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Auf den Inseln des letzten Lichts

Auf den Inseln des letzten Lichts

Titel: Auf den Inseln des letzten Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Lappert
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einen Behandlungsraum ein.« Er lächelte, stieß seine Flasche gegen die von Megan und trank einen Schluck.
    Megan trank ebenfalls. Die Deckenventilatoren drehten sich über ihr und verteilten den Rauch von Malpass’ Zigarette.
    »Wie ich höre, haben Sie den Tag mit Schreiben verbracht«, sagte Raske, nachdem er wieder saß. Er tunkte das Öl in seinem Teller mit einem Stück Brot auf und lachte, als er Megan ansah. »Miguel hat es mir erzählt. Er hörte die Schreibmaschine und hat Sie gesehen.«
    »Ich tippe ein paar Notizen ab.«
    »Gut. Irgendetwas muss man hier ja tun, um die Zeit totzuschlagen.« Raske zog den Teller mit den beiden gebackenen Bananen, die Malpass für ihn übriggelassen hatte, zu sich heran.
    Rosalinda brachte eine Kanne Kaffee und räumte das schmutzige Geschirr ab. Sie summte ein Lied, das im Radio gespielt wurde, und ignorierte Malpass, der sie, hinter Rauchschwaden nur unzulänglich verborgen, anstarrte. Nachdem sie in der Küche verschwunden war, stand Malpass auf, murmelte etwas und verließ die Baracke. Sein Hemd leuchtete im Dunkeln, und die Glut seiner Zigarette schwebte neben ihm wie ein anhängliches Glühwürmchen.
    »Wo ist Ester?«, fragte Megan. Stehend fühlte sie sich unwohl und setzte sich, obwohl sie lieber zum Strand gegangen wäre, um mit Carla Bier zu trinken.
    »Sie wollte duschen.« Raske aß den letzten Bissen Banane, legte den Löffel auf den Teller und schob ihn zur Seite. »Sie sagte, sie sei nicht hungrig.« Er trank einen Schluck Bier und tupfte sich mit der Serviette den Mund ab.
    »Waren Sie auf dem Festland? Einkaufen?«
    »Sollen wir Ihnen das nächste Mal etwas mitbringen? Shampoo, Schokolade, eine Zeitung?«
    »Kann ich mitkommen?«
    »Der Ort ist nicht sehr attraktiv, um es vorsichtig zu formulieren.«
    »Macht nichts.«
    Rosalinda kam, um das restliche Geschirr auf ein Tablett zu laden und in die Küche zu bringen. Sekunden später stieß sie einen lauten Schrei aus, und Teller und Gläser zersplitterten auf dem Boden. Raske und Megan rannten in die Küche, wo Rosalinda sich wie eine Trickfilmfigur auf einen Hocker gerettet hatte und mit zittriger Hand in eine Ecke des Raumes deutete, aus dem ein schleifendes Geräusch kam, überlagert von langgezogenen schrillen Pfiffen. Als sich Megans Augen an das Dämmerlicht gewöhnt hatten, sah sie die Ratte. Das Tier war mit einer Vorderpfote in eine Schnappfalle geraten und drehte sich in Schmerz und Panik im Kreis, wobei die mit einer Schnur an einem Stein befestigte Falle immer wieder auf den Fliesenboden schlug.
    Raske ging in die Ecke und trat auf die Schnur. Die Ratte erstarrte und verstummte für eine Sekunde, dann versuchte sie erneut zu fliehen, woran die kürzer gewordene Schnur sie endgültig hinderte. Sie rollte sich herum und schüttelte den Vorderlauf, an dem die Falle hing, und ihr hohes Fiepen vermischte sich mit Rosalindas Schreien.
    »Nehmen Sie den Besen da und schlagen Sie sie tot!«, rief Raske.
    Megan stand da und starrte auf die Ratte, die jetzt heftig atmend auf der Seite lag, das Brett der Falle wie einen Schild vor dem Körper. Das Pfeifen erstarb, und als Rosalinda sich aufschluchzend beide Hände vor den Mund hielt und endlich Ruhe gab, war von dem erschöpften Tier ein leises, rasendes Keuchen zu hören.
    »Den Besen, Megan!«, sagte Raske laut und ruhig. Er wartete einen Moment, und als Megan sich nicht rührte, hob er einen Fuß und trat auf die Ratte. Winzige Rippen brachen, ein Herz, nicht größer als das Stück Köderfleisch, zerplatzte. Ein letzter Ton entwich dem mageren Körper, ein bisschen Luft und Blut, möglicherweise eine Seele.
    Megan löste den Blick von dem toten Tier und drehte sich um. Während Rosalinda ächzend vom Stuhl stieg und Raske die blutige Schuhsohle an einem Putzlappen abwischte, nahm sie vier Flaschen Bier aus dem Kühlschrank und verließ die Küche und die Baracke. Endlich wehte spürbar ein Wind. Der Himmel war von Wolken freigeräumt und jeder Stern an seinem Platz. Megan ging schnell, rannte beinahe. Die kalten Flaschen schlugen leise klirrend gegeneinander. Ihr war übel, sie füllte die Lungen mit der Nachtluft.
    »Megan? Warten Sie!«
    Megan drehte sich um und sah Raske den Pfad entlangkommen. Sie blieb stehen, wartete. Das Gewicht der Bierflaschen zog an ihren Armen, Wasser tropfte auf den sandigen Boden.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Raske, als er bei Megan war.
    Megan nickte.
    Raske wischte sich mit der Hand über die schweißglänzende

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