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Auf den Inseln des letzten Lichts

Auf den Inseln des letzten Lichts

Titel: Auf den Inseln des letzten Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Lappert
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schweißglänzendes Gesicht wurde von einem Grinsen erhellt, dann fiel es zurück in den Schatten nervöser Gleichgültigkeit. »Zumindest taten wir das bis vor einem Monat.«
    Megan dachte einen Moment lang nach. »Wozu?«, fragte sie dann.
    Malpass stöhnte auf wie ein Erwachsener, den die Naivität eines Kindes ermüdet. »Wozu!«, rief er theatralisch, als sei das Wort Inbegriff für Ignoranz und Einfalt. »Damit wir nicht noch einmal von einer Pandemie überrollt werden! Damit wir dabei sind, wenn ein Virus zu einer aggressiven Form mutiert! Damit wir die Mechanismen einer Seuche begreifen!« Als er sich erhob, fiel die Maschinenpistole scheppernd zu Boden. Er bückte sich danach und legte sie auf den Stuhl. Dann nahm er das Tuch vom Hals, trocknete sich das Gesicht ab und trank einen Schluck Wasser.
    »Ich verstehe das alles noch immer nicht«, sagte Megan. »Was hat IPREC mit all dem zu tun? Wer ist Raske? Für wen arbeiten Sie?«
    Malpass streckte die Arme in die Höhe. Als er ächzend das Kreuz durchbog, begriff Megan, dass er Turnübungen vollführte.
    »Bandscheibe«, sagte er, legte das Tuch über die Rückenlehne des Stuhls und setzte sich wieder hin. »Und Zahnschmerzen. Und Sodbrennen.« Er lachte wie über einen zu oft gehörten Witz, brach eine Tablette aus der Folie und trank Wasser. Dann hielt er Megan die Schachtel und die Flasche hin, aber sie schüttelte den Kopf. Er sah auf die Uhr, klaubte eine Zigarette aus der Packung und lehnte sich zurück. »IPREC ist ein … Wie sagt manauf Englisch? Une chimère. Ein Trugbild? – Nennen wir es Tarnfirma. IPREC ist unsere offizielle Mission. Was auf dieser Insel geschieht, ist der wahre Grund, weshalb wir hier sind. – Mit den Schimpansen reden?« Er lachte, zündete die Zigarette an und hustete nach dem ersten Zug. »Was soll das bringen? Uns interessiert nicht, was in einem Affenhirn vor sich geht. Wir wollen wissen, welche neuen Seuchen in ihrem Blut entstehen.«
    »Für wen machen Sie das?«
    »Für die Menschheit«, sagte Malpass und kicherte. »Für den Fortbestand unserer Spezies. – Ach, und für Geld natürlich.«
    »Das von Nancy Prestons Stiftung?«
    »Das ist für IPREC. Ein Nebenverdienst, sozusagen. Was wir hier machen, wird von anderer Seite finanziert.«
    »Lassen Sie mich raten. Von der Pharmaindustrie.«
    »Pharmaindustrie. Sie sagen es.« Malpass grinste.
    »Sind Primaten auf dieser Insel?« Megan bewegte die Finger, die von der Fessel und den Tabletten taub wurden.
    Malpass legte den Kopf in den Nacken und blies Rauch gegen die Decke. Das Prasseln des Regens war zu einem fast unhörbaren Geräusch geworden, einem Knistern, das sich anhörte, als würde Wind Sandkörner über das Dach wehen.
    »Ich nehme das als ein Ja«, sagte Megan. »Wissen alle von dem hier? Carla. Ester. Tanvir. Nancy.«
    Malpass lachte auf. »Nancy? Machen Sie Scherze? Die denkt, sie rettet hier die Welt!«
    »Und die anderen?«
    »Spielt das eine Rolle? Wir sind sowieso bald Geschichte. Ich bin jedenfalls nicht mehr lange hier, das können Sie mir glauben. Wir schaffen weg, was wir können. Dokumente. Blutproben. Den ganzen Kram. Raske soll von mir aus bleiben. Er denkt, er kann mit den Gotteskriegern verhandeln. Noch mehr Geld zahlen. Aber das funktioniert nicht. Diesmal nicht.«
    »Wegen des Mädchens?«
    »Er hatte schon mal eins«, sagte Malpass so leise, dass Megan ihn kaum verstand. »Aus Laos. Vielleicht zehn, zwölf Jahre alt. Vielleicht auch zwanzig. Schwer zu sagen.«
    »Was ist mit ihr?«
    »Ein Affe im Körper eines Menschen«, sagte Malpass, als habe er Megan nicht gehört. »Raske gab ihm einen Namen. Einen Namen, keine Nummer. Nach drei Wochen ist es gestorben.« Er hustete und trank einen Schluck Wasser.
    »Wurden Experimente mit ihm durchgeführt?«
    Wieder ging Malpass nicht auf Megans Frage ein. »Ich habe ihn gewarnt. Affen. Die interessieren diese Typen nicht. Aber ein Kind. Zwar bloß ein Mädchen. Nicht viel wert in diesem Teil der Welt, wie wir wissen. Aber eins von hier. Eins von ihnen. Und plötzlich, wie sagt man, rasseln die mit den Säbeln.«
    »Woher wissen die von dem Mädchen?«
    »Hier passiert nichts, worüber die nicht informiert sind.«
    »Warum geben Sie es ihnen nicht einfach?«
    »Nichts lieber als das.«
    »Was hält Sie davon ab?«
    Malpass schnippte den Zigarettenstummel in Richtung der Pfützen, aber sie landete dort, wo der Boden trocken war, und ein Rauchfaden stieg von ihm hoch, bis die Glut den Filter erreicht

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