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Auf den Inseln des letzten Lichts

Auf den Inseln des letzten Lichts

Titel: Auf den Inseln des letzten Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Lappert
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kleinen Teich und überquerten ein mit dürrem Gras bewachsenes Feld, aus dem Insekten in Wolken aufstiegen, um gleich darauf niederzusinken und erneut emporzuschweben. Das Zirpen der Insekten schwoll an und ab wie eine gleichmäßig wogende Brandung. Megan sah eine Eidechse an einem Baumstamm und schwarze Ameisen, die aus einem Erdloch strömten. Es war früher Nachmittag, und der Boden glühte.
    Die Holzhäuser waren alle weiß und hatten blaue Fensterfassungen und Türrahmen. Neben jeder Tür war eine Zahl aufgemalt, von eins bis zehn. Sieben der Häuser sahen leer und verwahrlost aus, bei einem fehlten die Scheiben. Etwas abseits ragte ein hölzerner Turm in die Höhe, auf dessen Spitze ein Wassertank thronte. An den Turm angelehnt standen ein halbes Dutzend Solarpaneelen, ein paar Bretter und eine kinoleinwandgroße Tafel mit einer Beschriftung, die so verwittert war, dass Megan sie nicht lesen konnte.
    »Hier haben früher zehn Betreuer und ihre Schützlinge gewohnt«,sagte Raske. »Jetzt sind es noch zwei.« Er ging zum Haus mit der Nummer drei, klopfte an die Tür und öffnete sie einen Spalt weit. »Jay Jay?« Als niemand antwortete, schloss er die Tür und drehte sich zu Megan um. »Ich kann mir denken, wo die sind.« Er ging zurück zum Fußweg, auf dem sie gekommen waren. »Es ist nicht weit.«
    Megan folgte ihm. Hinter dem zweiten Haus, in einem eingezäunten Viereck nackter Erde, lag ein Spielzeugbagger aus gelbem Plastik. Jetzt erst sah sie die drei Buchstaben auf dem Wassertank, breit und schwarz auf das graue Metall gepinselt: MPP.
     
    Was Raske das Labor nannte, war ein zwanzig Meter langes gemauertes Gebäude mit einem Wellblechdach und einigen wenigen Fenstern, jedes nicht größer als ein von Folie verdunkelter Fernsehbildschirm. Die Fassade war mit braunen, sonnengebleichten Kunststoffelementen verkleidet, das Dach grün gestrichen, wo es nicht von den Paneelen einer Fotovoltaikanlage bedeckt wurde. An einer Wand hing ein weißes Schild mit rotem Kreuz. Das Brummen eines Dieselgenerators war zu hören, darüber, wie ein hässlich klingendes Windspiel, das Scheppern blecherner Lamellen.
    Als die Tür hinter Megan ins Schloss fiel, umfing sie kühle Luft. Sie konnte die Kälte riechen, als betrete sie eine klare Herbstnacht. Es war still in dem Gebäude, der Lärm des Generators nur noch ein fernes Summen, eine Fliege in einem Marmeladenglas.
    »Hier befinden sich die ungemütlichsten Räume«, sagte Raske, »und gleichzeitig die angenehmsten.« Er ging den kurzen Flur entlang und öffnete eine Tür, die dick wie eine Matratze war.
    Megan sah ein Stück Wand und Fußboden, die Hälfte eines Tisches. Durch ein Fenster, vor das eine blaue Folie geklebt war, drang etwas Licht. Ein Mann lag ausgestreckt am Boden, die Augen geschlossen, ein Kissen unter dem Kopf. Er trug eine dunkle Hose und ein helles Hemd, seine Füße waren nackt. Die silbernen Muscheln eines Kopfhörers bedeckten seine Ohren, ein Kabel wand sich über seinen Bauch zu einem MP3-Player.
    Erst als Megan die Schwelle überschritt, bemerkte sie das Tier. Der Orang-Utan saß auf einem Schemel und sah sie an. Auf seinen Beinenlag ein Buch, ein Bildband mit Fotos von Schiffen. Er steckte in einer kurzen Hose und einem bunten Hawaiihemd, und um seinen Hals hing an einer Schnur eine Haarbürste. Er war barfuß, seine Zehen bewegten sich. Neben ihm, auf einem kleinen Holztisch, standen eine Lampe, die diffuses Licht verbreitete, eine leere Schüssel und ein Glas, halbvoll mit einer rosafarbenen Flüssigkeit, aus der ein Trinkhalm ragte. Außer in Zoos, getrennt durch Gitter oder Glasscheiben, hatte Megan noch nie einen Orang-Utan dieser Größe gesehen. Während ihrer kurzen Zeit auf Borneo hatte sie keinen direkten Kontakt mit den verletzten oder geschwächten Müttern gehabt, die manchmal zusammen mit ihren Kindern in die Station gebracht worden waren.
    »Das ist Nelson«, sagte Raske. »Er war einer der ersten, die auf die Insel gebracht wurden. Sag Megan guten Tag, Nelson.«
    Der Orang-Utan spitzte die wulstigen Lippen, zeigte ein paar gelbe Zähne und widmete sich dann wieder dem Buch.
    »Nelson ist nicht gerade ein Vorzeigeobjekt. Er faulenzt lieber, statt zu arbeiten. Genau wie der da.« Er drehte sich um und stieß den Liegenden mit dem Fuß leicht in die Seite.
    Der Mann zuckte nicht einmal zusammen. Mit einer ruhigen Bewegung nahm er die Kopfhörer ab, dann öffnete er die Augen und sah Raske an.
    »Megan, darf ich Ihnen Jay Jay

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