Auf den Inseln des letzten Lichts
war weit weg, in seinem Kopf, in einem Traum. Der Dürre blieb ein paar Schritte vor Tobey stehen, drehte den Kopf leicht zur Seite und rief erneut etwas, diesmal lauter, einen Namen: Jussif. Er keuchte, seine turbanartige Kopfbedeckung saß schief auf dem glattrasierten Schädel.
Als das bärtige Kind mit einem Holzknüppel in der Hand neben der Hütte auftauchte, fing Tobey an zu weinen. Seine Beine wurden weich, er knickte ein und landete auf den Knien. Er sah, wie Montgomery sich am Heck des Bootes in den Sand setzte, und schloss die Augen. Er hörte, wie der Dürre auf das bärtige Kind einredete, fühlte, wie eine Hand seinen Arm packte und ihn auf die Füße zwang. Als er die Augen wieder öffnete, sah er, wie das bärtige Kind hinter den Dürren trat und ihn mit dem Knüppel niederschlug. Der Mann sackte zusammen, und das bärtige Kind starrte ihn an, entsetzt und heftig atmend. Montgomery saß noch immer bewegungslos da, mit gekrümmtem Rücken und gesenktem Kopf, die Hände vor das Gesicht gelegt und erschöpft von etwas, das wirklicher und schrecklicher sein musste als Tobeys Todesangst.
Sekunden später ließ Jussif den Knüppel fallen, hob das Gewehr aufund hängte es sich um. Dann ging er zum Heck und lehnte sich dagegen, schob das Boot vorwärts.
Tobey rührte sich nicht. Er sah auf den dünnen Mann herab, aus dessen Hinterkopf Blut sickerte. Ihm war übel, er hatte Durst und war vom überwältigenden Verlangen erfüllt, sich hinzulegen. Als das bärtige Kind ihn an den Schultern packte, zuckte er zusammen. Er sah, wie Montgomery sich erhob und einen Moment lang schwankte, bevor er einen Holzpfahl aufhob und zum Bug trug, wo er ihn in den Sand legte, langsam und scheinbar unbeeindruckt von der Absurdität der Geschehnisse. Das bärtige Kind bedeutete ihm mit Gesten, was er tun sollte, und Tobey stemmte sich gegen die Bootswand. Seine Füße gruben sich in den Sand, er hörte das leise Rumpeln des Holzbauchs auf den Stämmen, die Montgomery vor dem Bug in den Sand legte.
Dann sank er ein und spürte Wasser an den Knöcheln. Montgomery packte ihn an den Armen und zerrte ihn ins Boot. Jussif wuchtete den Motor in die Halterung am Heck und riss mit einem heftigen Ruck an der Starterleine. Der Motor gab ein schleifendes Geräusch von sich. Eine Welle, zu niedrig, um sich zu brechen, hob das Boot kaum merklich hoch. Jussif zog erneut an der Leine, und der Motor sprang an, um gleich wieder auszugehen. Allmählich kam Tobey zu sich. Montgomery hockte eine Armlänge von ihm entfernt am Boden zwischen den aufgerollten Tauen und starrte ihn an. Tobey versuchte zu lächeln, wusste aber nicht, ob es ihm gelang. Er streckte die Hand aus und berührte Montgomerys Bein. Montgomery schloss die Augen. Kurz darauf kippte sein Kopf zurück wie nach einem Schlag, und er öffnete die Augen wieder und umklammerte mit beiden Händen die Ruderbank. Tobey wandte sich ab, lehnte sich aus dem Boot und tauchte die Hand ins Wasser, bewegte sie wie ein Paddel. Daran, wie sinnlos das war, wollte er nicht denken. Er sah einen Mann, der aus der Hütte wankte, den Blick aufs Meer richtete, sich umdrehte und taumelnd im schwarzen Rechteck der Türöffnung verschwand.
Beim dritten Versuch schaffte es Jussif, den Motor zu starten. Eine schwarze Wolke entwich dem blauen Klotz, der jetzt heftig zu zittern begann und in ein lautes tiefes Brummen verfiel, das höher wurde, als Jussif am Gashahn drehte. Das Boot nahm Fahrt auf, und Tobey zog die Hand aus dem Wasser. Der Mann stürzte aus der Hütte und stolperte überden Strand. Er trug ein weißes Tuch, das er sich um die Hüfte gewickelt hatte, und schrie etwas, das im Motorenlärm unterging. Als er knietief im Wasser stand, hob er beide Arme. Dann krachte der erste Schuss. Tobey zog den Kopf ein und glaubte, das Sirren des Projektils zu hören, das an ihm vorbeiflog. Er legte sich flach auf den Boden und zog Montgomery zu sich herunter. Gleich darauf fielen in kurzer Folge vier weitere Schüsse.
Die Phase, während der das Licht gelb und warm war, dauerte nur wenige Minuten. Es floss hinter dem Horizont in den Himmel, schwamm auf dem Wasser und umhüllte jeden Gegenstand. Es machte alles weich und undeutlich und zeigte die Welt ein letztes Mal in einem milden, matten Kupferglanz. Es füllte das Boot und bedeckte Tobey und Montgomery, die auf dem Rücken am Boden lagen und in die wolkenlose Weite sahen, wo sich nach jedem Lidschlag mehr Helligkeit ausbreitete, bis das Weiß sie
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