Auf den Flügeln des Adlers
gegen den Wagen lehnte und sich eine Zigarre anzündete, wunderte sich Patrick darüber, wie ruhig sein Vater blieb. Er schien keine Furcht zu kennen. Auch Patricks Angst ließ nach. Oder fühlte er nur eine Art Trost, weil er bei seinem Vater war? »Wie soll ich dich nennen?«, fragte er mit einem Blick auf das Profil seines Vaters, der seelenruhig vor sich hin paffte, ohne den Horizont hinter dem Hügel vor ihnen aus den Augen zu lassen.
Michael antwortete nicht sofort. Er fühlte sich in dieser Ruhepause nach dem Sturm genauso unbehaglich wie sein Sohn. »Einen gleichgültigen Schuft«, erwiderte er leise, »wenn du dich dann besser fühlst.«
»Vielleicht. Ich habe mich immer gefragt, warum du in all diesen Jahren nie versucht hast, Kontakt zu mir aufzunehmen.«
»Ich hatte meine Gründe, Patrick. Gründe, die ich dir unter den gegebenen Umständen kaum erklären kann.«
»Wahrscheinlich ist es später auch nicht einfacher«, wandte Patrick ein. »Es sieht nämlich so aus, als würden wir aus dieser Situation nicht lebend herauskommen. Vor allem, weil ich einen von denen getötet habe.«
»Ja«, seufzte Michael, »da könntest du Recht haben.«
»Wo ist Catherine?«, fragte Patrick mit einem bitteren Unterton. »Ist sie noch bei dir?«
»Siehst du hier irgendwelche Anzeichen dafür?«, gab Michael wütend zurück. »Und willst du mich als Nächstes fragen, ob sie meine Geliebte war? Das wäre nämlich reine Zeitverschwendung.«
»Ich wüsste es schon gern«, entgegnete sein Sohn ruhig. »Aber irgendwie habe ich geahnt, dass du es mir nicht sagen würdest.«
Michael wandte sich um und blickte seinen Sohn voller Mitleid an. Er sah sich selbst in dem jungen Mann. Die Erkenntnis dessen, was er in seinem Leben verloren hatte, traf ihn wie ein Hammerschlag. Es war offenkundig, dass Patrick eine weite Reise auf sich genommen hatte, um ihn zu finden. Diese Suche hatte ihn in eine gefährliche Lage gebracht, die er selbst, Michael, heraufbeschworen hatte. »Vielleicht ist jetzt nicht die Zeit für Spielchen«, sagte er sanft. »Ich werde versuchen, deine Fragen, so gut es geht, zu beantworten … Sohn.«
Patrick sah ihn an. Er war so verbittert, dass ihm das Wort »Vater« nicht über die Lippen kam.
Michael richtete seine Aufmerksamkeit auf den fernen Horizont, wo nur Kopf und Schultern eines Mannes zu sehen waren, der offenbar ihre Position ausspähte, um seine Strategie danach auszurichten. »Was Catherine angeht«, fuhr er fort, »so habe ich sie seit Griechenland nicht gesehen. Sie interessiert sich für Archäologie. Als ich nach Südafrika aufgebrochen bin, wollte sie nach Konstantinopel, um sich dort Ruinen anzusehen. Ich habe keine Ahnung, wo sie jetzt ist.«
»Ich habe in De Aar ein Bild von ihr gesehen.«
»Ah … ja. ›Katerina‹ habe ich das Gemälde genannt«, erwiderte Michael in liebevoller Erinnerung. »Ich hab’s aus dem Gedächtnis gemalt.«
»Sie war nackt!«
»Die meisten Modelle posieren irgendwann nackt«, erwiderte Michael. »Das heißt nicht, dass sie meine Geliebte war.«
»Aber sie hat zugelassen, dass du sie nackt siehst«, meinte Patrick beharrlich. »Da zieht man unweigerlich seine Schlüsse.«
»Du klingst wie ein eifersüchtiger Schuljunge, Patrick«, wies ihn sein Vater zurecht. »Du wirst im Leben noch lernen, dass Frauen ihre eigenen Herrinnen sind. Selbst wenn wir ein Liebespaar gewesen wären, ginge das nur Catherine und mich etwas an, niemand sonst.«
»Dann gibst du es also zu«, bohrte Patrick nach.
In Michaels Ohren klang die Stimme seines Sohnes geradezu weinerlich. »Das größte Problem im Leben ist, dass man sich seinen Vater nicht aussuchen kann. Nun, du hast mich erwischt. Dagegen kannst du nicht viel tun, und am besten merkst du dir, dass ich nicht viel Geduld mit Männern habe, die sich wie kleine Jungen aufführen. Also hör jetzt mit diesem unerträglichen Gejammer auf und nimm die Dinge, wie sie sind. Sie ist nicht mehr bei mir. Wir haben andere Themen, über die wir reden müssen, als die Frage, ob Miss Catherine Fitzgerald und ich ein Verhältnis hatten. Sind wir uns da einig?«
Patrick funkelte seinen Vater verächtlich an. »Du bist wirklich ein Schuft der schlimmsten Sorte. Zuzulassen, dass sich dir eine Frau, die so jung und unschuldig ist wie Miss Fitzgerald, an den Hals wirft. Sie …«
»Herrgott noch mall«, explodierte Michael. »Woher hast du diese Idee, dass Frauen der Inbegriff der Unschuld sind? Wahrscheinlich aus Eton, wo sich alle
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