er hatte den Mann niedergeschossen und den Sterbenden gezwungen zuzusehen, wie er und Joe Heslop, sein nicht weniger verrückter Stellvertreter, seine Frau vergewaltigten. Dann hatte er den Verwundeten mit einem Kopfschuss getötet und die Waffe auf die hysterische Frau gerichtet. Sie hatten sie für tot gehalten, und Willie war erleichtert, dass zumindest sie überlebt hatte. Die vier Männer hatten sich genommen, was sie brauchten, und dann versucht, den Cloncurry-Distrikt mit einem Gewaltritt so weit wie möglich hinter sich zu lassen.
Willie hatte beschlossen, ihnen auf dem langen Ritt über die glühend heißen Ebenen nördlich von Barcaldine zu folgen. Bei der ersten Gelegenheit wollte er sich von ihnen trennen. Die drei waren Wahnsinnige und sprachen schon davon, ihre Vorräte durch ähnliche Überfälle auf einsame Gehöfte aufzufüllen. Aber den Ritt nach Barcaldine hätte Willie allein nicht überlebt, und die anderen hatten keine Ahnung, dass er sich absetzen wollte. Sie vertrauten ihm sogar so, dass sie ihn in die Stadt schickten, um Alkohol zu besorgen.
Seine Begegnung mit Gordon James in Barcaldine gehörte zu den aufreibendsten Augenblicken seines Lebens, aber er hatte die Fassung bewahrt, bis James außer Sicht war.
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