Auf den Flügeln des Adlers
und den englischen Juden hatte sich für beide Teile als höchst lukrativ erwiesen.
Die Verbindung zwischen Kate und den Cohens ging jedoch weit über finanzielle Erwägungen hinaus; ihr Verhältnis war geradezu familiär zu nennen. Unter Kates Anleitung hatte Benjamin Rosenblum, der Sohn von Judiths Schwester, das harte Leben an der Grenze von Queensland zu meistern gelernt und schließlich ein großes Anwesen im Viehzüchterland nördlich von Cloncurry erworben. Durch Kate hatte Ben auch Jennifer Harris kennen gelernt, die später seine Frau wurde und ihm drei Kinder gebar.
Als die Cohens anfingen, sich dem Klatsch über konkurrierende Unternehmer zuzuwenden, anstatt über Geschäfte zu sprechen, fiel Kate Willies Melancholie auf. Sie hatte den jungen Mann mit großgezogen, denn Jenny hatte sich bei ihr als Kindermädchen um die Kinder ihres toten Bruders Tom Duffy, eines Buschläufers, gekümmert, deren Mutter Mondo vom Stamm der Darambal gewesen war. Kate hatte die Waisen in ihre Obhut genommen und dafür gesorgt, dass sie die beste Ausbildung erhielten und in der Geborgenheit einer richtigen Familie aufwuchsen.
Peter und Sarah waren für Kate immer wie ihre eigenen Kinder gewesen. Sie seufzte, als sie an Tim dachte. Er war immer ein merkwürdiges Kind gewesen – und eines Nachts vor drei Jahren einfach verschwunden. Auf dem Zettel, den er auf seinem Bett hinterlassen hatte, stand nur, dass er nach Westen ziehen wolle, um Arbeit zu suchen. Seitdem hatte sie nichts mehr von ihm gehört, und weder sein Bruder noch seine Schwester hatten Nachricht von ihm erhalten.
Kate nahm sich vor, mit Willie zu reden, sobald sich eine Gelegenheit ergab, mit ihm allein zu sein. Wenn sie doch nur Luke an ihrer Seite gehabt hätte, um mit ihm über den Kummer des jungen Mannes zu sprechen.
»Ben hat uns einen Brief geschrieben, in dem er uns bittet, die Kinder zu behalten, bis er wieder auf die Beine gekommen ist.« Solomons Worte rissen Kate aus ihren Gedanken. »Er nennt keinen Zeitpunkt für ihre Rückkehr.«
»Das ist bestimmt eine gute Idee, solange die Wilden den Distrikt unsicher machen«, erwiderte Kate, während sie versuchte, sich wieder auf das Gespräch am Tisch zu konzentrieren. »Er kann Rebecca und die Jungen ja schlecht allein zu Hause lassen, wenn er beim Vieh ist.«
» Ich hätte ihm helfen können«, sagte Willie leise, »aber es wäre nicht einfach gewesen, auf Becky aufzupassen.«
»Ganz richtig!« Solomon hüstelte peinlich berührt, als ihm aufging, dass er Willie gar nicht als Familienmitglied gezählt hatte.
»Ist Luke nicht nach Westen in Richtung Burketown unterwegs?«, fragte Judith Kate leicht beunruhigt.
»Ja, er ist vor einer Woche losgeritten.«
»Führt ihn seine Route nicht dicht an das Gebiet der Kalkadoon heran?«
Kate hatte es bewusst vermieden zu erwähnen, dass ihr Ehemann möglicherweise in Gefahr war. Sie hatte versucht, ihn zu überreden, per Schiff in die Stadt am Golf zu reisen, aber er hatte sie nur lächelnd auf die Stirn geküsst und versichert, dass er auf sich aufpassen konnte. »Luke ist ein zäher alter Bursche«, meinte sie nun zuversichtlich.
Doch ein fast vergessenes Gespräch mit Judith kam ihr in den Sinn, das sie geführt hatten, als Kate sich verletzt fühlte und auf den großen Amerikaner wütend war. Sie hatten in Judiths winzigem Esszimmer in ihrem Haus in Rockhampton gesessen, und Judith hatte angefangen, über Männer wie Henry James und den amerikanischen Goldsucher zu sprechen – Männer, deren Schicksal ein einsames, vergessenes Grab in den weiten Ebenen des westlichen Grenzlandes war. Für solche Männer werden keine Grabsteine errichtet, hatte Judith gemeint, und Kate hatte den eisigen Hauch eines bösen Omens für ihren Amerikaner gespürt. Jetzt schauderte sie vor unterdrückter Furcht. »Luke wird zurückkommen, wenn es an der Zeit ist«, sagte sie, wie um sich selbst zu überzeugen. Judith nickte beruhigend.
Nach dem Abendessen schickten sich die Cohens an, mit Bens Kindern in ihrer Kutsche nach Hause zu fahren. Willie war auf seinem Zugpferd zu Kates Haus geritten und blieb daher zurück, als Sarah ihn in ein Gespräch verwickelte, bevor er sich in den Sattel schwingen und davonreiten konnte.
Kate winkte von ihrer Veranda, als Solomon mit den Zügeln schnalzte und das prächtige Kutschenpferd sich in Bewegung setzte. Als sie sich nach Sarah umsah, stellte sie fest, dass ihre hübsche Nichte mit Willie sprach. Kate bedauerte, dass sie nach dem
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