Auf den Flügeln des Adlers
Rekruten. Er mochte den Mann nicht und misstraute ihm.
»Haben sie im Fluss erwischt«, erwiderte er, während er den Gewehrlauf brutal gegen den Körper der völlig verschreckten alten Frau stieß, die zu seinen Füßen kauerte. Sie heulte entsetzt auf, ihr war klar, dass ihr Schicksal besiegelt war. »Haben sie gewarnt und gesagt, sie soll’n steh’n bleiben, im Namen der Königin. Aber sie sind weggerannt. Die da drüben haben wir erwischt, Boss.«
»Das sehe ich, Trooper Calder«, sagte Gordon, der vom Pferderücken aus einen besseren Überblick hatte. »Guter Schuss auf diese Entfernung.«
Der Polizist strahlte über das Lob von seinem befehlshabenden Offizier. Commanche Jack zügelte sein Pferd neben Gordon und starrte auf die alte Frau hinab, die sich auf dem Boden wie ein Embryo zusammengerollt hatte. Er drehte den Pfriem, den er kaute, mit der Zunge im Mund herum. »Was wollen Sie mit ihr machen, Inspektor?«, fragte er, wobei er einen langen braunen Tabakstrahl in den Sand zwischen den beiden spuckte.
»Wenn ich sie laufen lasse, geht sie zu ihren Leuten und verrät denen, wo wir sind«, erwiderte Gordon ruhig. »Damit bleibt mir keine große Wahl.«
»Die wissen sowieso, wo wir sind.« Commanche Jack stützte sich auf sein Sattelhorn und blickte nachdenklich auf die Berge, die aus dem dichteren Buschwerk am Fluss aufstiegen. »Seit wir in den Hügeln sind, haben die uns nicht aus den Augen gelassen.«
»Wie kommen Sie darauf?«
»Mescaleros, Kalkadoon – alles Kriegervölker«, erwiderte Commanche Jack, während er den restlichen Tabak in seine Wangen schob, um den Nikotingeschmack zu genießen. »Die beobachten uns bestimmt gerade und fragen sich, was wir mit der Schwarzen hier anfangen.«
Instinktiv richtete Gordon den Blick auf die Hügelkuppen, die das Flusstal umgaben. Der Amerikaner kicherte. »Sie können sie nicht seh’n, Inspektor. Deswegen sind es ja Krieger. Ein Krieger weiß immer mehr über dich als du über ihn.«
»Von mir aus«, erwiderte Gordon drohend, wobei er auf die alte Frau blickte, die sich im heißen Sand wand. »Wenn sie uns zusehen, dann werden wir sie lehren, welches Schicksal jeden erwartet, der sich dem Gesetz der Königin widersetzt.«
»Sie woll’n die Schwarze erschießen?«, fragte Commanche Jack ruhig. Er fing Gordons Blick ein. »Sie könnten sie auch laufen lassen.«
»Ich bin kein Henker«, erwiderte Gordon. »Sie oder jemand aus Ihrem Trupp wird sie erledigen müssen.«
Der abgebrühte Amerikaner richtete sich im Sattel auf. »Ich nicht, Inspektor. Ich hab mich für den Kampf gegen die Kalks gemeldet, nicht weil ich alte Frauen erschießen will. Wenn Sie sie umbringen wollen, müssen Sie das selber tun.«
Angewidert spie der Amerikaner einen Tabakstrahl in den Sand, wobei er Gordon nur knapp verfehlte. Dann wendete er sein Pferd, um zu seinen Männern zurückzureiten. Gordon zog ein wütendes Gesicht und fluchte leise. Wenn der erfahrene Indianertöter nicht bereit war, die Frau hinzurichten, wer dann? »Trooper Calder!« Gordon wusste, dass der Mann im Ruf stand, gegenüber dem Leben anderer völlig gleichgültig und abgestumpft zu sein. Obwohl er nur an einer einzigen Vertreibungsaktion beteiligt gewesen war, erinnerte sich Gordon an seine widerwärtige Lust daran, Frauen und Kinder der Aborigines zu töten.
»Sir!«
»Nehmen Sie einen Beamten mit, und helfen Sie der schwarzen Gin ein wenig auf den Weg«, sagte Gordon gelassen. »Sie wissen sicher, was ich meine.«
»Ja, Sir«, erwiderte der Polizist mit bösartigem Grinsen. Er stieß die alte Frau mit seinem Gewehr, bis sie aufheulte und sich abwehrend zu einer Kugel zusammenrollte. »Duffy, du halbblütiger Saftsack. Glotz mich nich so an. Hilf mir lieber, deine Tante hier auf die Füße zu stellen«, fauchte Calder.
Mühelos glitt Peter vom Pferd, griff nach seinem Gewehr und ging zu dem Polizisten, der der vor Angst erstarrten Frau den Kolben seines Karabiners in den Rücken gerammt hatte. Der Anblick der verängstigten Schwarzen, die zusammengerollt im Sand lag, erinnerte ihn vage an seine Mutter. Was hatte sie ihm nur zugerufen?
Als Calder erneut zum Schlag ausholte, hielt Peter seinen Arm fest. »Wenn du sie weiter prügelst, kriegen wir sie nie auf die Beine.«
Der Polizist funkelte ihn mit den Augen eines wilden Tieres an, folgte jedoch widerwillig seinem Rat. »Von mir aus. Du hilfst ihr auf die Füße«, zischte er. »Wenn’s sein muss, kannst du das schwarze Miststück auch
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